Anwohner wollen die Unterkunft für 200 Flüchtlinge verhindern, weil die Sophienterrrasse ein „besonders schützenswerter Wohnraum“ ist. Wie passt es, dass sie selbst Unternehmesberatung und Architekturbüro betreiben?

Hamburg. Die Straßenzüge rund um die Sophienterrasse in Harvestehude sind laut Bebauungsplan ein besonders geschütztes Wohngebiet. Eine Nutzung wie eins Flüchtlingsunterkunft sei deshalb nicht zulässig. Mit dieser Begründung hatte das Hamburger Verwaltungsgericht am Freitag per Eilentscheidung einen Baustopp für den Umbau des ehemaligen Kreiswehrersatzamts in eine Unterkunft für gut 200 Flüchtlinge verhängt.

Die Entscheidung hatte bei Politik, Behörden und vielen Hamburgern Fassungslosigkeit hervorgerufen. Jetzt kommt heraus, dass auch die Kläger ihre Wohnhäuser zu gewerblichen Zwecken nutzen. Nach Informationen von NDR 90,3 betreiben sie eine Unternehmensberatung und ein Architekturbüro. Das gelte im Wohngebiet als illegal. In der dritten Klägerwohnung war bis vor Kurzem eine Firma für EDV-Entwicklung angemeldet. Das Gericht habe davon gewusst, aber nichts unternommen, meldet der Radiosender.

Die Gerichtsentscheidung hat eine Debatte über die Verteilung von Flüchtlingen in Hamburg ausgelöst. Der Bezirks Eimsbüttel will Beschwerde gegen die Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Bürgermeister Olaf Scholz hatte das begrüßt. „Wir können und werden diese Entscheidung nicht akzeptieren“, sagte der SPD-Politiker. Die Stadt Hamburg und deren Bürger verstünden die Unterbringung von Flüchtlingen als gesamtstädtische Aufgabe. „Es darf nicht darauf hinauslaufen, dass Unterkünfte für Flüchtlinge in einigen Stadtteilen möglich sind und in anderen nicht.“

Die Stadt Hamburg hatte das Bürogebäude in unmittelbarer Alsterlage im Sommer vom Bund für 14 Millionen Euro erworben. Nach mehreren Verzögerungen sollten im April die ersten Flüchtlinge, hauptsächlich Familien, dort einziehen. Die Kosten für den Umbau werden mit knapp fünf Millionen Euro beziffert. Das städtische Unternehmen fördern & wohnen, das für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist, hatte bereits am Freitag die Bauarbeiten gestoppt. Wann die Flüchtlinge einziehen können, ist jetzt völlig offen.