Der Atommülltransport hat auf seinem Weg ins Zwischenlager Lubmin Magdeburg erreicht. Dort wird der Zug überprüft, das Personal ausgewechselt.

Saarbrücken/Lubmin. Der Castor-Transport mit dem Atommüll für das Zwischenlager in Mecklenburg-Vorpommern ist am Donnerstagmorgen in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg eingetroffen. Dort ist nach Angaben der Bundespolizei eine gut einstündige Pause geplant, während der der Zug überprüft und das Personal ausgewechselt werde. Fünf Atomkraftgegner wurden in Gewahrsam genommen. Sie seien auf den Gleisen im Bahnhof Magdeburg-Buckau unterwegs gewesen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.

Der Castor-Transport mit rund 2500 Brennstäben wird vermutlich über die brandenburgische Prignitz an seinen Zielort bei Lubmin rollen. In Wittenberge konzentrierten sich mehrere Hundertschaften der Polizei. Auch auf den Straßen in der näheren Umgebung waren zahlreichen Einsatzkräfte unterwegs. Von der Polizei wurde die mögliche Route nicht bestätigt.

Am Zielort – dem Atommüll-Zwischenlager Nord in Lubmin – wird die hoch radioaktive Fracht im Laufe des Donnerstags erwartet. Der Zug transportiert in vier Spezialbehältern die etwa 2500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom deutschen Atomschiff „Otto Hahn“, die im südfranzösischen Kernforschungszentrum Cadarache lagerten. In Frankreich war der Zug am Dienstagabend losgefahren.

Kälte macht Demonstranten und Polizei zu schaffen

Das Winterwetter offenbart ungeahnte Gemeinsamkeiten zwischen Castor-Gegnern und Polizisten. Denn beim Schutz vor der beißenden Kälte setzten beide Seiten bisher auf das Zwiebelprinzip und warme Unterwäsche. „Ja, auf diesem Gebiet sind wir alle Verbündete“, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. „Wir frieren hier alle gemeinsam.“ Mit dem seit Mittwoch tobenden Schneetreiben greifen die Atomkraft-Gegner nun zu einem neuen Kampfmittel – der Skibrille. Damit habe man bei jeder Wetterlage den garantierten Durchblick – auch bei hohem Windaufkommen, empfehlen sie auf ihrer Internetseite www.lubmin-nixda.de. Der Polizei wird der Einsatz einer solchen Brille verwehrt bleiben – er ist nicht Teil der Dienstkleidung.

„Die Polizei – dein Freund und Helfer“ – Castor-Gegner wollen die Belastbarkeit dieses Slogans prüfen. Auch wenn man sich auf der Schiene gegenübersteht, muss man erst mal dorthin gelangen. Die Organisatoren des Castor-Protestes empfehlen deshalb, beim Freischieben im Schnee feststeckender Autos die Hilfe der Polizei in Anspruch zu nehmen. An Leuten, so der launige Tipp, werde es sicher nicht mangeln. Die Polizei sei ja bereits überall und noch recht hilfsbereit. Atom-Gegner, die mit dem Zug im Schnee stecken bleiben, sollten aus der Not eine Tugend machen und die Gleise blockieren. Es müssen allerdings die richtigen Gleise sein. Denn die genaue Route des Castor-Zugs durch Mecklenburg-Vorpommern ist noch unbekannt.

Auch die Wasserwerfer, von denen niemand hofft, dass sie eingesetzt werden, sind für den Winter gerüstet. Sie sind nach Angaben der Polizei mit Heizkammern ausgestattet.

Fünf Wochen nach dem von Massenprotesten begleiteten Transport nach Gorleben wird nun Atommüll von Frankreich nach Lubmin gebracht. Demonstranten rüsten sich zum Protest – und müssen dabei der Kälte trotzen.

Begleitet von kleineren Protesten und unter massiven Sicherheitsvorkehrungen rollt der Castor-Transport mit deutschem Atommüll aus Frankreich kommend in Richtung Lubmin. Im Zwischenlager nahe der vorpommerschen Gemeinde sollen die Brennstäbe aus Forschungsanlagen des Bundes für die nächsten Jahre deponiert werden.

Während sich die Behörden zur Streckenführung durch Deutschland in Schweigen hüllen, bereiten sich Atomkraftgegner am Zielort auf die für Donnerstag erwartete Ankunft der hochradioaktiven Fracht in Vorpommern vor. Sie müssen dabei auch Kälte und Schnee trotzen. Nach Angaben der Meteorologen beschert ein Tiefdruckgebiet Norddeutschland kräftige Schneefälle und stürmischen Wind. Für Donnerstag wurden auch Blockadeaktionen angekündigt. An welchen Stellen, blieb zunächst unklar.

Verzögerungen wegen Bombenfund

Der Zug transportiert in vier Spezialbehältern etwa 2500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom deutschen Atomschiff „Otto Hahn“, die jahrelang im südfranzösischen Kernforschungszentrum Cadarache lagerten. Fünf Wochen nach dem von schweren Protesten begleiteten Transport ins niedersächsische Gorleben wird der Atommüll auch diesmal von einem Großaufgebot der Polizei gesichert. Sie kontrollieren die gesamte Bahnstrecke. Es sind auch Hubschrauber im Einsatz, um mögliche Störungen früh zu erkennen. Allein in Mecklenburg-Vorpommern sind etwa 3000 Landes- und mehr als 1000 Bundespolizisten im Einsatz. Der Castor-Transport überquerte nach Angaben der Bundespolizei am frühen Mittwochnachmittag ohne Zwischenfälle die deutsch-französische Grenze und fuhr dann weiter über das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nach Hessen.

In Saarbrücken führte der Fund einer Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg nahe der Route zu leichten Verzögerungen. Eine Gefahr für den Castor-Zug habe aber nicht bestanden, teilte die Bundespolizei mit. Die genaue Route nach Lubmin halten die Behörden aus Sicherheitsgründen geheim. Es verdichteten sich aber Hinweise, dass der Zug über Magdeburg, Stendal, Schwerin und Rostock nach Greifswald fährt. Größere Proteste, die den Transport hätten aufhalten können, gab es bis zum Abend nicht. Wie in Mecklenburg-Vorpommern, wo am Donnerstag die größten Proteste erwartet werden, gab es auch in anderen Bundesländern Mahnwachen. Mitglieder des Bündnisses „Stop Castor Biesenthal“ forderten in dem brandenburgischen Ort mit Plakaten und Spruchbändern den Sofortausstieg aus der Kernenergie. Aktionen gab es zudem in Neustadt an der Weinstraße, am Saarbrücker Hauptbahnhof, wo etwa 20 Menschen gegen den Transport protestierten. In Halle versammelten sich 200 Atomkraftgegner, nach Angaben der Demo-Veranstalter waren es doppelt so viele. Die bisherigen Aktionen waren friedlich geblieben. Sie richten sich gleichermaßen gegen die von der Bundesregierung beschlossene Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke und den Atommülltransport. „Der Karlsruher Atommüll ist in Lubmin völlig fehl am Platz“, kommentierte Greenpeace-Sprecherin Anike Peters. Solange kein sicheres Endlager existiere, müsse der Müll wieder zurück in das Bundesland, in dem er produziert wurde. Die Polizei zeigt in der Region Greifswald seit Tagen verstärkt Präsenz. Bislang genehmigten die Behörden elf Mahnwachen entlang der Strecke zum Zwischenlager bei Lubmin; insgesamt soll es aber 70 Veranstaltungen geben, die meisten davon im Raum Greifswald.