CDU und SPD versichern, die Differenzen seien nicht “unüberbrückbar“. Drei Modelle sind im Gespräch.
Kiel. Die CDU/SPD-Koalition in Schleswig-Holstein will auf einem Krisengipfel heute Abend in Kiel den Fahrplan für die Kreisreform aufstellen. Auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses stehen weitere Streitpunkte wie etwa Studiengebühren oder ein Teilverkauf des Universitäts-Klinikums (UKSH) in Kiel und Lübeck.
CDU wie SPD versichern, dass die Differenzen "nicht unüberbrückbar" seien. Das gilt auch für den politisch heikelsten Knackpunkt - die Kreisreform. CDU und SPD hatten sie erst vor gut zwei Monaten vereinbart und im November den Segen der Basis eingeholt. Ein Haken: Der CDU-Parteitag stimmte nur unter der Bedingung zu, dass die Pläne vorab genau durchkalkuliert werden und die Reform sich rechnet. Wer zum Taschenrechner greifen soll, ist umstritten. Die SPD würde damit gern einen Reformbefürworter betrauen, die CDU schlägt einen "neutralen" Experten vor.
Das für die Rechenaktion nötige Zahlenmaterial dürfte erst im Frühjahr vorliegen. Drei Modelle sind im Gespräch: eine Radikallösung mit nur vier Großkreisen, hinter der Grüne und Unternehmensverbände stehen, die SPD-Variante "5+2" (fünf Großkreise plus Kiel und Lübeck) sowie die CDU-Variante "7+2". Derzeit gibt es elf Landkreise und vier kreisfreie Städte. Die Grünen gehen davon aus, dass ihr Vierer-Modell am wirtschaftlichsten ist und damit die CDU-Bedingung am besten erfüllt. Das dämmert inzwischen auch einigen Reformgegnern in der CDU. Ihr steht weiterer Ärger ins Haus. Grund: Ministerpräsident Carstensen hatte nach der Kehrtwende hin zur Kreisreform flugs versprochen, dass es keine Gemeindegebietsreform geben werde, die Dörfer eigenständig bleiben. Bei nur vier Großkreisen wäre das kaum möglich. Auch bei einer "Reform Light" droht Ungemach: Kiel, Lübeck und andere Städte müssten Umlandorte eingemeinden.
Klar ist, dass die Reformrech-nung im Herbst 2007 fertig sein soll. Danach will die Regierung ihr Gesamtkonzept vorlegen und schnell wieder wegschließen, weil im Mai 2008 Kommunalwahlen anstehen. Die Reform soll Ostern 2009 beschlossen und mit der Landtagswahl 2010 umgesetzt werden.
Zündstoff bergen auch einige der kleineren Streitpunkte im Koalitionsausschuss, etwa die Themen Studiengebühren, der Teilverkauf des UKSH und der Schul-Finanzstreit. Die CDU möchte den Elternbeitrag bei der Schülerbeförderung (bis zu 30 Prozent) in einem Landesgesetz festschreiben. Die SPD pocht auf die Zuständigkeit der Kreise, könnte aber einlenken, wenn die CDU einer Neuregelung der Kostenerstattung für die dänischen Schulen zustimmt. Anstelle des Landes sollen die Gemeinden zahlen.
Der Koalitionsausschuss muss zudem endgültig klären, wie die Kommunen entlastet werden. Die CDU verlangt tiefere Einschnitte etwa bei den Kindergarten-Standards und dem Bildungsurlaub. Die SPD blockt. Verhandelt wird vermutlich bis tief in die Nacht. Spätestens morgen früh müssen die Parteien sich einig sein, weil CDU-Chef Carstensen und sein SPD-Kollege Claus Möller dann die Ergebnisse des Krisengipfels präsentieren möchten.