1820 wurde in Norddeutschland der letzte Wolf geschossen, damals ein Grund zu feiern. Jetzt kommen die Wölfe wieder und auch die Jäger freuen sich.
Lüneburg/Hannover. Immer wieder werden die scheuen Langstreckenwanderer gesichtet. In Mecklenburg tappt einer in die Fotofalle. Glück gehabt. In Schleswig-Holstein wird einer überfahren, in Niedersachsen stirbt einer gar durch Jägerkugeln. Das gibt Ärger: Auch der Jagdverband distanziert sich entschieden, es kommt zum Prozess. Die Wölfe sind längst auch im Westen Deutschlands angekommen, doch bislang nur als selten beobachtete Einzelgänger. Rudel mit Jungen gibt es nur in der ostdeutschen Lausitz. Das wird sich rasch ändern, prophezeien Umweltschützer und Jäger.
“ Der Wolf wird zurückkehren - er wird die Bundesrepublik wiederbesiedeln“, sagt Helmut Dammann-Tamke. Als Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) vertritt er fast 53 000 Jäger. Dammann-Tamke rechnet in vier bis fünf Jahren mit den ersten niedersächsischen Wolfswelpen. „Hier haben die Tiere hervorragende Lebensbedingungen“, sagt der LJN-Chef. Er war kürzlich in der Lausitz, um sich kundig zu machen. Die Faszination ist ihm noch immer anzumerken. „Vergleicht man den Lebensraum der Wölfe in der Muskauer Heide mit denen auf unseren großen Truppenübungsplätzen, so liegt dieser Schluss nahe“, erläutert Dammann-Tamke.
“Er ist hier heimisch gewesen, nichts spricht gegen eine Rückbesiedelung“, sagt Dammann-Tanke. Nur die Mufflons hätten schlechte Karten, wenn die Wölfe wiederkommen, das haben die Erfahrungen in der Lausitz gezeigt. Für den Menschen sei das Raubtier nicht gefährlich: „Gesunde Wölfe haben sehr, sehr großen Respekt vor dem Menschen.“ Und so bereiten sich die niedersächsischen Jäger vor - nicht indem sie ihre Büchsen ölen, sondern als Naturschützer.
Künftig soll ein vom LJN bezahlter Biologe als Wolfsberater die Rückkehr der grauen Jäger begleiten. Außerdem soll in Zusammenarbeit mit den Landesforsten ein „Informationszentrum Wolf“ in Ehrhorn (Forstamt Sellhorn) entstehen, kündigt Dammann-Tamke an. Es gebe bereits rund 40 ehrenamtliche Wolfsberater in Niedersachsen.
Selbst die Schafzüchter wollen sich der Rückkehr des Wolfes nicht in den Weg stellen, erwarten aber mehr finanzielle Unterstützung. „Nicht nur die gerissenen Schafe müssen ersetzt werden, sondern auch die Folgeschäden“, fordert Carl Lauenstein, Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL). Bislang werde von den Behörden in Niedersachsen nur der reine Schlachtwert gerissener Tiere gezahlt. „Auch bei einem Ausbruch der Schafe, wenn der Wolf in die Herde geht, müssen die entstehenden Schäden ersetzt werden“, verlangt Lauenstein. Außerdem seien Mittel für spezielle Herdenschutzhunde und höhere Zäune wünschenswert.
Der Naturschutzbund NABU unterstützt die Forderung der Tierhalter nach unkomplizierter und wenig bürokratischer Hilfe. Das NABU-Projekt „Willkommen Wolf“ soll umfassend auch im Internet informieren. „Der Wolf ist als Rückkehrer in sein ehemaliges Verbreitungsgebiet ein natürlicher Bestandteil unserer Ökosysteme“, heißt es dort.
+++ Der Wolf +++
Das Umweltministerium in Hannover arbeitet derzeit mit Naturschützern, Jägern und Landwirten an einem Schutzkonzept. „Naturschutz braucht Verbündete, dies gilt in ganz besonderem Maß für den Wolf. Deshalb freue ich mich aufrichtig, dass sich auch die Landesjägerschaft Niedersachsen positiv zur Rückkehr des Wolfes stellt“, sagt Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Es sieht gut aus für den Wolf auf seinem Weg zurück nach Niedersachsen.