100 Flüchtlinge sollen in den beiden zweistöckigen Containerhäusern neben der Feuerwache Friedrichsgabe unterkommen. Die Stadt rechnet mit 330 neuen Flüchtlingen aus aller Welt in diesem Jahr.
Norderstedt. Sechs Quadratmeter pro Person, warm und trocken, ein Bett mit simplem Lattenrost, ein Spind und der Blick auf die Ulzburger Straße – wer am Ende seiner Odyssee durch Krieg, Terror und die Gräuel der monatelangen Flucht über Neumünster nach Norderstedt gelangt, der kommt ab Anfang Februar in der neuen Notunterkunft für Flüchtlinge in Harkshörn neben der Friedrichsgaber Feuerwache an der Ulzburger Straße unter. 100 Leute sollen in dem Containerdorf eine vorübergehende Heimat finden. Es wird eng, es wird laut. „Wir würden auch gerne eine adäquatere Unterbringung für die Menschen anbieten“, sagt Norderstedts Sozialdezernentin, „aber wir sind froh, dass wir kurzfristig zumindest diese Containerlösung realisiert haben.“
Die Situation ist für die Stadt alles andere als entspannt. 270 Flüchtlinge wurden im vergangenen Jahr aufgenommen. Und in diesem Jahr rechnet Anette Reinders mit etwa 330 weiteren Menschen aus Afghanistan, Syrien, Eritrea, dem Iran oder aus den Balkan-Staaten Serbien, dem Kosovo oder Albanien. „Derzeit kommen etwa sieben Menschen pro Woche von der zentralen Aufnahmestation in Neumünster zu uns“, sagt Reinders. „Wenn das mit dieser Schlagzahl weitergeht, dann reicht uns diese neue Unterkunft gerade mal ein Vierteljahr lang.“
Die Stadt hat ihre Notunterkünfte an der Lawaetzstraße und am Buchenweg voll belegt. Außerdem bringt sie die Geflüchteten aus aller Welt in den Schlichtwohnungen am Kiefernkamp, in diversen Hausmeisterwohnungen, in der Teeküche am Falkenberg und in leer stehenden Wohnungen von Adlershorst in Harksheide oder von der Neuen Lübecker am Friedrichsgaber Weg unter. „Wir wollen die Verweildauer der Menschen in diesen Unterkünften so kurz wie möglich halten“, sagt Reinders. Ihr Dezernat habe sich vorgenommen, in diesem Jahr 60 Flüchtlinge in festen Wohnungen unterzubringen und so die Lage in den Notunterkünften zu entlasten. „Doch jeder weiß, wie die Situation auf dem bezahlbaren Wohnungsmarkt aussieht. Das ist also ein sehr optimistischer Ansatz.“
Verschärft wird die Lage durch den Fakt, dass 25 Flüchtlinge aus den Wohnungen der Neuen Lübecker demnächst ausziehen müssen – die Wohnungen waren befristet angemietet – bis zu einer Sanierung, die im Februar beginnt. Auch die Wohnungen von Adlershorst in Harksheide werden im Sommer abgerissen. All diese Bewohner müssen anderweitig untergebracht werden. „Das Land hat angekündigt, dass die 500 Flüchtlinge, die in Boostedt untergebracht werden sollen, auf unser Kontingent mit 150 Personen angerechnet werden“, sagt Anette Reinders. Das würde die Situation entspannen, aber noch steht die Unterkunft in Boostedt eben nicht.
Für die beiden zweistöckigen Container-Häuser in Harkshörn, die pro Stockwerk 25 Zweibettzimmer, eine Küche mit drei Herden und sechs Kühlschränken sowie sanitäre Anlagen bietet, bezahlt die Stadt eine Miete von 350.000 Euro für die Nutzungsdauer von drei Jahren. Zusammen mit den Anschlusskosten und der Bewirtschaftung liegen die Gesamtkosten für die Unterbringung bei 550.000 Euro. Das Geld bekommt Norderstedt über das Asylbewerberleistungsgesetz vom Bund erstattet.
Aus Sicht der Integrationsbeauftragten Heide Kröger wäre es wünschenswert, wenn mehr Privatleute Wohnraum für Flüchtlinge anbieten würden. Derzeit seien vier Flüchtlinge bei zwei privaten Vermietern untergekommen. „Die Leute sitzen viel zu lange in den Notunterkünften, wo sie nicht genügend Privatsphäre haben“, sagt Kröger. Die Asyl-Verfahren zögen sich teilweise sehr in die Länge. „Bei den Syrern geht es schnell, so zwischen drei und sechs Monate. Aber manche haben noch nach zwei Jahren keinen Beschluss von der Behörde“, sagt Kröger.
In der Harkshörner Nachbarschaft der Unterkunft machen sich Ehrenamtliche bereits Gedanken, wie den Menschen der Aufenthalt erleichtert werden kann. Peter Kelch will sich im Willkommens-Team der Stadt für die Neuankömmlinge engagieren. „Ich war schon in den 90er-Jahren dabei, als die alten Unterkünfte hier noch standen. Damals hatten wir Probleme mit den Rechten und haben Nachtwachen geschoben.“ Jetzt sei die Situation eine andere, sagt Sozialdezernentin Reinders. Die Grundstimmung sei positiv.
Wer sich im Willkommens-Team der Stadt engagieren möchte, meldet sich bei Heide Kröger unter Telefon 040/ 53595916.