Elf Tage, nachdem die 18-jährige Jenny Böken von Bord des Segelschulschiffs stürzte, gibt es traurige Gewissheit.

Geilenkirchen/Kiel. Die entsetzliche Wahrheit traf Jennys Eltern gestern Morgen mit aller Brutalität: Ihr Kind ist tot. Seeleute zogen die Leiche der 18-Jährigen am Montag aus der Nordsee. Die nach eigenen Angaben gottgläubigen Eltern hatten bis zuletzt unerschütterlich gehofft und gebetet - als sie vor elf Tagen erfuhren, dass Jenny von der "Gorch Fock" ins Meer gestürzt war, als die Marine nach ihr suchte, und selbst noch, als die Suche eingestellt wurde. Gestern wurde diese Hoffnung erstickt. Korvettenkapitän Jan Ströhmer überbrachte die Todesnachricht persönlich.

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Die 18-Jährige ertrank nach Angaben der Kieler Staatsanwaltschaft in der Nordsee. Ein Fremdverschulden schloss die Behörde als Todesursache aus. Nach Einschätzung der Ermittler können die genauen Umstände des Unglücks möglicherweise nie restlos aufgeklärt werden.

Gestern Morgen wollten Jennys Eltern Uwe und Marlies Böken erstmals Medienvertretern sagen, wie sehr sie an die Rückkehr ihrer Tochter glaubten. Das Lehrer-Ehepaar hatte im heimischen Geilenkirchen (Nordrhein-Westfalen) zu einem Pressegespräch eingeladen, sagte jedoch nach der Todesnachricht kurzfristig ab. Aber sie baten einen Marine-Vertreter, den eingeladenen Journalisten Privatfotos von Jenny und eine schriftlich vorbereitete kurze Ansprache des Vaters zu überreichen.

Die Bilder zeigen eine mädchenhaft und lebensfroh wirkende junge Frau - auf allen Bildern ein Schmunzeln auf den Lippen. Ein Motiv zeigt ihre "Marine-Fan-Wand" mit Postkarten und Schiffsmotiven. Darüber prangt der in Goldschrift ausgedruckte Satz auf blauem Papier: "2008 wird mein Jahr!"

Nur zwei Monate vor dem Unglück, am 1. Juli, hatte Jenny bei der Marine ihren ersten Arbeitstag gehabt. Sie hatte sich für 17 Jahre verpflichtet. Sie wollte Medizin in Düsseldorf studieren und Sanitätsoffizierin werden. Ihr Traumberuf. Zwei Wochen vor dem Unglück hatte sie begonnen, mit Freunden ihre Wohnung in Düsseldorf einzurichten, hieß es in dem Manuskript des Vaters.

Der wählte bei der Beschreibung seiner Tochter nicht die Vergangenheitsform. Für ihn lebte die Tochter noch, als er die Zeilen schrieb: "Jenny ist ein tierliebes Mädchen", sie "adoptiert zugelaufene Katzen und pflegt sie gesund". Einer dieser "Stromer" sei die lebende Verbindung zur verunglückten Tochter.

Am 5. September, also einen Tag nach dem Unglück, hätte Jenny eigentlich heimkommen sollen, schrieb der Vater. Zwei Tage später wäre sie 19 Jahre alt geworden. Den Geburtstag habe sie mit der Familie feiern wollen. Wahrscheinlich waren sie alle voller Vorfreude: Jenny, die Eltern, die beiden Brüder und ihr Freund.

Es kam anders. Stattdessen gingen die Eltern mit den Menschen in ihrem kleinen Heimatdorf bei Geilenkirchen in die Kirche und beteten. Die Dorfgemeinschaft schmückte in der Kirche den Marienaltar für die Eltern und für Jenny.