Das sagen Politiker und Verbandsvertreter, nachdem Hamburg Olympia-Bewerber geworden ist. Gastronomen und Infrastrukrur würden profitieren.
Kreis Segeberg. Wenn Hamburg als Kandidat für die olympischen Spiele ins Rennen geht, sind auch die Menschen im Kreis Segeberg Feuer und Flamme. Vereine und Verbände, Verwaltung und Politik reagierten begeistert auf die Entscheidung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sich mit Hamburg als Austragungsort für die Spiele 2024 zu bewerben. Der Kreis Segeberg hätte voraussichtlich auch eine Spielstätte zu bieten: Gut Kaden bei Alveslohe gilt als aussichtsreicher Kandidat für das olympische Golf-Turnier.
Olympische Spiele in Hamburg wären ein „Riesengewinn“ für die Region, glaubt der Kaltenkirchener Kurt Barkowsky vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Der Dehoga unterstütze eine Bewerbung und freue sich auf eine kräftige Belebung des Tourismus in Schleswig-Holstein.
Barkowsky geht davon aus, dass das vorhandene Angebot für die Unterbringung der Athleten, Betreuer, Journalisten und Besucher in Hamburg und Schleswig-Holstein nicht ausreichen werde. „Wir brauchen neue Hotels“, sagt Barkowsky. Auch die Gastronomie werde expandieren müssen. Fraglich sei allerdings, wie groß die Überlebenschancen der neuen Betriebe seien, wenn Olympia vorüber ist.
„Die Region steht dahinter“, sagt Sven Wacker von der Metropolregion Hamburg, die 1000 Kommunen in Norddeutschland vertritt. Bereits vor der Entscheidung des DOSB hatte sich die Regionalrat einstimmig für eine Bewerbung Hamburg ausgesprochen.
Auch in den Kommunen ist die Begeisterung groß. „Eine Sternstunde für die Region“ postete Bramstedts Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach bei Facebook: „Ich freue mich sehr, dass es Hamburg im zweiten Anlauf zum nationalen Bewerber geschafft hat. Allein die Bewerbung der Region werde einen spürbaren Entwicklungsschub – beispielsweise bei Infrastrukturprojekten wie der S-Bahn – geben.
Davon geht auch Marc-Mario Bertermann von der Entwicklungsgesellschaft Norderstedt und vom Wirtschaftsverbund Nordgate aus. „Für den sechsstreifigen Ausbau der A 7 und die S-Bahn vom Hauptbahnhof bis Kaltenkirchen bringen Olympische Spiele in Hamburg kräftigen Rückenwind.“ Handwerker und Dienstleister im Umland würden von Aufträgen profitieren. München, wo die Spiele 1972 ausgetragen wurden, und Hannover mit der Expo 2000 zeigten, wie positiv Großereignisse weiter wirken könnten. „Und im Kleinen erleben wir das in Norderstedt. Aus der Landesgartenschau ist ein äußerst attraktiver Stadtpark geworden“, sagt der Wirtschaftsförderer.
„Wir sind jetzt erst Recht Feuer und Flamme“, lautet der Kommentar von Dieter Prahl. Der Geschäftsführer des Kreissportverbands Segeberg ist sich sicher, dass Schleswig-Holstein für die „Spiele brennt“. Hamburg allein könne das Großereignis nicht stemmen. Die Golfanlage auf Gut Kaden sei die beste in der Region und genieße als früherer Austragungsort der German Open mit Stars wie Tiger Woods internationales Renommee. „Der Platz muss den gestiegenen Anforderungen der Spitzenspieler Rechnung tragen, was unsere Anlage im wesentlichen schon erfüllt“, sagt Wolfgang Mych, Geschäftsführer von Gut Kaden. Der Golfplatz werde ohnehin weiterentwickelt, unabhängig von Olympia sollen die Grüns in den nächsten drei Jahren erneuert werden. „Letztlich sind die Parkplätze unser größtes Problem“, sagt Mych. Er werde mit der Behörde für Inneres und Sport in Hamburg in den nächsten Monaten die weiteren Schritte besprechen.
Handball in den Hochburgen Flensburg oder Kiel und Trainingsmöglichkeiten im Umland, auf die Hamburg angewiesen sei, sieht Prahl vom Kreissportverband als weitere Unterstützung aus dem Norden. In Norderstedt boome das Reiten, es gebe Hallen und Dressurplätze.
„Spiele in Hamburg würden die Lust auf Sport steigern und den einen oder anderen Bewegungsmuffel auf die Beine bringen“, sagt Prahl. Möglicherweise würde auch in die Sportstätten im Kreis investiert. Die Begeisterung sei so groß, dass sich auch viele freiwillige Helfer aus dem Kreisgebiet melden werden. Der Kreissportverband Segeberg werde die gute Kooperation mit dem Hamburger Sportbund fortsetzen.
„Wir freuen uns über die Entscheidung zugunsten Hamburgs. Die Begeisterung ist hier bei uns im Norden, weit über die Stadt Hamburg hinaus, längst übergesprungen“, sagt Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote. Generell sei Norderstedt gerne bereit, als Nachbar Hamburgs seinen Teil zur Ausrichtung der Olympischen Spiele beizutragen. Aber: „Wir in Norderstedt werden zum jetzigen Zeitpunkt nicht damit anfangen, über irgendwelche Wettkampfstätten zu diskutieren“, sagt der Verwaltungschef. Dafür gebe es noch zu viele Fragezeichen. Unstrittig sei aber, dass die ganze Region von der Entwicklung rund um eine solche Großveranstaltung mit weltweiter Zugkraft profitieren kann.
„Ich habe mich sehr gefreut, dass Hamburg den Zuschlag bekommen hat“, sagt Gudrun Burmeister. Die 62-Jährige aus Schmalfeld war bei den Spielen 1972 eine der Fackelläuferinnen, die die olympische Flamme durch den Kreis Segeberg getragen hat. Deswegen würde sie die Wettkämpfe der Besten gern nochmals erleben – als Zuschauerin in Hamburg.
Segebergs Landrat Jan Peter Schröder sieht eine „Riesenchance auch für das gesamte Umland“. Wer Olympia guckt, mache auch Ausflüge in die Umgebung und entdecke die touristischen Perlen des Kreises Segeberg, die Fledermäuse am Kalkberg, Golf auf Gut Kaden oder die vielen Wege, auf denen man abseits von Lärm und Abgasen durch die Natur radeln könne. „Der Kreis würde weltweit bekannter“, sagt Schröder.
Mit mehr Nachdruck werde an der Infrastruktur gearbeitet, der Weiterbau der A 20 vorangetrieben. „Olympische Spiele vor der Haustür sind einfach auch für unsere Bürger eine tolle Gelegenheit, Spitzensport live zu erleben“, sagt der Landrat.
Die Linke und die Piratenpartei in Schleswig-Holstein sind Olympia-Gegner. Unkalkulierbare Kosten, überdimensionierte Bauten mit erheblichen Folgekosten führt Linken-Sprecher Jens Schulz als Gegenargumente an: „NOlympia“ heißt es auch bei den Piraten. Statt Milliarden in die Spiele zu pumpen, sollte das Geld in bessere Bildung und eine Polizei investiert werden, die auch auf dem Land noch präsent ist. Der Landesvorsitzende Christian Thiessen: „Was fehlt, ist eine ehrliche und offene Information der Bürger und ein Volksentscheid. Bürgerbeteiligung bedeutet eine Beteiligung der Bürger an den Entscheidungen, nicht nur an den Kosten.“