Im Harz sollen drei Viertel der Nationalparks bis zum Jahr 2022 sich selbst überlassen werden. So sollen diese zum Urwald werden.

Wernigerode. Große Ziele im Harz: Drei Viertel des Nationalparks sollen bis zum Jahr 2022 sich selbst überlassen und auf diese Weise zum Urwald werden, den Menschen auf Wegen erleben können. Das ist der wesentliche Inhalt des ersten länderübergreifenden Nationalpark-Planes in Deutschland. Er soll am Freitag während der Feier zum fünften Jahrestag der Vereinigung der beiden Harz-Nationalparke von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in Kraft gesetzt werden. In der künftigen Harzer Wildnis werde vermutlich schon bald der erste freilebende Wolf auftauchen, sagte Nationalpark-Leiter Andreas Pusch der Nachrichtenagentur dpa.

Durch den Nationalpark-Plan werde die einheitliche Behandlung und Entwicklung des Naturraums in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt garantiert, sagte Pusch. Der Schwerpunkt der Arbeit werde in den kommenden Jahren weiterhin auf der „sanften Waldentwicklung hin zu mehr Naturnähe“ liegen. „Dabei lockern wir die Nadelholzbestände so weit auf, dass dazwischen standortangepasste heimische Laubbäume gepflanzt werden können“.

Wald macht den allergrößten Teil des knapp 25.000 Hektar großen Nationalparks aus, der 2006 aus dem niedersächsischen Nationalpark Harz (drei Fünftel der Gesamtfläche) und dem sachsen-anhaltischen Nationalpark Hochharz (zwei Fünftel) hervorgegangen ist.

Nach anfänglich teils starkem Widerstand sei die Akzeptanz des Nationalparks auf beiden Seiten der früheren innerdeutschen Grenze zuletzt deutlich gestiegen, sagte Pusch. „Auch das Verständnis dafür, dass wir auf großen Flächen die Naturabläufe ungestört zulassen“. Dies gelte selbst beim sensiblen Thema „Borkenkäfer“. „Sicher regen sich noch immer Besucher und auch Einheimische darüber auf, dass der Borkenkäfer alte Bäume zum Absterben bringt. Inzwischen ist aber auf vielen Flächen sehr deutlich zu erkennen, dass sich hinterher eine sehr dynamische Waldverjüngung von alleine einstellt“.

Derzeit gehören gut 50 Prozent des Nationalparks zur sogenannten Kernzone, in der die aktiven Waldentwicklungsmaßnahmen abgeschlossen sind. „Dort wird nichts mehr gepflanzt. Es gibt auch keine Durchforstung mehr, nur noch Sicherungsmaßnahmen, etwa wenn Bäume auf Wege oder Straßen zu stürzen drohen“, sagte Pusch. Diese Kernzone solle bis 2022 schrittweise auf 75 Prozent vergrößert werden.

Außer Wald liegen im Nationalpark noch rund 300 Hektar Moorflächen, deren Renaturierung bereits weitgehend abgeschlossen ist, sowie einige Bergwiesen und kleinere Heideflächen. „Hinzu kommen zahlreiche Wege“, sagte Pusch. An einem neuen Wegeplan werde derzeit gearbeitet. Geplant sei, das Wanderwegenetz geringfügig um zehn auf 588 Kilometer zu verkleinern, um mehr ungestörte Bereiche zu schaffen.

In dem ständig größer werdenden naturbelassenen Bereich werde nach dem aktiv wiederangesiedelten Luchs früher oder später auch der Wolf auftauchen, glaubt Pusch. „Wir würden uns sehr darüber freuen, werden es aber nicht aktiv unterstützen“.

Dass der Nationalpark auf dem richtigen Weg ist, erkenne man auch an den steigenden Besucherzahlen. Allein auf den Brocken kommen pro Jahr rund 1,3 Millionen Gäste. Auch in den acht Besucher-Zentren des Parks und bei den Führungen, die von 40 Rangern und den Mitarbeitern kooperierender Naturschutzorganisationen angeboten werden, steige die Resonanz von Jahr zu Jahr. Pusch glaubt, dass diese Entwicklung anhält, weil Wildnis Menschen fasziniere.

(abendblatt.de/dpa).