Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern will festlegen, was Kinder vom Windelalter an zu lernen haben.

Schwerin. Für die Betreuung null- bis zehnjähriger Kinder in Mecklenburg-Vorpommern wird es künftig eine verbindliche Bildungskonzeption geben. Darin ist festgelegt, welche Fertigkeiten die Kinder in Bewegung und Sprache, im Denken und im Sozialverhalten bis zu einem bestimmten Alter haben sollen. Die Konzeption werde in das neue Kita-Gesetz aufgenommen und nach dessen Verabschiedung zum neuen Schuljahr eingeführt, sagte Bildungsminister Henry Tesch (CDU) am Montag in Schwerin. An der Erarbeitung des „Lehrplans“ waren neben dem Bildungs- und dem Sozialministerium auch Hochschulen, Wohlfahrtsverbände, Kommunen, Kitas und Grundschulen beteiligt.

Bislang galt in Mecklenburg-Vorpommern lediglich für die letzten zehn Monate vor der Einschulung ein Rahmenplan für die Kitas. Jetzt werden die Bildungsziele von Anfang an, also schon für die Krippen, geregelt. Demnach soll etwa ein zwölf Monate altes Kind mit geradem Rücken sitzen, kleine Gegenstände mit Zeigefinger und Daumen halten und längere Silbenketten wie „ba-ba-ba-ba“ sagen können. Ein Dreijähriger soll von der untersten Treppenstufe hüpfen können, ein Vierjähriger das Dreiradfahren beherrschen. Die Entwicklungsfortschritte sollen die Erzieherinnen in einem „Portfolio“ festhalten und mit den Eltern besprechen.

„Wenn wir nicht für alle diese ersten Lebensjahre gestalten, ist das später kaum aufzuholen“, sagte Tesch. Sollten Kinder die Ziele nicht erreichen, sei aber keine „Nachhilfe“, sondern „individuelle Förderung“ vorgesehen, stellte Birgit Mett, Referatsleiterin für frühkindliche Bildung, klar. Es gehe darum, neue Forschungsergebnisse etwa zur Hirnentwicklung oder zu emotionalen Bindungen zu berücksichtigen. Dies sei bei der Erarbeitung der Konzeption gelungen. „Das ist wirklich ein herausragendes Ergebnis“, zeigte sich Tesch zufrieden. Inzwischen stelle in Deutschland auch niemand mehr infrage, dass Bildungsziele schon vom Babyalter an definiert werden müssten.

Für die frühkindliche Bildung gibt das Land künftig fünf Millionen Euro jährlich aus. Davon soll rund eine Million in die Weiterbildung der Erzieherinnen gesteckt werden. Auch die Bildungskonzeption soll weiterentwickelt werden. Zu Forderungen aus der SPD, weitere sieben Millionen Euro jährlich aus den Etats der Ministerien herauszunehmen und in die Kinderbetreuung zu stecken, zeigte sich Tesch skeptisch. „Warum soll ich im Bildungsbereich etwas wegnehmen, um etwas für den Bildungsbereich zu generieren?“ Es werde leichter sein, wenn sich die Koalition zunächst auf ein Ziel einige und dann versuche, das Geld dafür aufzubringen. Tesch geht davon aus, dass das Ziel ein besserer Personalschlüssel an den Kitas sein wird.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte unterdessen einen Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion für mehr Personal in der Kinderbetreuung. Im Krippenbereich sollte demnach eine Erzieherin für nur vier Kinder, im Kindergartenbereich für nur acht Kinder zuständig sein. „Diese Forderung vertritt die GEW bereits seit Jahren“, erklärte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Annett Lindner. Auch die Landesregierung sollte sich dafür einsetzen. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Personalschlüssel derzeit bei 1:6 in Krippen und 1:18 in Kitas. Dabei werden allerdings nur Fachkräfte berücksichtigt.