Die Offiziersanwärter verlassen Brasilien. Ihre Ausbildung auf dem Segelschulschiff ist ausgesetzt und geht in Flensburg weiter.

Glücksburg/Kiel. Nach Aussetzung ihrer Ausbildung auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ wegen eines tödlichen Unfalls sollen die gut 70 Offiziersanwärter am Montag aus Brasilien nach Deutschland zurückkehren. An der Marineschule Mürwik bei Flensburg würden sie dann weiter ausgebildet, sagte der Sprecher des Flottenkommandos Glücksburg, Uwe Rossmeisl.

Während die „Gorck Fock“ mit der Stammbesatzung voraussichtlich ihren Kurs Richtung Buenos Aires fortsetzt, kommt das Ausbildungskonzept auf den Prüfstand. Wie es aussehen könnte, ist noch unklar. Als eine Möglichkeit gilt, die Offiziersanwärter nicht direkt nach ihrer Grundausbildung auf das Traditionsschiff zu schicken. Offen ist auch, ob das Sicherheitskonzept an Bord verändert werden muss. Die Lehrgangsteilnehmer, die im August zur 156. Ausbildungsfahrt des Traditionsschiffes aufgebrochen waren, werden nun in Mürwik theoretisch und am Simulator geschult.

Außerdem gehen sie – ohnehin planmäßig – auf andere Marineschiffe wie zum Beispiel auf die Fregatten in Wilhelmshaven. Dort lernen sie, was sie auf dem Traditionssegler „Gorch Fock“gar nicht lernen können. Sie üben mit moderner Technik beispielsweise für die Luftabwehr, die Bekämpfung von U-Booten und Versorgungsmanöver. Anfang November war eine 25 Jahre alte Offiziersanwärterin aus Niedersachsen auf der „Gorch Fock“ tödlich verunglückt. Sie stürzte aus der Takelage des Dreimasters auf das Deck. Erst im September 2011 sollen wieder Offiziersanwärter an Bord der „Gorch Fock“ gehen. Derzeit liegt das Schiff in Salvador de Bahia in Brasilien. Nach dem aktuellen Plan soll es mit der Stammbesatzung und der Segelcrew - insgesamt rund 80 Soldaten – ihre Route fortsetzen – erstmal nach Buenos Aires, um später das Kap Horn zu umfahren.

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Tod der "Gorch Fock"-Kadettin war "tragisches Unglück"

Der Todessturz einer jungen Offiziersanwärterin von Bord des Segelschulschiffs "Gorch Fock" in die Nordsee im September bleibt ein Rätsel. Die genauen Umstände des tragischen Unglücks liegen für die Kieler Staatsanwaltschaft im Dunkeln.

Nach monatelangen Untersuchungen schloss die Behörde am Freitag eine Straftat ebenso aus wie Selbstmord. "Die Ursache für den Todesfall konnte nicht abschließend geklärt werden", sagte Oberstaatsanwalt Uwe Wick. Die 18 Jahre alte Offiziersanwärterin Jenny Böken aus Geilenkirchen (Nordrhein-Westfalen) war in der Nacht zum 4. September vor Norderney während ihrer Wache von Bord des Schiffes in die Nordsee gestürzt.

Erst elf Tage später entdeckte die Besatzung eines Fischereiforschungsschiffs ihre Leiche 120 Kilometer nordwestlich von Helgoland. Zuvor hatten Rettungsboote, Flugzeuge und Hubschrauber vergeblich nach der Soldatin gesucht. Rund 600 Menschen nahmen bei einer bewegenden Trauerfeier in Geilenkirchen-Teveren Abschied von der jungen Frau, deren Tod die Besatzung der "Gorch Fock" tief erschüttert hatte. Da die Staatsanwaltschaft keine Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten fand, leitete sie auch kein Ermittlungsverfahren ein.

Es war gutes Wetter, als die Offiziersanwärterin am 3. September eine Viertelstunde vor Mitternacht 15 Kilometer nördlich von Norderney über Bord ging und in der Nordsee ertrank. Sie trug laut Staatsanwaltschaft keine "Sicherungs- und Rettungsmittel", musste dies angesichts der Bedingungen aber auch nicht. Deshalb könne den Vorgesetzten an Bord auch kein fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden, gab die Staatsanwaltschaft an. Nur bei schwerer See hätten sich die Kadetten sichern müssen.

Nach dem Todesfall leitete die Staatsanwaltschaft umfangreiche Vorermittlungen ein: Sie befragte in 82 Vernehmungen Stammcrew und Ausbildungsmannschaft der "Gorch Fock" und stellte in Dublin an Bord des Dreimasters die Ereignisse aus der Unglücksnacht nach. All dies sowie die rechtsmedizinischen und kriminaltechnischen Untersuchungen ergaben Wick zufolge keine "zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren strafrechtlichen Verantwortlichkeit für den Tod der Seekadettin". Auch Mutmaßungen über einen möglichen Zusammenhang zwischen einer etwaigen Erkrankung der Offiziersanwärterin und dem Unglück könnten nicht bestätigt werden, hieß es weiter.