Tobias musste nur sterben, weil er wohl von dem Mord an Nina wusste. Das Mädchen hatte die Annäherungsversuche von Jan O. abgeblockt.

Bodenfelde/Northeim. Nach knapp vier Stunden hat Jan O. die Doppelmorde in Bodenfelde gestanden: Er habe die 14 Jahre alte Nina aus sexuellen Motiven umgebracht. Das sagte Staatsanwalt Hans-Hugo Heimgärtner. Der 26-Jährige machte in seinem Geständnis umfassende Angaben zum Motiv für die Tat. Demnach musste Tobias nur sterben, weil Jan O. Angst hatte, von ihm enttarnt zu werden.

Nina habe seine Annäherungsversuche abgewehrt. Er habe das Schreien von Nina verhindern wollen. Tobias habe er dann Tage später ermordet, um die erste Tat zu vertuschen. Der Junge sei in der Nähe des Ortes gewesen, wo Ninas Leiche lag. In dieser Situation habe Jan O. sich entdeckt gefühlt und deswegen Tobias umgebracht.

Stundenlang sprach Jan O. mit dem Untersuchungsrichter, dass er ein Geständnis ablegen könnte, war schon seit Tagen erwartet worden. Nach knapp vier Stunden Vernehmung wurde schließlich bekannt gegeben: Jan O. hat den Mord an den beiden Jugendlichen gestanden. Wie die Staatsanwaltschaft Göttingen mitteilte, habe der 26-Jährige am Amtsgericht Northeim ein umfassendes Geständnis abgelegt

Der arbeitslose Mann habe zugegeben, die Teenager Nina (14) und Tobias (13) in der vergangenen Woche in Bodenfelde im Landkreis Northeim getötet zu haben. Weitere Details aus der Vernehmung gab das Gericht zunächst nicht bekannt. Der arbeitslose Mann hatte sich nach einer Verurteilung wegen einer Diebstahlsserie nur zur Bewährung auf freiem Fuß befunden, kurz vor seiner geplanten Einweisung in eine Entziehungsklinik tötete er die Teenager.

In den Wochen vor den Bluttaten habe Jan O. wiederholt gegen Bewährungsauflagen verstoßen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Lüneburg. Deshalb habe die Justiz bereits beschlossen gehabt, den zur Bewährung auf freiem Fuß befindlichen 26-Jährigen vorübergehend wieder in einer Entziehungsklinik unterzubringen. Der 26-Jährige hatte einen Alkoholrückfall, darüber hinaus hatte er fahrlässig ein Feuer gelegt. Zwar habe Jan O. damit gegen Bewährungsauflagen verstoßen, nichts habe aber auf eine Gewalt-Eskalation schließen lassen, sagte die Staatsanwältin.

Spekulationen, wonach der arbeitslose Mann noch weitere Tötungsdelikte begangen haben könnte, wies sein bisher Anwalt zurück. Dafür hätten sich in den Gesprächen überhaupt keine Anhaltspunkte ergeben. Die Polizei nimmt an, dass Jan O. weitere Menschen getötet hätte, wenn er nicht festgenommen worden wäre. Die Ermittler sind davon überzeugt, dass der 26-Jährige psychisch gestört ist. Der Zustand seines Mandanten müsse in jedem Fall gutachterlich überprüft werden, forderte sein Anwalt.

Nach Medienberichten haben die Behörden es versäumt, Jan O. nach Verstößen gegen frühere Bewährungsauflagen rechtzeitig festzunehmen. Als er unter Bewährungsaufsicht des Amtsgerichts Göttingen stand und in einer Therapie-Einrichtung in Bodenfelde untergebracht war, habe O. im Oktober die medizinischen Kontrollen versäumt und sei ermahnt worden. Anfang November sei er wegen fahrlässiger Brandstiftung vorläufig festgenommen worden, woraufhin seine Bewährung verfiel. Er wurde den Angaben zufolge dann jedoch nicht rechtzeitig verhaftet.

Die getötete Nina wurde heute beigesetzt, am Sonnabend soll auch der 13-jährige Tobias beerdigt werden.

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So nahmen 500 Trauernde von Nina Abschied

In einer ruhigen und doch bewegenden Trauerfeier haben sich Angehörige von der ermordeten Nina (14) verabschiedet. Jan O., der mutmaßlicher Täter, plant ein Geständnis. Er soll seelisch krank sein. Das könnte heißen: Psychiatrie statt Gefängnis.

