Es trifft mehr als 1000 Lehrerstellen. Carstensen (CDU) und Stegner (SPD) einigen sich auf Schuldenbremse.
Kiel. Die CDU/SPD-Regierung hat das größte Sparpaket in der Geschichte Schleswig-Holsteins geschnürt und ihre Koalitionskrise damit vorerst beigelegt. CDU und SPD einigten sich gestern in Kiel nach zähen Verhandlungen auf den Abbau von 4800 Landesjobs bis 2020, eine strenge Schuldenregelung und einen Stopp beim Ausbau der Kostenlos-Kita.
"Die Große Koalition hat die wohl wichtigste Entscheidung der letzten Jahre getroffen", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Er hatte die radikalen Sparvorschläge gemacht und sie gegen SPD-Chef Ralf Stegner weitgehend durchsetzen können. Zur Einsicht war Stegner erst gekommen, als er von eigenen Genossen davor gewarnt wurde, die Koalition aufs Spiel zu setzen und Neuwahlen zu riskieren.
Stegner räumte seine Niederlage am Sonntag nach dem zweiten Krisengipfel indirekt ein. "Die SPD hat einen großen Schritt getan, um eine Einigung herbeizuführen." Punkten konnte die CDU insbesondere beim Personalabbau. Bis 2015 sollen 2700 der 56 000 Stellen im Landesdienst wegfallen. Die Schulen müssen wie bereits beschlossen 1027 Lehrerstellen wegen des erwarteten Schülerschwunds abbauen und zudem in der Verwaltung 200 Stellen streichen. Als Sparidee nannte Carstensen, die Zahl der Schulräte zu senken und Schulbürokratie abzubauen. Konkrete Streichvorschläge soll das Schulministerium bis zum 3. Juli vorlegen.
Gefordert sind auch alle anderen Ressorts. In den Landesbehörden sollen insgesamt 1100 Stellen wegfallen. Hinzu kommen Einschnitte in die drei großen Verwaltungen der Polizei (150 Stellen), der Justiz (141) und der Finanzämter (155). Nach 2015 kommt ein weiterer Einschnitt. Bis 2020 will das Land wie schon vereinbart weitere rund 2000 Lehrer einsparen.
Der Aderlass soll sozialverträglich erfolgen. Betriebsbedingte Kündigungen schlossen Carstensen und Stegner mit dem Hinweis aus, dass in den nächsten Jahren mehrere Tausend Landesdiener in Pension gehen. CDU und SPD beschlossen zudem, beim Finanzministerium einen Personalpool einzurichten. Über ihn sollen Beschäftigte, deren Arbeitsplatz wegfällt, einen anderen Job beim Land erhalten.
Der Personalabbau soll etwa 300 Millionen Euro sparen und ist laut Carstensen nötig, um die vom Bund verabschiedete Schuldenbremse einzuhalten. Nach dieser Regelung muss Schleswig-Holstein sein strukturelles Defizit (Neuverschuldung) von rund 600 Millionen Euro ab 2011 jährlich um zehn Prozent senken und darf 2020 nur noch so viel ausgeben wie einnehmen.
"Wir werden ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen", jubelte Carstensen. Stegner biss die Zähne zusammen. Er hatte zunächst für eine "Schuldenbremse light" gekämpft, mit der Schleswig-Holstein aus dem Bundeschor ausgeschert wäre. Mit dem Koalitionsdeal wurden auch die Pläne des Landtags beerdigt, gegen die Schuldenbremse vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Zu den Akten legte die Regierungskoalition auch ihren Stufenplan zur Einführung der Kostenlos-Kita. Das Land könne es sich nicht erlauben, ab 2011 das zweite Kita-Jahr und ab 2013 das erste Jahr gebührenfrei anzubieten, sagte Carstensen. Unangetastet blieb der Einstieg in die Kostenlos-Kita. Ab Sommer müssen Eltern für das dritte Kita-Jahr nichts mehr bezahlen.
Stegner kommt diese Niederlage nicht ungelegen. Er kündigte sofort an, dass die SPD mit der Forderung nach kostenlosen Bildungsangeboten von der Kita bis zur Hochschule bei der Landtagswahl im Mai 2010 punkten wolle. Klar ist, dass Stegner ein anderes Problem bekommt. Er muss den Gewerkschaften erklären, warum die SPD beim Personalabbau mitzieht. Eine Garantie, dass die Kieler Koalition künftig krisenfrei regiert, wollte Carstensen nicht abgeben. "Ich kann nicht sagen, was in nächster Zeit an Tsunamis kommt."