Historische Gasthöfe und Kaiserliche Post: Drei Männer wollen einen Geschichtspfad mit 16 Stationen einrichten. In Friedrichsgabe wird das Info-Angebot mit elf Info-Tafeln gut angenommen.
Norderstedt. „Die alten Menschen, die noch wissen, wie es hier früher aussah, sterben langsam weg. Da wird es höchste Zeit, die Geschichte lebendig zu halten.“ Das sagen Werner Pein, Günter Bade und Peter Reimann – das Trio will zusammen mit dem Stadtmuseum Norderstedt einen Geschichtspfad in Glashütte einrichten und die Vergangenheit in einer Stadt vor dem Vergessen schützen, die historisch kaum aufgefallen ist und kaum Historisches zu bieten hat.
Und das sei, wie die einstige Schmuggelhochburg am Ochsenzoll, oft nicht auf Anhieb zu erkennen. Daher sei es um so wichtiger, an das bäuerliche Leben und den Torfabbau, die Kaiserliche Post und die Schulzeit nach dem Zweiten Weltkrieg zu erinnern, als die Schüler im Schichtbetrieb lernten. „Gerade für Menschen, die neu hierher ziehen, ist es interessant zu wissen, wie es früher aussah“, sagt Peter Reimann vom Heimatbund Norderstedt, der mit dem Vorbild für sein neues Projekt schon gute Erfahrungen gesammelt hat.
Seit 2008 gibt es den Geschichtspfad in Friedrichsgabe, der Spaziergänger auf einem Rundweg mit elf Stationen beispielsweise an die Armenkolonie als Vorläufer des heutigen Norderstedter Stadtteils erinnert. „Das Info-Angebot wird gut angenommen“, sagt Reimann, der zusammen mit Pastor Eckhard Wallmann, dem Stadtmuseum und Mitgliedern des Runden Tisches 2008 den historischen Rundweg installiert hatte.
16 Stationen sind für Glashütte geplant, die Geschichte des südöstlichen Norderstedter Stadtteils reicht bis zum 26. Juli 1896 zurück. An diesem Tag verlieh der König von Preußen der Siedlung Tangstedter Heide in allerhöchster Order den Namen Glashütte. Heute erinnert ein Gedenkstein an der Ecke Segeberger Chaussee/Hummelsbütteler Steindamm an die Geburt der bis 1970 selbstständigen Gemeinde.
Um 1740 wurden die ersten Häuser gebaut – die Glasbläser ließen sich nieder. Sie hatten Arbeit in der Glashütte gefunden, die der Tangstedter Gutsherr Cyrill von Wich gegründet hatte. Er hatte den Standort im Bereich Hasenmoorweg an der heutigen Segeberger Chaussee gewählt, weil das Glas- und Wittmoor in unmittelbarer Nähe reichlich Torf boten. Der Brennstoff reichte allerdings nicht für die hohen Temperaturen aus, die zur Herstellung von hochwertigem („weißem“) Glas nötig waren. So produzierten die Glasbläser das bunte Gebrauchsglas.
Vorläufer der Torffabrik war die Presstorffabrik am Glasmoor, die von 1869 bis 1879 bestand. Mit dem Aufkommen der Kohle stockte der Torfabsatz. Von Mai bis Oktober 1933 wurde die Torffabrik als Außenlager (KZ Wittmoor) des KZ Fuhlsbüttel genutzt. Politische Gegner des Nazi-Regimes saßen hier ein und mussten im Wittmoor Torf stechen. Bis in die 70er-Jahre war die Torffabrik in Betrieb. Seitdem gibt es an der Segeberger Chaussee den Baumarkt und Baustoffhandel – eine der 16 Info-Stationen.
Schon eine Statistik aus dem Jahr 1907 zeigt eine Bevölkerungsentwicklung, die bis heute anhält: Glashütte und Friedrichsgabe haben deutlich weniger Einwohner als Harksheide und Garstedt. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts gab es in Glashütte 109 landwirtschaftliche Betriebe, in Garstedt 294, in Harksheide 141 und in Friedrichsgabe 76.
Im Jahr 1853 hatte Glashütte etwa 300 Einwohner, 1869 schon 900. Um 1920 wurde die Gemeinde Siedlungsgebiet für das nahe Hamburg, die Einwohnerzahl wuchs bis 1936 auf 1300 an. Die lebhafte Entwicklung in den 60er-Jahren, die durch die Verlängerung der U-Bahn bis zum Ochsenzoll entstand, spielte sich hauptsächlich rund um den Glashütter Markt ab. Als Glashütte 1970 im heutigen Norderstedt aufging, hatte die Gemeinde 6798 Einwohner. Nach den letzten Zahlen vom 30. Juni 2009 waren es 9660.
Die weiteren Stationen des Geschichtspfades sind die ehemalige Windmühle, 1851 vom Mühlenbesitzer C.C. Seydel gebaut und damals eine der modernsten Holländerwindmühlen im Umkreis und die Motormühle, die Siedlung an der Böttgerstraße, Resultat der Wohnungsnot durch die Flüchtlinge nach 1945, der Glashütter Sportverein von 1924, für den der turnbegeisterte Lehrer Hugo Stange unermüdlicher Motor war, die Kirche und das Rathaus, Sinnbild für die wiederholten Versuche von Glashüttes Bürgermeister Hans Bombeck, das Dorf zur amtsfreien Gemeinde zu machen, der Gedenkstein zur Namensgebung, die ehemalige Sparkasse, die zunächst im Gasthof Zur Glashütte ihren Sitz hatte, die Schule, die 1842 neu gebaut wurde mit einer Kammer für den Unterlehrer und Ställen für die Landwirtschaft des Lehrers, der Gasthof Zur Glashütte, die Kaiserliche Post, die ab 1907 die Landbriefträger mit Omnibussen belieferte, und das Einkaufszentrum Immenhof, wo im 19. Jahrhundert der Bauernhof der Familie Jarmers stand, genannt „Eck-Jarmers“.
Die Texte und Fotos sind da, Wille und Engagement der Glashütter Geschichtsbewahrer auch. Was noch fehlt, ist Geld. „Um eine der 60 mal 90 Zentimeter großen Tafeln sicher, geschützt und gut sichtbar aufzustellen, brauchen wir rund 300 Euro“, sagt Reimann. Das sei viel Geld, aber Schilder und Ständer müssten behördlichen Auflagen genügen und sturmfest sein. Reimann und sein Mitstreiter denken an ein Paten-Modell.
Wer die Patenschaft für eine Tafel übernehmen will, kann als Stifter auf der Tafel genannt werden. Der Heimatbund ist gemeinnützig und kann Spendenbescheinigungen ausstellen. Weitere Infos bei Werner Pein, Telefon 040/524 15 86, Günter Bade, Telefon 0172/608 96 61, und Peter Reimann, Telefon 040/525 57 86.