Konsequenzen. Schon wieder wurden zwei Jugendliche missbraucht - und wieder waren es Rückfalltäter. Hamburg

Hamburg. Härtere Strafen, schärfere Gesetze, Überprüfung des Strafvollzugs - die Serie von Sexualverbrechen in den vergangenen Tagen hat die Debatte um den Umgang mit den Tätern weiter verschärft. Bei bestimmten Tätern sei es nicht mehr möglich, diese "in Freiheit zu entlassen", sagte der Leiter der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, Rudolf Egg, dem Abendblatt. Nach einer von ihm erarbeiteten Studie wird jeder fünfte Sexualstraftäter (vom Exhibitionisten bis zum Sexualmörder) rückfällig. Erst am Freitag waren zwei weitere Sexualverbrechen bekannt geworden. Im ostfriesischen Rhauderfehn zerrte ein 45-Jähriger einen neunjährigen Jungen vom Fahrrad ins Gebüsch und missbrauchte ihn, in der Nähe von Göppingen (Baden-Württemberg) konnte sich ein 17 Jahre altes Mädchen mit knapper Not aus dem Auto eines Mannes (30) befreien, der sie würgte und mit einem Messer bedrohte. Beide Täter hatten - wie auch der mutmaßliche Mörder der 16-jährigen Jennifer aus Neumünster - wegen massiver Sexualverbrechen zum Teil lange Haftstrafen abgesessen. Während der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, Thüringens Justizminister Andreas Birkmann (CDU), vor diesem Hintergrund eine intensive Diskussion über längere Haftstrafen für Sexualtäter forderte, sprach sich Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) für einen Ausbau der Sicherungsverwahrung aus. Erst seit dem 28. August können besonders gefährliche Straftäter auch nach Verbüßung ihrer Haft in Sicherungsverwahrung behalten werden, wenn ihre Gefährlichkeit erst während der Haft deutlich wird und bei der Verurteilung bereits eine Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt angeordnet wurde. Beckstein forderte, diesen Vorbehalt für den Richter zu streichen. Der Rechtsexperte der Grünen, Volker Beck, hält dies für verfassungswidrig. Niemand dürfe wegen einer Tat zweimal verurteilt werden. Nach Angaben des Psychologen Rudolf Egg liegt die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent, dass verurteilte sexuelle Gewalttäter, die keine Therapie bekommen, nach der Haft rückfällig werden. In dieses Bild passen die Taten von Neumünster und Göppingen. Der 30-Jährige aus Göppingen war 1992 zu zehn Jahren Jugendhaftstrafe verurteilt worden, nachdem er eine 17-Jährige "aus sexuellen Motiven" erstochen hatte. Um nicht entdeckt zu werden, ermordete er auch die Mutter und die Schwester. Der Mann war in sozialtherapeutischer Behandlung und zur Bewährung auf freiem Fuß. Der Täter von Neumünster saß zwei Strafen wegen Vergewaltigung ab. Egg fordert, schon frühzeitig und gezielt zu therapieren. Bei den "Hochrisikogruppen" dagegen sieht auch er manchmal keine andere Lösung als "wegsperren".