Erst waren sie “verschwunden“, dann in der Asse: Jetzt stellt sich heraus, dass die 2285 Brennelemente Jülich wohl nie verließen.

Salzgitter/Jülich. Das Rätsel ist gelöst. Die 2285 vermisst gemeldeten Brennelement-Kugeln sind nun doch an Ort und Stelle. Die strahlenden Brennelementkugeln lagern doch im Zwischenlager des Jülicher Forschungszentrums, aus dem sie stammen. Das teilte das Bundesumweltministerium nach einem Gespräch mit der nordrhein-westfälischen Atomaufsicht mit.

„Nach Darstellung der Landesatomaufsicht lagern diese 2285 beim Betrieb oder bei nachfolgenden Versuchen zerbrochenen Kugeln einzementiert im Zwischenlager des Forschungszentrums“, erklärte das Ministerium. Die Kugeln seien demnach nicht im maroden Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel eingelagert worden.

Nach widersprüchlichen Berichten über den Verbleib der Kugeln hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) die Atomaufsicht, die in NRW beim Wirtschaftsministerium liegt, einbestellt. Deren Darstellung werde auch durch die Prüfungen von Euratom, der Europäischen Atomgemeinschaft, belegt, teilte das Ministerium mit: „Demnach weist die Bilanzierung des Kernmaterials keine Lücken auf.“ Das NRW-Wirtschaftsministerium werde kurzfristig noch einen Bericht vorlegen. Das Forschungszentrum Jülich bei Aachen hatte von Anfang an erklärt, es würden keine Brennelementkugeln aus dem stillgelegten Forschungsreaktor vermisst.

Die Verwirrung um die tennisballgroßen Kugeln hatte Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) mit einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Parlament ausgelöst. Darin hatte sie angegeben, es seien „allem Anschein nach“ Brennelementkugeln in der Asse gelagert worden.

Die NRW-Atomaufsicht habe mit ihrer Darstellung zur Klärung beigetragen, erklärte Umweltminister Röttgen, der auch Vorsitzender der CDU in NRW ist. Dennoch sei das Informationschaos, das in Düsseldorf stattgefunden habe, nicht akzeptabel. Mit spekulativen Angaben hätten das Wissenschafts-, Umwelt- und Wirtschaftsministerium nur für Verunsicherung in der Bevölkerung gesorgt. „Ich halte das Vorgehen der NRW-Landesregierung in dieser sensiblen atomaufsichtlichen Frage für absolut unangemessen und inakzeptabel“, erklärte Röttgen.

So kam es zu dem Verwirrspiel:

durch eine Anfrage der Grünen an NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) geriet der Prozess in Gang: Es ging um den Verbleib von 2285 radioaktiven Brennelementekugeln. Die Düsseldorfer Landesregierung konnte darufhin nicht sagen, wo die Elemente aus dem 1988 stillgelegten Forschungsreaktor in Jülich geblieben sind.

Schulze sagte daraufhin, dass ein Teil der tennisballgroßen Brennelementekugeln „allem Anschein nach“ im früheren niedersächsischen Forschungsbergwerk Asse eingelagert worden sei.

Das Forschungszentrum Jülich behauptete von Anfang an, dass die vermissten Kugeln sich in einem Zwischenlager auf dem Gelände in Jülich befinden. Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) hält den Vorgang für „absolut alarmierend“. Es handele sich nicht um „Kinderspielzeug“ sondern um „möglicherweise um hochradioaktiv belasteten Atommüll, der Umwelt und Bevölkerung schädigen kann“, sagte er in Düsseldorf.

Nach Angaben des Bundesamtes für Stahlenschutz (BfS) vom Montag schließlich, liegen die Elemente nicht im Atommüllager Asse bei Wolfenbüttel. Zwar seien 1976 in der Schachtanlage zwei Fässer mit Brennelementekugeln aus Jülich eingelagert worden, teilte das BfS in Salzgitter am Montag mit. Bei diesen Behältern könne es sich aber nicht um die jetzt als vermisst genannten 2285 Brennelementekugeln handeln. „Das belegen das relativ geringe Gesamtgewicht und die Aktivität der aus Jülich eingelagerten Abfälle sowie die Tatsache, dass die Anlieferung und der Ort der Einlagerung dokumentiert sind“, berichtete die Behörde. Bei den in der Asse eingelagerten Brennelementekugeln handele es sich um mittelradioaktive und nicht um hochradioaktive Abfälle. Diese Lieferungen von 1976 sind der Atomaufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen laut BfS auch bekannt.