Erst am Dienstag waren zwei Tornados durch Neumünster und Großsolt gezogen. Doch wer glaubte, dass sich das Wetter im Norden jetzt beruhigt, hat sich geirrt. Es bleibt stürmisch und in den kommenden Stunden droht eine neue Schlechtwetterfront. An der Ostseeküste kann der Wind in der kommenden Nacht sogar Orkanstärke erreichen - Wirbelsturmwetter.

Hamburg. Zur Erinnerung: Es ist Juni, wir stehen kurz vor dem offiziellen Beginn des Sommers. So steht es jedenfalls im Kalender. Aber so verheißungsvoll das auch klingt, so enttäuschend ist die Wirklichkeit. Schafskälte, Starkregen und Wirbelstürme: Diesen Juni haben sich viele wohl anders vorgestellt. Und das Wetter soll schlecht bleiben. Heute dominieren in Schleswig-Holstein und Hamburg dunkie Regenwolken, bei ungemütlichen 12 Grad und Sturmböen. In der Nacht muss an der Ostseeküste sogar mit Orkanböen gerechnet werden - erneut Wirbelsturmwetter.

Erst am Dienstagabend war ein Tornado durch Großsolt (Kreis Schleswig-Flensburg) gezogen. Menschen wurden nicht verletzt, aber insgesamt elf Häuser schwer in Mitleidenschaft gezogen und viele Dächer abgedeckt. Die Feuerwehr schätzte den Schaden auf mehrere hunderttausend Euro. Glimpflicher verlief das Unwetter in Neumünster: Gegen 19.30 Uhr wirbelte dort eine Windhose, wie ein Tornado auch genannt wird, durch den Stadtteil Gartenstadt, knickte etwa zehn Bäume um und beschädigte das Dach eines Pferdestalls.

Feuerwehr-Einsatzleiter Erich Lassen sagte, in Großsolt habe es zunächst ein kleines Gewitter gegeben. Anschließend sei die Windhose in einer Breite von rund 500 Metern drei Kilometer weit über den Ort gezogen. „Man sah sie ankommen wie ein Turm“, sagte er. Ein Strommast sei abgeknickt, die Leitung gerissen. Anschließend habe es einen riesengroßen Blitz gegeben. Das Unwetter habe nur rund zehn Minuten gedauert. „Bei einem Haus wurde das Dach komplett angehoben, bei einem anderen eine Wand schwer beschädigt“, sagte der Einsatzleiter. Von einem Haus zog die Windhose ein etwa 150 Kilogramm schweres Trampolin mit sich, von dem zunächst nur Stangen wiedergefunden werden konnten.

In dem Ort knickten zudem mehrere bis zu 100 Jahre alte Bäume mit bis zu 60 Zentimetern Stammdurchmesser wie Streichhölzer um. „Eine komplette Baumkrone war vom Stamm abgedreht worden und auf eine Stromleitung geflogen. Die mussten wir mit einem Kran herunterheben“, sagte Lassen. Insgesamt waren rund 50 Feuerwehrleute im Einsatz. Gemeinsam mit drei Dachdeckerfirmen deckten sie beschädigte Dächer provisorisch mit Planen ab. Die Dachdecker waren bis Mitternacht im Einsatz. Am Mittwoch liefen in der Gemeinde Reparatur- und Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Freunde und Verwandte von Betroffenen kamen in das 2000-Einwohner-Dorf, um zu helfen.

In Neumünster hatten die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei die Straßen bis 21 Uhr bereits wieder freigeräumt. Auch hier wurde niemand verletzt. Im Zusammenhang mit Sommergewittern sind Windhosen nach Angaben des Meteorologen Günther Fleischhauer vom Deutschen Wetterdienst (DWD) im Norden nicht ungewöhnlich. Das Phänomen werde von großen Druckunterschiede verursacht, trete plötzlich und nur kurzzeitig am Rand von Gewitterzonen auf – anders als die über größere Strecken wandernden Tornados in den USA. Eine Vorhersage sei daher praktisch unmöglich, betonte Fleischhauer.

Das Wetter bleibt stürmisch: Heute dominieren in Hamburg und Schleswig-Holstein die Wolken. Im Norden fällt schauerartiger, teilweise starker und vereinzelt auch gewittriger Regen. Der Wind weht zunächst frisch aus Nordost, am Nachmittag dreht er auf Nordwest und weht zeitweise stark, in Böen mitunter stürmisch. Die Temperaturen erreichen lediglich 12 bis 16 Grad. Am Freitag zeigt sich die Sonne nur gelegentlich, es gehen ein paar Schauer nieder. Der Wind weht stark, in Böen auch stürmisch aus Nordwest. In der kommenden Nacht sind im Ostseeküstenbereich orkanartige Böen möglich.