Hamburger Olympiateilnehmer erinnern sich Rolf Danneberg siegte 1984 in Los Angeles im Diskuswerfen vor zwei US-Amerikanern
Mein Olympiasieg 1984 in Los Angeles liegt nun genau ein halbes Leben hinter mir, ich war damals 31. Es waren meine ersten Olympischen Spiele, und schon bei der Einkleidung unserer Mannschaft in Frankfurt am Main wurde mir bewusst, Olympia muss etwas ganz Besonders sein. Mein positives Gefühl wurde noch gesteigert, als wir Leichtathleten unser Trainingslager im kalifornischen Irvine auf dem dortigen Universitätsgelände bezogen. Für uns Diskuswerfer ließ der Rektor eigens einen Ring auf der anderen Seite des Stadions anlegen, damit wir bessere Windverhältnisse für unsere Würfe hatten.
Die Bedingungen waren bis auf das Essen, es gab selten etwas anderes als Burger, optimal, die Sonne schien, wir konnten im Pazifik baden, ich habe nie eine bessere Vorbereitung auf eine internationale Meisterschaft erlebt. Die Atmosphäre hat mich ungeheuer stimuliert und motiviert, das gesamte Klima war extrem leistungsfördernd.
Zwei Tage vor unserer Qualifikation zogen wir nach Los Angeles ins olympische Dorf, wo bis auf das Essen in der Mensa alles schlechter war. Aber der Spirit von Irvine steckte in mir, sodass ich selbst die Qualifikation morgens um zehn Uhr, für uns Diskuswerfer stets ein Problem, locker überstand, obwohl ich den ersten von drei Würfen versemmelt hatte. Seit gut einem Jahr hatte ich mich mit autogenem Training beschäftigt, und das half mir, meine Nervosität in den Griff zu bekommen.
Während sich meine Konkurrenten vor der Entscheidung einliefen und einwarfen, legte ich mich hin, entspannte mich 20 Minuten lang, konzentrierte mich auf die anstehenden sechs Würfe. Gleich mein erster auf 64,74 Meter gelang, womit ich mir sicher war, das Finale der besten acht erreicht zu haben. Im vierten Durchgang schleuderte ich die Zwei-Kilo-Scheibe dann auf 66,60 Meter – und lag auf einmal in Führung.
Danach lief alles wie im Traum ab. Kurze Zeit später kamen meine Konkurrenten auf mich zu, gratulierten mir, und ich dachte nur: „Was ist denn jetzt los?“ Auf der Tribüne brüllte sich unser Bundestrainer Karlheinz Steinmetz vor Freude die Seele aus dem Leib, aber ich fühlte nur eine große Leere in mir, war völlig ausgelaugt und kaputt. Bei der Siegerehrung nahm ich noch mal diese großartige Stimmung im vollbesetzten Olympiastadion wahr, während uns US-Diskuslegende Al Oerter Blumen überreichte. Seine favorisierten Landleute Mac Wilkins und John Powell waren Zweiter und Dritter geworden, Oerter fragte sie in meinem Beisein, vielleicht dachte er, ich verstünde kein Englisch, „wie könnt ihr gegen den da verlieren?“
Enttäuscht war ich bei meiner Rückkehr, dass kein Vertreter der Stadt zum Flughafen gekommen war. Zwar startete ich für die LG Wedel-Pinneberg, doch habe in von Geburt an in Hamburg gelebt. Dass die Polizei mich dann in einem Autokorso nach Hause fuhr, war allerdings überragend.
Vier Jahre später wurde ich in Seoul mit 67,38 Metern Olympiadritter. Es waren stimmungslose Spiele, ich war verletzt, habe dennoch hart trainiert – insofern war Bronze ganz in Ordnung.