Die Kommunen im Norden leiden unter ihren klammen Kassen. Außerdem bringt die Behörde wieder eine Kreisgebietsreform ins Spiel.

Kiel. Die Finanzlage der Städte, Gemeinden und Kreise in Schleswig-Holstein verschärft sich weiter. Dies geht aus dem Kommunalbericht hervor, den Landesrechnungshof-Präsident Aloys Altmann am Freitag in Kiel vorgelegt hat. Die Finanzmarktkrise und der Konjunktureinbruch hätten gravierende Einnahmerückgänge bewirkt. Dieses Jahr müssten die Kommunen mit einem Minus von 25 Millionen Euro rechnen, nach 34 Millionen im vergangenen Jahr. Weitere Belastungen drohten wegen steigender Ausgaben für Soziales und Jugend.

Dem Bericht zufolge waren die aufgelaufenen Defizite der Kommunen bis Ende 2009 auf 650 bis 700 Millionen Euro gestiegen. Als Baustein für eine Senkung der Verwaltungskosten brachte der Rechnungshof erneut eine Kreisgebietsreform ins Spiel, also eine Zusammenlegung von Kreisen. Pläne dafür hatte die damalige große Koalition nach heftigem Widerstand aus der CDU an der Westküste 2008 im Sande verlaufen lassen. Eine solche Reform würde erhebliches Einsparpotenzial erschließen – eine Studie spricht von 60 Millionen Euro – und müsse deshalb jetzt wieder auf die Tagesordnung, forderte Altmann. Landesregierung und Parlament müssten das Projekt angehen.

Die kreisfreien Städte forderte der Rechnungshof auf, in allen Bereichen umzudenken, etwa in der Kultur. „Der jährliche Zuschussbedarf für die Theater in Kiel und Lübeck von 18 Millionen Euro muss durch Kooperation, Schließung von Sparten und Zusammenlegung von Angeboten nachhaltig gesenkt werden“, sagte Altmann. „Subventionen von 80 bis 110 Euro für jeden Theaterbesuch sind angesichts der schwierigen Finanzsituation nicht mehr zu rechtfertigen.“ Thomas Rother von der SPD rügte die Abkehr von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) von der in gemeinsamer Regierungszeit in Angriff genommenen Kreisreform. Eine Chance zur nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Finanzlage sei vertan worden.

CDU-Innenpolitiker Werner Kalinka forderte eine offene Diskussion unter anderem über eine kommunale Schuldenbremse, nahm aber auch eine Kreisgebietsreform nicht aus. Ein Einsparpotenzial von 60 Millionen Euro habe Gewicht. „Verwaltung muss verschlankt werden. Wo und wie und auf welcher Ebene auch darüber sollte offen und ergebnisorientiert diskutiert werden.“ Aus Sicht des FDP-Kommunalexperten Günther Hildebrand trifft die Analyse des Rechnungshofes über die Finanzlage zu. „Aber seine Lösungsansätze greifen zu kurz.“ Eine Kreisgebietsreform bringe den Kommunen weder eine nachhaltige finanzielle Entlastung noch sei sie politisch durchsetzbar. „Wer angesichts dieser Situation Steuersenkungen fordert und die Augen vor einer kommunalen Gebietsreform verschließt, trägt Verantwortung dafür, dass den Kommunen das Geld für Schulen, Kindertagesstätten, Büchereien und Schwimmbäder fehlt“, meinte die grüne Finanzexpertin Monika Heinold. „Es ist ein Alarmzeichen, dass auch dem Landesrechnungshof nicht viel mehr zur Rettung der Kommunen einfällt, als die untote Kreisgebietsreform wieder aus der Gruft zu holen“, sagte der SSW-Abgeordnete Lars Harms. „Die Kommunen haben längst ihre überflüssigen Pfunde abgeworfen und viele sind bis auf das Skelett abgemagert.“

Die Forderung nach einer Kreisgebietsreform werde nicht mit neuen Zahlen, Daten und Fakten belegt, kommentierte der Landkreistag. Der Verband sei mit Regierung und Koalitionsfraktionen einig in der Einschätzung, dass man eine Gebietsreform nicht mit Schätzungen und Vermutungen rechtfertigen könne, sagte das geschäftsführende Vorstandsmitglied Jan-Christian Erps. Vielmehr müssten die Verwaltungskosten aufgabenbezogen analysiert werden, was auch geschehe. Das eigentliche Problem der Kreise sei nicht die kommunale Selbstverwaltung, sondern die wenig beeinflussbaren Soziallasten.Aus drei armen Kreisen lasse sich kein reicher Kreis schaffen.

(dpa/abendblatt.de)