Nina liebte Tiere, konnte gut singen und war in vielerlei Hinsicht ein ganz normaler Teenager:Das wurde in der bewegenden Trauerfeier bekannt, mit der am Freitag rund 500 Freunde, Angehörige und Mitschüler Abschied von dem 14 Jahre alte Mädchen genommen haben. Nina und ihr ein Jahr jüngerer Mitschüler Tobias aus dem südniedersächsischen Bodenfelde sollen von dem 26-jährigen Jan O. umgebracht worden sein. Der alkohol- und drogenabhängige Beschuldigte will im Laufe des Tages voraussichtlich ein Geständnis ablegen. Er wurde am Freitagmittag erneut dem Haftrichter in Northeim vorgeführt. Die Ermittler sind sich aufgrund von Indizien völlig sicher, dass Jan O. der Täter ist. Sie halten den 26-Jährigen für psychisch krank. Falls Sachverständige auch zu diesem Schluss kommen sollten, droht dem 26-Jährigen keine Haft. Dann käme er in den Maßregelvollzug in ein Landeskrankenhaus. Am Freitag wurde bekannt, dass Jan O. kurz vor einer erneuten Einweisung in eine Entziehungsklinik stand. In den Wochen vor den Bluttaten habe der 26-Jährige wiederholt gegen Bewährungsauflagen verstoßen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Lüneburg der Nachrichtenagentur dpa. Deshalb habe die Justiz bereits beschlossen gehabt, den 26-Jährigen wieder in einer Entziehungsklinik unterzubringen. Er hatte sich zur Bewährung auf freiem Fuß befunden. Der Mann hatte wieder Alkoholprobleme und hatte zudem fahrlässig ein Feuer gelegt. Die im Strafgesetzbuch vorgesehene Krisen-Intervention zur Vermeidung weiterer Rückfälle eingeleitet worden. Nichts habe aber auf eine Gewalt-Eskalation schließen lassen, sagte die Staatsanwältin.

2007 war Jan O. vom Amtsgericht Uelzen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft und zur Unterbringung in einer Therapieeinrichtung verurteilt worden. Er hatte damals zahlreiche Diebstähle zur Drogenbeschaffung begangen. Zuletzt war er zur Bewährung auf freiem Fuß. Er hatte unweit von Bodenfelde in Uslar in einer eigenen Wohnung gelebt und stand unter Führungsaufsicht.

In Bodenfelde war die Stimmung bei der Beerdigung von Nina am Freitag sehr gedrückt. Beim Trauergottesdienst sagte Pfarrer Marc Trebing: „Wir stehen völlig hilflos, verzweifelt und sprachlos vor der grausamen Tat.“ „Ein Mensch hat Ninas Leben zerstört und auch unser Leben tief getroffen.“ In der schlichten Dorfkirche des 3400-Seelen-Ortes war Ninas heller Holzsarg aufgebahrt, geschmückt mit weißen Blumen und von Kerzen umringt. Freunde und Angehörige sangen auch eines der Lieblingslieder von Nina, „We shall overcome“. Der Sarg der Schülerin wurde anschließend von sechs Männern quer durch das Dorf zum Friedhof getragen. Entlang des Weges standen mehrere hundert junge und alte Menschen stumm mit Kerzen in einer langen Kette. „Wir setzten ein Licht gegen Gewalt“ lautete ihr Motto. Ninas Mitschüler Tobias (13) wird am Samstag beigesetzt. Die Polizeidirektion Göttingen wies am Freitag Kritik zurück, dass Tobias noch leben könnte, wenn die Polizei intensiver nach Nina gesucht hätte. Roger Fladung, Vizepräsident der Polizeidirektion Göttingen, sagte zu der Kritik, die Suche nach Nina sei intensiv und vorschriftsmäßig verlaufen. Er sehe keine Versäumnisse.

Ninas Leiche hatte knapp eine Woche unentdeckt in der Nähe ihres Elternhauses gelegen. Tobias war erst Tage nach ihr nur wenige Meter entfernt ermordet worden. Jan 0. soll nach Ninas Tod im Internet damit geprahlt haben, ein Mädchen „geschlachtet zu haben“.