Kein Ende der Pannenserie in Brunsbüttel. Unterweser meldet Fehler im Notkühlsystem.
Kiel/Hannover. In den Kernkraftwerken von Vattenfall steckt der Wurm. Nach dem Reaktor in Krümmel, der seit dem Trafobrand am 28. Juni stillsteht, wurde am Wochenende der Meiler Brunsbüttel komplett abgefahren, um ab heute die Rohrhalterungen innerhalb des Sicherheitsbehälters zu untersuchen. Außerhalb des Behälters waren, wie berichtet, am Donnerstag mehrere Halterungen mit zu großen Dübellöchern entdeckt worden. Wann Brunsbüttel wieder angefahren wird, ist offen.
Einen Störfall gibt es auch in Niedersachsen. Das Umweltministerium in Hannover meldete gestern Abend, dass im Reaktor Unterweser eines von vier Not- und Nachkühlsystemen nur bedingt einsatzbereit war. Der Fehler, eine nicht korrekt eingestellte Armatur, wurde entdeckt, als der Reaktor zur Jahresrevision abgefahren wurde. Der Betreiber E.on meldete den Vorfall in der Kategorie E (eilt) und stufte die Panne als "Störung" (Stufe eins) ein. Zum Vergleich: Die Pannenserie in Krümmel wird bisher in der untersten Stufe null geführt.
Am Wochenende ging die Atomdebatte auf Bundesebene weiter, und auch die beiden großen Nachrichtenmagazine legten nach. In einem "Spiegel"-Gespräch bezeichnete Vattenfall-Chef Lars Göran Josefsson die Reaktoren in Krümmel und Brunsbüttel als "absolut" sicher. Die Informationspannen, die unter anderem Europa-Chef Klaus Rauscher den Job gekostet hatten, erklärte Josefsson auch mit einer "gewissen Bunkermentalität" bei Mitarbeitern in Kernkraftwerken. Viele dächten, "da draußen sind unsere Feinde, und wenn wir etwas sagen, werden die das doch nur missbrauchen".
Der schwedische Energiemanager bestätigte zudem, dass Vattenfall an seinen Anträgen festhält, Strommengen aus den Meilern Mülheim-Kärlich und Krümmel auf den Alt-Reaktor Brunsbüttel zu übertragen, damit dieser nicht Anfang 2009 stillgelegt werden muss. Ob es dabei bleibt, ist offen. In Kiel wird es für möglich gehalten, dass Vattenfall die Brunsbüttel-Anträge einsammelt, wenn im Gegenzug Krümmel so schnell wie möglich wieder ans Netz darf.
Für Schlagzeilen sorgte auch "Focus" mit der Geschichte über Kiels Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD). Die Vorgesetzte der Landesatomaufsicht hatte, wie berichtet, den Störfall in Krümmel trotz früher Vattenfall-Meldung erst fünf Tage später öffentlich gemacht. CDU und SPD, die in Berlin wie Kiel gemeinsam regieren, bekräftigten derweil ihre unterschiedlichen Positionen. SPD-Politiker forderten am Wochenende einen schnellen Atomausstieg und pochten zumindest darauf, an dem vereinbarten Zeitplan zur Stilllegung der Atommeiler festzuhalten. In der Union möchten einige die Laufzeiten verlängern, wie Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und der designierte Ministerpräsident Bayerns, Günther Beckstein (CSU). Dagegen meinte CDU-Präsidiumsmitglied Friedbert Pflüger: "Wir sind klug beraten, wegen der unkalkulierbaren Risiken der Atomenergie den zwischen Industrie und Politik ausgehandelten Konsens im Grundsatz einzuhalten."