Einige Christdemokraten flirten bereits mit den Grünen und dem SSW. SPD will jetzt Aufholjagd starten, um Schwarz-Gelb zu verhindern.
Kiel. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) schwächelt auf der Zielgeraden. Seine Wunschkoalition mit der FDP kommt in einer Umfrage gut drei Wochen vor der Landtagswahl auf nur noch 49 Prozent (minus zwei Punkte im Vergleich zur Juli-Umfrage). Im Vergleich zur Psephos-Umfrage im Abendblatt-Auftrag vom Juli verliert die CDU sogar sechs Prozentpunkte. SPD, Grüne, SSW und Linkspartei liegen jetzt mit zusammen 48 Prozent (plus zwei) schon fast gleichauf. Am Wahlabend droht damit ein Patt, das eine Regierung aus drei Parteien erfordern könnte.
Die CDU machte gute Miene zu den schlechten Umfragewerten, die das Institut Infratest dimap im Auftrag des NDR ermittelte. "Wir werden mit einem sachbezogenen Wahlkampf die Zustimmung für die CDU weiter erhöhen", sagte Landesgeschäftsführer Daniel Günther. Die Menschen in Schleswig-Holstein seien für eine bürgerliche Koalition und gegen rot-rote Experimente.
Fakt ist, dass Carstensen nach dem Bruch der Großen Koalition im Juli wie der sichere Sieger der Landtagswahl am 27. September aussah und heute zittern muss. Seine CDU schrumpfte auf 33 Prozent (minus drei Punkte) und damit auf den schlechtesten Wert seit fast zehn Jahren. Solche Verluste kann die FDP selbst mit 16 Prozent (plus eins) nicht wettmachen.
Carstensen musste auch persönlich Federn lassen. Der Ministerpräsident liegt zwar im Direktvergleich mit SPD-Chef Ralf Stegner klar vorn (48 zu 27 Prozent). Der Abstand zwischen Amtsinhaber und Herausforderer wird aber kleiner. Carstensen verlor seit Juli drei Prozentpunkte, Stegner legte acht zu. Damit nicht genug: Mit Carstensens Arbeit sind gerade mal 44 Prozent zufrieden. Das reicht auf der Hitliste der Landespolitiker nur noch für Platz zwei. Neuer Spitzenreiter ist FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki.
"Die Aufholjagd hat begonnen", sagte SPD-Landesgeschäftsführer Christian Kröning. Fakt ist aber, dass die SPD nicht zulegen konnte und nur 27 Prozent der Wähler mit Stegners Arbeit zufrieden sind. Damit landet er auf Platz vier - noch hinter Anke Spoorendonk (SSW).
FDP, Grüne, Linkspartei und mit Abstrichen der SSW waren mit ihren Ergebnissen zufrieden. Im Landeshaus heizte die Umfrage die Spekulationen darüber an, wie es im Fall eines Wahlpatts weitergeht. Klar ist, dass Carstensen in Vorhand ist. CDU und FDP flirten bereits mit den Grünen, um notfalls eine Jamaika-Koalition zu schmieden. Die Öko-Partei ziert sich, auch um ihre rot-grünes Klientel nicht zu verprellen. Ein No go der Grünen gibt es aber nicht.
Carstensens zweite Wahl dürfte der SSW sein, für den die Fünf-Prozent-Klausel nicht gilt. Die Partei der dänischen Minderheit blinkt zwar links, könnte aber rechts abbiegen, wenn Kernforderungen wie eine stärkere Förderung von Minderheiten, sozialen Randgruppen und ein Schwenk hin zu Gemeinschaftsschulen erfüllt werden. Einige CDU-Spitzenpolitiker umgarnen den SSW bereits.
Stegner kann unterdessen nur hoffen, dass die SPD kräftig zulegt. Für eine Dänen-Ampel aus SPD, Grünen und SSW reicht es bisher bei Weitem nicht (41 Prozent). Die FDP hat abgewinkt. Damit bliebe Stegner nur die Linkspartei. Sie ist zerstritten. Der eine Flügel will auf die Oppositionsbänke, der andere kann sich vorstellen, eine SPD-geführte Regierung zu tolerieren.