Die Strafgefangenen in Schleswig-Holstein müssen die Zähne zusammenbeißen. Sie sollen an den Kosten beteiligt werden.
Kiel. Die Strafgefangenen in Schleswig-Holstein müssen die Zähne zusammenbeißen. Nach dem Willen des Landesrechnungshofs (LRH) sollen die mehr als 1400 Häftlinge künftig an ihren Gesundheitskosten beteiligt werden, etwa teuren Zahnersatz mitbezahlen. "In den Gefängnissen sitzen nicht nur Hartz-IV-Empfänger", sagte LRH-Präsident Aloys Altmann. Bisher ist die Gesundheitsfürsorge im Gefängnis gratis.
Der Sparvorschlag geht auf eine Gefängniskontrolle des Rechnungshofes zurück. Bei ihr war festgestellt worden, dass viele Häftlinge ihr Gebiss auf Landeskosten sanieren und sich etwa teure Spezial-Shampoos verordnen ließen. Insgesamt gibt das Land rund zwei Millionen Euro im Jahr für die Gesundheit der Gefangenen aus. Eine Kostendämpfung sei einfach, meinte Altmann. Die Gefängnisregelung sei ein Landesgesetz.
Der Landesrechnungshof erinnerte an mehr als ein Dutzend weiterer Sparvorschläge, die CDU und FDP umgehend umsetzen könnten. Die Regierungskoalition will Ende Mai das größte Sparpaket in der Geschichte des Landes schnüren und es spätestens im Juli vorstellen. Zu der beispiellosen Sanierungsaktion wird das Land durch die Schuldenbremse gezwungen. Sie verpflichtet Schleswig-Holstein, sein Haushaltsdefizit von 1,25 Milliarden Euro bis 2020 auf null zu reduzieren.
Klar ist bereits, dass CDU und FDP ab 2011 rund 5600 Stellen im Landesdienst - jeden zehnten Job - streichen wollen. Als sicher gilt, dass das kostenlose dritte Kita-Jahr wegfällt und das Landesblindengeld gekürzt wird. Altmann geht davon aus, dass CDU und FDP zudem "viele Punkte" aus dem LRH-Katalog aufgreifen. "Wir müssen sparen, bis es quietscht", so Altmann.
Handlungsbedarf sieht der Rechnungshof etwa beim Kieler Flughafen. Der Provinz-Airport, auf dem seit 2006 kein Linienflieger mehr gelandet ist, kostet das Land als Mitbetreiber gut 650 000 Euro im Jahr. Altmann forderte, die Airport-Anteile zu verkaufen. Versilbern will er auch die Landesbeteiligung an der Traditionsbahn AKN. "Es macht keinen Sinn, diesen Klotz am Bein durchzutragen." Als möglichen Käufer für die defizitäre AKN nannte er die Hamburger Hochbahn.
Im Visier hat der Landesrechnungshof auch die Polizei. Altmann bekannte sich erneut dazu, das Pensionsalter (bisher 60 Jahre) anzuheben, und forderte zudem die Auflösung kleiner Polizeistationen. Die Dorf-Sheriffs sollen in größere Reviere (mindestens 30 Beamte) umziehen. Auflösen will der LRH das Polizeiorchester. Die Bigband (26 Musiker) kostet den Steuerzahler jährlich mehr als eine Million Euro.
Altmann stellte klar, dass es keine Tabus geben dürfe, und nannte ausdrücklich die Kreisgebietsreform. Er forderte zudem einen Stopp des Radwegebaus außerhalb von Städten. Das Land baue seit Jahren am Bedarf vorbei, habe so seit 2000 rund 126 Millionen Euro für 666 Kilometer Radwege ausgegeben.
Verantwortlich für diesen Bau-Boom waren oftmals Landespolitiker. Sie ließen sich in ihren Wahlkreisen für jeden Kilometer Radweg feiern. Altmann appellierte insbesondere an die Landtagsabgeordneten: "Was wir brauchen, sind Politiker, die mutig zu Einschnitten stehen und sich auch von Protesten nicht vom Pfad der Tugend abbringen lassen." Die Opposition will die Sparvorschläge des LRH prüfen, CDU und FDP jubelten auf ganzer Linie. Das dickste Lob bekam Altmann von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Er nannte die LRH-Vorschläge "den richtigen Anstoß zur richtigen Zeit".