Bilanz des ersten Herbststurms an den Küsten von Nord- und Ostsee: Ein gesunkener Kutter, verletzte Menschen und ertrunkene Schafe.

Hamburg. Nach Überschwemmungen und starken Sturmböen hat sich das Wetter zum Wochenende wieder beruhigt. Sturmtief "Carmen“ war seit Donnerstagabend mit bis zu 110 Kilometer pro Stunde über Norddeutschland hinweggefegt. Inzwischen zieht das Tief über die nördliche Ostsee ab. In der Nacht zum Sonnabend habe es durch den Sturm in Hamburg 57 kleinere Einsätze gegeben, teilte die Hamburger Feuerwehr mit. Dabei handelte es sich meist um abgeknickte Äste und Bäume. Insgesamt blieb es in Norddeutschland in der Nacht aber ruhig.

In Südniedersachsen hat heftiger Dauerregen am Sonnabend für überflutete Straßen und vollgelaufene Keller gesorgt. Zu gravierenden Schäden kam es nach Angaben der Göttinger Polizei zunächst nicht. Vielerorts rückten die Feuerwehren aus, da Straßen wegen der Wassermassen und weggespülten Schlamms nicht mehr befahrbar waren. Die Kanalisation hatte oftmals Mühe, die Menge des Regens zu verkraften und Gullydeckel wurden nach oben gedrückt.

Freitagabend hatte die Sturmflut den St. Pauli Fischmarkt teilweise unter Wasser gesetzt. Die Fluten der Elbe stiegen gegen 20.00 Uhr nach Messungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) um rund 2,10 Meter über den normalen Hochwasserstand. Die Fischauktionshalle war ebenso betroffen wie Parkplätze und die am Ufer verlaufende Straße. Bereits am Nachmittag hatten die nordfriesischen Halligen wegen des Sturmtiefs Carmen Land unter gemeldet. Am Pegel Husum wurden rund 2,0 Meter mehr als das normale Hochwasser gemeldet. Bei einer um mindestens 1,5 Meter erhöhten Flut spricht man von einer Sturmflut.

Eine Schafherde im Stadtteil Ochsenwerder wurde Opfer des schnell steigenden Wassers. Rund 150 Tiere ertranken nach Feuerwehrangaben, 60 Schafe konnten auf eine trockene Wiese getrieben werden, weitere 40 retteten die Einsatzkräfte mit Booten aus den Fluten. Die Herde war im Deichvorland in den Vier- und Marschlanden von der Flut überrascht worden.

Ansonsten blieb es in In Schleswig-Holstein und Hamburg meist bei umgestürzten Bäumen, abgerissenen Ästen sowie umherfliegenden Gerüstteilen, Dachluken und Ziegeln, wie Sprecher von Polizei und Feuerwehr sagten. Für die Küsten Schleswig-Holsteins und Niedersachsens hatte der Deutsche Wetterdienst seine Unwetterwarnung aus der Nacht bis Freitag verlängert. Dramatisch gestaltete sich die Havarie eines deutschen Kutters am Donnerstagabend vor der Ostseeinsel Fehmarn. Der Kapitän des bei dem schweren Sturm in Seenot geratenen Fischkutters konnte gerettet werden und erlitt einen Schock.

Der elf Meter lange Kutter war am Donnerstagabend wegen eines Maschinenausfalls manövrierunfähig vor Fehmarn getrieben. Zu dem Zeitpunkt hätten in dem Seegebiet für Ostseeverhältnisse bemerkenswerte Wellenhöhen von fünf Metern und schwerer Sturm bis Stärke zehn mit Windgeschwindigkeiten von etwa 100 Stundenkilometer geherrscht, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei (WSP) am Freitag in Heiligenhafen (Kreis Ostholstein).

Von Großenbrode aus sei daraufhin der Seenotkreuzer „J.T. Essberger“ dem Havaristen zur Hilfe gelaufen und habe ihn an den Haken genommen. Beim Schlepp kenterte der Kutter jedoch plötzlich. Die Besatzung des Seenotkreuzers barg den Kutterkapitän, der allein an Bord war, und versorgte ihn. Er kam in ein Krankenhaus im ostholsteinischen Oldenburg. Er ist den Angaben zufolge inzwischen wieder wohlauf.

Der Kutter trieb am Freitag etwa vier Seemeilen (7,5 Kilometer) südöstlich Fehmarn. Das in Kiel stationierte Bergungsboot „Scharhörn“ begleitete und beobachtete den Havaristen, wie der WSP-Sprecher sagte.

Entlang der Nordseeküste hinterließ Carmen vor allem abgerissene Äste, wie eine Polizeisprecherin in Husum sagte. Allerdings mussten wegen des teils orkanartigen Sturms, der bei Böen in Spitzen sogar Orkanstärke erreichte, sämtliche Schiffsverbindungen zu den nordfriesischen Inseln und Halligen eingestellt werden. Die Fähre zwischen List auf Sylt und Havneby auf der dänischen Insel Römö sowie die Fähren vom Festland nach Amrum, Föhr, Hooge und Pellworm fuhren bis auf weiteres nicht mehr. Der Autozug zwischen Niebüll auf den Festland und Westerland auf Sylt war für Wohnwagengespanne, leere Transporter und unbeladene Lkw gesperrt. Gleiches galt auch für die Passage der Fehmarnbelt-Brücke an der Ostsee.

In Hamburg musste die Feuerwehr am Freitag mehr als 50 Mal ausrücken. Am Freitagmittag stürzten in den Stadtteilen Tonndorf und Wilhelmsburg zwei Bäume um. Beim Flughafen in Fuhlsbüttel drohten mehrere Dachlukenfenster herunterzustürzen, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. In der Grelckstraße in Lokstedt stürzte ein riesiger Baum auf drei abgestellte Autos. Die Feuerwehr zerlegte den Baum am Nachmittag.