Anfang 2008 verschwanden zwei Wölfe spurlos aus der Lübtheener Heide. Nun stehen Jäger im Verdacht, die Tiere illegal geschossen zu haben.

Schwerin. Zwei Wölfe sind in Mecklenburg-Vorpommern unter mysteriösen Umständen verschwunden. „Ich bin sicher, dass wir schon Jungtiere hätten, wenn die beiden Tiere noch da wären", sagt der Forstwissenschaftler Norman Stier, verantwortlich für die Überwachung des Bestandes – das Wolfsmonitoring – im Land. Ein Rüde und ein Weibchen waren seit Anfang 2007 in der Lübtheener Heide (Kreis Ludwigslust) unterwegs und verschwanden Anfang 2008 spurlos. Gerüchtehalber sollen Jäger die beiden Tiere geschossen haben – illegal, denn der Wolf ist streng geschützt. Derartiges kommt vor: Erst Ende November wurde in Niedersachsen ein Jäger zu 1000 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er 2007 einen Wolf getötet hatte.

Der Landesjagdverband räumt ein, dass mancher Weidmann dem Wolf reserviert gegenübersteht, weil er befürchtet, dass der Wildbestand im Revier rapide abnehmen könnte. Allerdings habe der Verband eine positive Grundhaltung: „Der Wolf ist uns willkommen“, betont Präsidiumsmitglied Jürgen Krüger. Die große Mehrheit der Jäger sehe das Raubtier auch als Bereicherung. Zum Fall Lübtheen äußert sich Krüger vorsichtig. „Wölfe wandern weit, Wölfe kommen und gehen“, sagt er. Vorwürfen baut er vor: „Es ist unerfreulich – wenn ein Wolf verschwindet, dann waren's die Jäger.“

Agrarminister Till Backhaus (SPD) hat in Schwerin die Grundzüge eines Managementplans zum Umgang mit dem Wolf vorgestellt, von dem einzelne Exemplare oder Spuren seit 2006 wiederholt im Land gesichtet wurden. Auch einige Schafe sind dem streng geschützten Tier schon zum Opfer gefallen. Der Plan sieht unter anderem Zuschüsse für Schäfer vor, die ihre Herden mit speziellen Zäunen, Ställen oder Hunden schützen wollen. Sollte ein Wolf ein Nutztier reißen, gibt es Entschädigung. Im Landeshaushalt sind für Vorbeugemaßnahmen und mögliche Entschädigungen 150 000 Euro eingeplant.

Der Jagdverband habe eigene Vorschläge bei der Erarbeitung des Wolf-Managementplans eingebracht, sagt Krüger. „In Sachsen wurden die Jäger ausgesperrt, das war ein Fehler“, betont er. Vertrauenspersonen sollen ausgebildet werden, um Jäger zu beraten, die meinen, ein Wolf sei in ihrem Revier. „Der Umgang mit dem Wolf muss versachlicht werden“, fordert Krüger. Mancher leide immer noch am „Rotkäppchen-Syndrom“. Entschädigungen für Jäger für vom Wolf gerissenes Wild sieht der Managementplan indes nicht vor, denn Wild gilt als herrenlos, bis es geschossen ist.

Norman Stier zufolge braucht ein Wolf täglich vier Kilogramm Fleisch. „Ein Rudel von acht bis zehn Tieren frisst schon was“, sagt er, fügt aber hinzu, dass dies auf einer Fläche von etwa 300 Quadratkilometern geschehe. Rehe und andere Beutetiere werden schreckhafter, wenn ein Großraubtier anwesend ist. Allerdings, meint Stier, fügen Jäger, die gegen den Wolf vorgehen, der ganzen Jägerschaft einen großen Image-Schaden zu. „Der Bürger sieht das sehr kritisch." Und dass ganze Wolfsrudel unterwegs wären - davon sei Mecklenburg-Vorpommern noch weit entfernt. Als gesichert gelten derzeit zwei Tiere in der Ueckermünder Heide an der Grenze zu Polen, ein neuer Wolf seit März 2008 in der Lübtheener Heide sowie zwei Tiere, die zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg hin- und herwechseln. Bundesweit, so schätzen Experten, gibt es in freier Wildbahn inzwischen wieder etwa 35 Wölfe.