Die Opposition in Hannover fordert Wulff zum frühzeitigen Rücktritt auf: “Er müsste wissen, dass es nun kein Zurück mehr gibt.“
Hannover. Die Oppositionsparteien im niedersächsischen Landtag haben Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) aufgefordert, als Regierungschef deutlich vor der Wahl des neuen Bundespräsidenten zurückzutreten. SPD-Oppositionsführer Wolfgang Jüttner sagte gestern in Hannover: "Augenscheinlich bekommt Herr Wulff angesichts des Zuspruchs für den Gegenkandidaten Joachim Gauck kalte Füße. Er müsste aber wissen, dass es nun kein Zurück mehr gibt."
Die CDU-Fraktion hat gestern bei einer Fraktionssitzung den bisherigen Fraktionschef David McAllister einstimmig als ihren Kandidaten für die Nachfolge des niedersächsischen Ministerpräsidenten für den Fall nominiert, dass Wulff am 30. Juni zum Bundespräsidenten gewählt wird. Diese Wahl soll dann schon am 1. Juli erfolgen. Neuer Fraktionschef soll der Abgeordnete Björn Thümler werden.
+++ Die Kandidaten: Der Polit-Profi und der Pfarrer +++
Am Rande der Fraktionssitzung sagte Wulff zu Fragen nach seinem Verbleib im Amt des Ministerpräsidenten im Falle einer Niederlage in der Bundesversammlung: "Man kann schon einiges daraus ablesen, dass ich allenfalls dann als Ministerpräsident zurücktrete, wenn ich als Bundespräsident gewählt werde." Er begründete seinen Nichtrücktritt auch mit dem gebotenen Respekt vor der Bundesversammlung: "Ich möchte jeden Eindruck vermeiden, dass man das Ergebnis der Bundesversammlung vorwegnähme."
Dazu sagte SPD-Fraktionschef Jüttner, Wulff gehe es nur um eine "Reiserücktrittsversicherung", in Wirklichkeit schade er mit seinem Lavieren dem Amt des Bundespräsidenten: "Am 30. Juni endet Wulffs Amtszeit als Ministerpräsident, entweder er wird Bundespräsident oder er wird gar nichts." Alles andere sei politisch nicht vermittelbar.
Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel forderte Wulff auf, noch während der heute beginnenden Plenartagung des Landtags zurückzutreten: "Die Vorgaben der Verfassung und die Erwartungen der Bürger lassen nur die frühzeitige Aufgabe von Amt und Mandat in Niedersachsen zu."
Die Staatskanzlei hatte bereits am Freitag einen vorläufigen Zeitplan für den Übergang vorgelegt. Der sieht vor, dass Wulff nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten auf alle anderen Ämter verzichtet und erst danach die Wahl annimmt. Grünen-Fraktionschef Wenzel aber warnte gestern, der Ministerpräsident müsse deutlich vor der Wahl durch die Bundesversammlung zurücktreten: "Sonst würde die neue Amtszeit womöglich mit einem Verfassungsbruch beginnen." Zudem mache es ein frühzeitiger Rückzug von Wulff überflüssig, den Landtag mitten in den Ferien einberufen zu müssen.
Auch Manfred Sohn, Fraktionschef der Linken, kritisierte die Mehrfachabsicherung des Ministerpräsidenten. Er schlug vor, Wulff solle jetzt zurücktreten. "Wenn er den Job nicht kriegt, kann er sich ja erneut zum Ministerpräsidenten wählen lassen, CDU und FDP würden ihn wieder nehmen."