Köthels Bürgermeister Timm Peters stellt Strafanzeige. Dahmetal-Chef: “Mädchen wollte aussteigen.“ Haben Sie schon einmal ähnliche Erfahrungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln gemacht? Schreiben Sie uns hier Ihre Erfahrungen.

Hamfelde/Köthel. Julia wird den Tag nach ihrem neunten Geburtstag nicht vergessen. Ein Busfahrer hat sie vor die Tür gesetzt - mitten im Wald, mitten in der Hahnheide. "Wir sind unendlich froh, dass Julia nichts passiert ist", sagt die Mutter.

Jetzt liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft Lübeck. Der Bürgermeister im lauenburgischen Köthel hat gegen das Busunternehmen Dahmetal Strafanzeige wegen Aussetzung einer Schutzbefohlenen gestellt. Der Fall ereignete sich bereits am 28. Oktober.

Julia steigt an jenem Tag wie gewohnt am Trittauer Schulzentrum in den Bus der Linie 564 ein. Der fährt bis Hamfelde, wo sie umsteigen muss, um nach Basthorst zu gelangen. Dort wohnen ihre Eltern seit einem Jahr. Weil die Landesstraße 220 zwischen Koberg und Mühlenrade komplett gesperrt ist, hat das Busunternehmen zwei Busse eingesetzt: Einer fährt über Hamfelde/Lauenburg eine Umleitungsstrecke nach Nusse, der andere über Hamfelde/Stormarn nach Mühlenrade.

Für Julia ist nicht erkennbar, welcher Bus welche Strecke nimmt. Sie steigt in den falschen ein. Als sie den Irrtum bemerkt, ruft sie vom Handy aus ihre Mutter an. Die beruhigt die Neunjährige und sagt, sie solle den Busfahrer fragen, wohin er fahre. "Dort wollte ich meine Tochter dann abholen", sagt Gabriele Grebien. Die 47-Jährige sitzt bereits im Auto, als das Handy wieder klingelt. Weinend erzählt ihr Julia, der Busfahrer habe sie mitten im Wald aussteigen lassen. "Dann musst du wohl zu Fuß nach Hause gehen", habe er zu ihr gesagt. Die Neunjährige kann in der Aufregung nur schwer erklären, wo sie sich befindet. Gabriele Grebien bekommt Angst. Die Nerven drohen mit ihr durchzugehen, als plötzlich eine Männerstimme durch das Handy ihrer Tochter mit ihr spricht und ihr erklärt, er werde Julia die gut einen Kilometer lange Strecke bis zum Feuerwehrgerätehaus in Hamfelde begleiten. "Ich konnte nicht mehr klar denken. Aber was sollte ich machen: Der hatte meine Tochter und nicht ich", sagt die 47-Jährige. Doch es wird alles gut. Kurze Zeit später kann sie ihre Tochter in die Arme schließen und sich bei dem hilfsbereiten Mann bedanken.

Timm Peters, der Bürgermeister von Köthel, ist entsetzt. Er sagt: "Unfassbar, dass man ein neunjähriges Mädchen allein im Wald zwischen Hamfelde und Köthel stehen lässt. Wir können froh sein, dass nichts passiert ist." Beim Bürgermeister häufen sich seit einem Jahr die Beschwerden über das Busunternehmen Dahmetal, das im Auftrag der Autokraft die Schüler befördert. Der "Fall Julia" bringt das Maß zum Überlaufen. Peters stellt Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Lübeck.

Bei der Firma Dahmetal weiß man von der Strafanzeige nichts. Geschäftsführer Rembert Mölders hat allerdings von dem Vorfall mit dem Mädchen gehört, sogar noch am selben Tag. "Der Busfahrer hat gesagt, er habe einen schweren Fehler gemacht", sagt Mölders. Der Fahrer habe allerdings berichtet, dass das Mädchen ihn angefleht habe, es dort aussteigen zu lassen. Mölders: "Er hat ganz klar gegen jede Anweisung verstoßen und ist abgemahnt worden."

Der Kreis Stormarn will den Vorfall so schnell wie möglich aufklären.