Soll die Schule für mehr als 17 Millionen Euro ausgebaut oder wegen geringer Anmeldezahlen geschlossen werden? Politiker debattieren.
Norderstedt. Die Schulpolitik kommt nicht zur Ruhe. Nachdem die Politiker in Norderstedt lange um Gemeinschafts- und Regionalschulen gestritten und schließlich einen Kompromiss verabschiedet hatten, zündelt "Die Linke" am brüchigen Bildungsfrieden. Sie spricht von einem "bildungspolitischen Amoklauf der CDU" und meint Modernisierung und Sanierung der Regionalschule Garstedt. Die soll gut 17 Millionen Euro kosten plus rund eine Million für die Ausstattung.
"Rechnet man die üblichen Preissteigerungen bis zum Baubeginn ein, werden daraus schnell 20 Millionen. Das bedeutet rund eine Million für jeden neu angemeldeten Schüler", sagt Linken-Fraktionschef Miro Berbig. Nur 21 Jugendliche seien zunächst angemeldet worden. "Viel zu wenige, um die Zukunft der Schule zu sichern", sagt Berbig. Es sei überhaupt nur möglich gewesen, neue fünfte Klassen im Schulkomplex am Aurikelstieg einzurichten, weil die benachbarten Gemeinschaftsschulen in Harksheide und am Lütjenmoor Schüler wegen fehlender Kapazitäten abweisen mussten. Diese Schüler seien an die Regionalschule Garstedt "strafversetzt" worden. Schließlich starteten 31 Jungen und Mädchen in zwei Klassen an der Regionalschule Garstedt ins neue Schuljahr.
Die CDU wolle die enormen Kosten durchwinken, lasse aber auf der anderen Seite die Gemeinschaftsschule Harksheide im Regen stehen. Seit zwei Jahren warteten Lehrer, Eltern und Schüler auf die gut zehn Millionen Euro für den dringend erforderlichen Ausbau der Schule. Allerdings seien die Mittel im Entwurf für den städtischen Doppelhaushalt 2012/13 eingestellt. "Das Verhalten der CDU lässt doch nur den Schluss zu, dass sie das von ihr favorisierte Modell der Regionalschule quasi durch die Hintertür doch noch durchsetzen will", lautet Berbigs Fazit.
CDU-Fraktionschef Günther Nicolai widerspricht vehement: "Über diese ideologische Diskussion sind wir doch längst hinaus." Wichtig sei, dass der Schulstandort am Aurikelstieg erhalten bleibe. Wie er dann heißt, sei unwesentlich. Nicolai geht davon aus, dass es künftig nur zwei weiterführende Schultypen geben wird: Gymnasien und Gemeinschaftsschulen. "Dass nur 21 Schüler angemeldet wurden, liegt auch daran, dass viele Eltern durch das jahrelange Gezerre um die Zukunft der Schulen verunsichert waren", sagt der CDU-Fraktionschef.
Die Zahl der Schüler werde durch die Rückläufer von den Gymnasien so weit wachsen, dass die Regionalschule auf jeden Fall weitermachen könne und müsse. Daher sei ein Ausbau nötig, einschließlich Turnhalle und Lehrschwimmbecken. "Wir brauchen die Einrichtungen nicht nur für den klassischen Schul- und Vereinssport, sondern beispielsweise auch für den Versehrtensport und als Bewegungsmöglichkeit für Rheumakranke", sagt Nicolai.
Die SPD plädiert ebenfalls dafür, den Gebäudekomplex zu erhalten. "Wir werden uns mit dem Schulleiter zusammensetzen und uns die Pläne genau ansehen", sagt SPD-Sprecher Thomas Jäger. Die Anmeldezahlen könnten sich durch das nahe Neubaugebiet Garstedter Dreieck erhöhen, wenn dort Familien mit Kindern einziehen. Denkbar sei auch, die Schule in ein Oberstufenzentrum vor allem für die Abiturienten der Willy-Brandt-Schule umzuwandeln. "Dann könnte die Schule mehr Schüler aufnehmen und müsste nicht so viele abweisen", sagt Jäger.
Auch die FDP will sich eingehend mit Plänen und Schülerzahlen beschäftigen. "Wir gehen offen an das Thema ran und schließen nichts aus, auch nicht eine Schließung", sagt FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder. Allerdings sollte eine Entscheidung nicht erst am St.-Nimmerleins-Tag fallen. "Die Eltern und Lehrer, die dort sehr engagiert arbeiten, haben es verdient, möglichst früh zu wissen, wie es um die Zukunft der Regionalschule steht", sagt Schroeder. Die GALiN Fraktion will sich ebenfalls noch eingehend mit dem Ausbaukonzept und den Investitionen befassen. "Die bisherigen Anmeldezahlen bieten keine belastbare Grundlage für einen umfassenden Um- und Ausbau des Standortes Aurikelstieg. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zahlen künftig entwickeln, ob die Regionalschule dort überhaupt lebensfähig bleibt", sagt GALiN-Fraktionschefin Maren Plaschnick.
"Unstrittig ist, dass die Schule ziemlich sanierungsbedürftig ist", sagt Norderstedts Schuldezernentin Anette Reinders. Sie plädiert allerdings dafür, die nächste Anmelderunde im Frühjahr 2012 abzuwarten und erst dann zu entscheiden. Daraus könne eventuell ein Trend abgeleitet und die Frage beantwortet werden, welche Schulformen die Eltern favorisieren. "Wir müssen die Regionalschule im Kontext der gesamten Norderstedter Schullandschaft sehen", sagt die Dezernentin.