Überraschend wird die Hamburgerin Aygül Özkan Familienministerin. Die Opposition reagiert empört auf die neue Agrarministerin.
Hannover. Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) war anzusehen, dass er die Überraschung genoss. Viele Wochen lang ist über die anstehende Kabinettsreform spekuliert worden. Mit der Berufung der 38-jährigen Hamburgerin und Muslimin Aygül Özkan zur neuen Sozialministerin aber hatte niemand gerechnet.
Das gilt auch für die Berufung der 59-jährigen Johanna Wanka zur Wissenschaftsministerin. Sie ist CDU-Landesvorsitzende in Brandenburg, hat dort neun Jahre lang das Wissenschaftsministerium geleitet, bringt also einschlägige Erfahrungen mit. Ihr Ruf ist so gut, dass SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner sie als "ausgewiesene Wissenschaftsexpertin" lobte und auf neuen Schwung im Ministerium hofft.
Ganz anders aber stehen die Oppositionsparteien zur dritten ins Kabinett berufenen Frau. Die 45-jährige Astrid Grotelüschen ist erst seit dem vergangenen Jahr Bundestagsabgeordnete. Was die Opposition besonders aufbringt: Der Familie der neuen Agrarministerin gehört eine große Mastputen-Farm. Grünen-Fraktionschef nannte die Ernennung deshalb niederschmetternd, er fürchtet eine Fortsetzung der Lobbypolitik für "Großagrarier und Hühnerbarone". Vermutung der Opposition: Die neue Landwirtschaftsministerin verdankt ihren Job der Tatsache, dass sie in der Region Oldenburg beheimatet ist, die nun mal Anspruch hat, im Kabinett in Hannover prominent vertreten zu sein. Vierte und letzte Neubesetzung ist Bernd Althusmann. Der bisherige Staatssekretär im Kultusministerium rückt auf zum Minister.
So sehr Wulff aber mit der Berufung von drei Frauen überraschte, so vorhersehbar waren die vier Minister, die dafür ihren Stuhl räumen mussten. Die bisherige Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann war am Ende nicht einmal in der eigenen Fraktion noch unumstritten. Landesweit häuften sich Proteste wegen Unterrichtsausfall, es drohte ein Volksbegehren gegen das Turbo-Abi, durch die anstehende Gründung neuer Gesamtschulen wird es für die CDU-FDP-Landesregierung immer schwieriger, die Hauptschule als eigenständige Schulform zu sichern in Zeiten rückläufiger Schülerzahlen. Angesichts leerer Landeskassen ist aber offen, ob Nachfolger Althusmann hier die Mittel bekommt, durch bessere Unterrichtsversorgung zu punkten.
Die gleiche Frage stellt sich aber auch für die neue Wissenschaftsministerin Wanka aus Brandenburg. Ihr Vorgänger Lutz Stratmann galt nicht eben als durchsetzungsstark, aber er hatte es auch nicht leicht, musste in den vergangenen Jahren viel Mangelverwaltung betreiben, weil Hochschulpolitik keinen hohen Stellenwert in der Landesregierung hatte.
Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) war nicht amtsmüde, musste aber letztlich wohl gehen, weil sie eher geräuschlos als wählerwirksam agierte. Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) wäre ebenfalls gerne im Amt geblieben, ist aber gesundheitlich stark angeschlagen. Die Opposition reagierte gestern enttäuscht darauf, dass Umweltminister Hans-Heinrich Sander, obwohl inzwischen 65 Jahre alt, nicht gleich mit aufs Altenteil geschickt worden ist. Sander eckt gerne an, aber wie üblich entscheidet die FDP allein über ihre Kabinettsmitglieder.