Spatenstich für 1,7 Millionen Euro teuren Neubau soll noch in diesem Jahr sein. 2015 sollen Bewohnerinnen und Mitarbeiterinnen einziehen. Die Diakonie muss noch 75.000 Euro über Spenden finanzieren.
Norderstedt. Weiße Fassade, anthrazitfarbenes Dach und viele Fenster – schon von außen wirkt das neue Frauenhaus hell und freundlich. Stein auf Stein ist es gebaut, noch allerdings nur aus Legosteinen. Jan Göbel hat vorweggenommen, was im nächsten Jahr in Originalgröße eingeweiht werden soll: Ein neues Zuhause für Frauen in Not und ihre Kinder. „Das ist doch mal eine ganz andere, und wie ich finde, sehr gelungene Idee, zu zeigen, was wir vorhaben“, sagt Andrea Makies, kaufmännische Geschäftsführerin des Diakonischen Werks, das das Frauenhaus in Norderstedt baut – und noch immer Spenden braucht, um die letzte Lücke im Finanzplan zu schließen.
Der Bauantrag ist gestellt, ein Bauvorbescheid liegt vor. Andrea Makies geht davon aus, dass der erste Spatenstich noch in diesem Jahr erfolgen wird. 1,7 Millionen Euro soll der Neubau, der die Bewohnerinnen vor Gewalt schützen soll, einschließlich Grundstück kosten. 700.000 Euro steuert das Land Schleswig-Holstein bei, 210.000 Euro die Stadt Norderstedt. Knapp 145.000 Euro spendiert die Deutsche Fernsehlotterie für den Kauf des Baugrunds. Außerdem wollen die Frauen von dem Betrag Möbel kaufen. Kreis Segeberg beteiligt sich mit rund 300.000 Euro. „Man darf ja nicht vergessen, dass der Kreis Träger der Einrichtung und somit zuständig ist“, sagt Gunnar Urbach, der beim Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein unter anderem dafür zuständig ist, Geld einzusammeln. Und wie schon zu der Zeit, als der langjährige Pastor der Norderstedter Falkenberg-Kirche noch mit ungewöhnlichen Aktionen den Gemeindeetat aufgestockt hat, hat er auch jetzt wieder die Fantasie spielen lassen.
So wird er das Lego-Modell des Frauenhauses überall dort präsentieren, wo Mitarbeiterinnen das Projekt vorstellen. „Mit echten Spendensteinen zu je fünf Euro wollen wir weitere Unterstützer gewinnen“, sagt der Geldsammler. Wie in einem richtigen Haus seien viele Steine nötig, um auf dem Fundament ein schmuckes Haus zu errichten. Das soll elf Zimmer bekommen, ein Familienzimmer für vier Personen, sechs Räume für drei Bewohner sowie je zwei Zimmer für zwei Personen und Frauen, die allein untergebracht werden. Hinzu kommen zwei Küchen, eine große zu ebener Erde und eine kleinere im Obergeschoss. „Im Neubau haben wir auch die Möglichkeit, Jungen zwischen 13 und 18 Jahren aufzunehmen, da wir für Jugendliche einen eigenen Bereich einrichten können“, sagt Petra Gebhardt-Hansen, stellvertretende Leiterin der Einrichtung.
Bisher konnten die Frauen ihre älteren Söhne nicht mitbringen. Das sei gerade für Bewohnerinnen aus anderen Kulturkreisen problematisch, weil ältere Söhne dort eher die Rolle des Partners annähmen. Ohnehin sei der bisherige Zufluchtsort zu klein und marode. Das Haus ist 40 Jahre alt und bietet in sechs Zimmern rein rechnerisch nur vier Quadratmeter für jede Bewohnerin, viel zu wenig, wie die sieben Mitarbeiterinnen sagen. Der Neubau mit einer Nutzfläche von rund 800 Quadratmetern sei nicht nur mehr als doppelt so groß, er lasse auch mehr Raum für gemeinsame Aktionen. Und: Es wird einen Notfallraum geben, wenn Frauen am Wochenende oder nachts schnell Hilfe brauchen. Das neue Schutzhaus fällt nicht nur großzügiger aus, es wird auch barrierefrei gebaut. Gehbehinderte Frauen können alle Räume über einen Fahrstuhl erreichen.
Durschnittlich leben 25 Frauen mit ihren Kindern in der Einrichtung, von der es elf im Norden gibt. Die Frauen, die hierher überwiegend vor den Schlägen ihrer Partner fliehen, sind durchschnittlich zwischen 30 und 40, auch deutlich Jüngere sind dabei und Renterinnen. „Für diese Generation ist die Hemmschwelle deutlich höher, daher brauchen diese Frauen besonders viel Mut, um zu uns zu kommen“, sagt Petra Gebhardt-Hansen. Zurzeit leben elf Frauen mit ihren Kindern im Norderstedter Frauenhaus, dessen Adresse geheim bleibt, damit die Gewalttäter ihre Opfer nicht finden.
Die Anlaufstelle nimmt jedes Jahr rund 50 Frauen und ebenso viele Kinder aus dem Kreis Segeberg, aber auch aus angrenzenden Kreisen und auch aus Hamburg auf. Im Gegenzug suchen Frauen aus dem Kreis Segeberg auch in anderen Frauenhäusern Schutz. Im Schnitt bleiben die Bewohnerinnen vier bis sechs Monate, manche auch länger: „Es ist schwer, in Norderstedt bezahlbare Wohnungen zu finden“, sagt die stellvertretende Leiterin.
100.000 Euro müssen über Spenden finanziert werden, mit der letzten ist das erste Viertel voll. Nils Wassermeyer von der Stiftung der evangelischen Darlehensgenossenschaft überreichte einen Scheck im Wert von 4500 Euro – von dem Geld soll ein Familienzimmer eingerichtet werden. Die bisherigen Spendenbeträge reichten von zehn bis 1000 Euro. Lego-Bauer Jan Göbel unterstützt das Projekt auf seine Weise. Der Norderstedter hat aus 13.000 Steinen das Modell zusammengefügt, nicht maßstabsgetreu, aber mit mit hohem Zeitaufwand und ehrenamtlich. Gunnar Urbach hofft, dass er die noch fehlenden 75.000 Euro bis zum Baubeginn zusammen bekommt.
Spenden können auf das Konto IBAN DE30 2106 0237 0041 2434 00, BIC GENODEF1EDG bei der EDG-Bank Kiel unter dem Stichwort „Neubau Frauenhaus“ eingezahlt werden. Weitere Auskünfte unter Telefon 040/5296677, per E-Mail unter frauenhaus.norderstedt@diakonie-hhsh.de und im Internet unter www.frauenhaus-norderstedt.de