Wyk/Föhr. Besondere Spezialitäten genießen und dabei die Nordseeinsel kennenlernen: Die Rummelpott-Tour auf Föhr macht's möglich.
Die Keramikhunde in der Fensterbank des kleinen Häuschens in der Wyker Innenstadt gucken nach draußen. Das bedeutet: Die Dame des Hauses ist allein und Herrenbesuch ist gern gesehen. „Die Hunde kommen aus England. Seeleute haben sie als Souvenir mit nach Föhr gebracht“, erzählt Yvonne. Sie führt an diesem regnerischen Herbsttag eine Gruppe von rund acht Besuchern auf eine Schlemmertour mit Sightseeing durch Wyk: der Rummelpott-Tour.
Eine moderne Sage besagt, dass wenn der Mann zu Hause war, die Seemannsfrauen den Hund mit dem Rücken zur Straße drehten. War er wieder auf See, guckten die Hunde aus dem Fenster, das war das Signal an den Liebhaber: hereinspaziert!
„Da die Prostitution in England offiziell verboten war, bekamen die Damen ihren Liebeslohn, indem sie ihren Kunden diese Hunde viel zu teuer verkauften. Und die Männer schenkten diese Hunde ihren Ehefrauen auf Föhr“, berichtet Yvonne. „Die kamen allerdings schnell dahinter, was es mit diesem Geschenk auf sich hatte.“
Drei Stunden lang schlemmen und Geschichten hören
In den kommenden drei Stunden hören die Gäste solche und andere Anekdoten von der Nordseeinsel. Sie erfahren etwas über die Entstehung der nordfriesischen Inseln durch die großen Sturmfluten, über die Entwicklung der Stadt Wyk zum Seebad oder über die Föhrer Tracht. Aber: Anders als bei üblichen Stadtführungen, stoppen die Besucher bei der Rummelpott-Tour immer wieder in verschiedenen Lokalitäten für einen kleinen Snack. Sechs werden es insgesamt sein.
Kuchen beim Bäcker
Bei Bäcker Hansen gibt es gleich zu Beginn drei kleine Stücke Kuchen und die Info, dass der Bäcker, bereits in sechster Generation auf Föhr ist und seit Corona das Thema Nachhaltigkeit vorantreibt. Er verwendet seitdem Eier und Getreide nur noch von der Insel.
„Er hat sich entschieden, lieber weniger zu machen, dafür Produkte von der Insel mit weniger Transporten. Jetzt gibt es weniger Kuchensorten am Tag, aber man weiß, da kommt alles von der Insel. Freitags gibt es Steinofenbrot, dann eben nur einmal in der Woche. Das wissen dann auch die Insulaner“, sagt Yvonne.
Nachfrage nach Touren ist sehr groß
Yvonne ist an diesem Tag kurzfristig am Morgen eingesprungen. Denn eigentlich führen Jacqueline und Maximilian Stark diese Touren. Da jedoch die Geburt ihres ersten Kindes ausgerechnet an diesem Morgen langsam losgeht, musste Stadtführerin Yvonne übernehmen.
Solche Schlemmertouren sind in Großstädten bereits etabliert, auf den Inseln war es bislang nicht bekannt. Jacqueline Stark, die diese Touren aus Kiel kennt, hat diese Idee nun nach Föhr gebracht. Mit Erfolg: Gab es ursprünglich lediglich eine Tour, sind es mittlerweile vier Touren in der Woche.
Nachfrage ist höher als das Tourenangebot
„In der Hauptsaison reichen selbst vier Touren nicht, da die Nachfrage viel höher ist“, sagt Jacqueline. Mittlerweile bietet die 26-Jährige studierte Sozialökonömin nicht nur in Wyk Führungen an, sondern auch auf den Inseldörfern. Dann per Fahrrad.
Rund 25 Restaurants, Bäckereien oder Fleischereien machen bei der Rummelpott-Tour mit. Jacqueline Stark ist immer auf der Suche nach Personal, das bei den Touren aushelfen kann. Die Jungunternehmerin zieht allerdings eine bittere Bilanz: „Ich habe fünf bis sechs Leute angefangen auszubilden, aber die Leute bleiben nicht am Ball. Viele sind extrem unzuverlässig, und der Wohnraummangel macht es zusätzlich schwer. Denn die wollen nicht dauerhaft vom Festland hierher pendeln.“
Das Besondere: Selbst langjährige Föhr-Urlauber erfahren dabei immer wieder etwas Neues.
Daher kommt der Begriff Rummelpott
Beim Rummelpott, erklärt Yvonne, gehen am frühen Silvesterabend Kinder geschminkt und verkleidet in Gruppen mit einem Rummelpott (auch Brummtopf, dänisch rummelpot oder rumlepot) von Tür zu Tür, singen oder sagen Reime auf und bekommen etwas zu essen oder zu trinken.
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Apropos Essen: In der Alten Druckerei werden Flammkuchen und Portwein gereicht, und Yvonne erzählt von dem Portweinhändler Jann Hinrich Andresen, der 1840 mit 14 Jahren Föhr verließ und ist und im portugiesischen Porto das nach ihm benannte Handelshaus gründete und in die Erzeugung und in den Handel von Portwein einstieg.
Ausgezeichnete Fleischerei bietet selbst gekochten Schinken
Praktischerweise legt die Gruppe die Wege zwischen den Stationen zu Fuß zurück und lauscht Yvonnes Ausführungen. Es ist wie bei einem mehrgängigen Menü: Weil die Portionen klein sind, setzt kein Völlegefühl ein. Stattdessen ist da immer die Vorfreude auf die nächste Leckerei.
Bei Fleischerei Friedrichs von 1897 zum Beispiel werden Rumsalami, frisch geräucherter Schinken, Deichkäse von der Hofkäserei Alkersum und Gallowayfleisch gereicht. „Beide von den Ehepaaren sind aus einer Fleischerfamilie“, sagt Yvonne. Eine Fleischerei mit einer langen Tradition, in der alles selbst gemacht wird: Der Kochschinken ist selbst gekocht, selbst geräuchert. Die Fleischerei vertreibt außerdem besondere Produkte unter dem Namen „Uthlande“. Das sind Fleischprodukte von den Inseln und Halligen. Die Fachzeitschrift Feinschmecker hat die Fleischerei ausgezeichnet: Sie gehört zu den zehn besten in Deutschland.
Touren auf Amrum, Föhr oder Sylt
Nach einem Besuch im Teehaus, wo es eine kleine Tassenprobe gibt, der Manufaktur Kleine Sünden Föhr geht es zum Abschluss ins Café Helgoland. Zurück bleiben ein gut gefüllter Magen und das schöne Gefühl, sich nicht nur viel bewegt, sondern so viel Neues über Föhr gelernt zu haben.
Die Starks wollen ihr Angebot ausweiten und langfristig solche Touren auch woanders anbieten. Derzeit suchen sie Mitstreiter für Sylt, Amrum, Husum und St. Peter-Ording. Infos: www.rummelpott.com, Preis: ab 43 Euro.
Der Aufenthalt auf Föhr war möglich mit der freundlichen Unterstützung der Föhr Tourismus GmbH.