Stade. Anja Wille (36) hat alles verloren. Ihr Sohn Felix ist tot. Ihre Familie ist auseinandergebrochen. Die berufliche Existenz zerstört. Trotzdem ist sie nicht bereit aufzugeben. "Ich bin froh, daß von Hoffmann keine Gefahr mehr ausgeht", sagt sie, und in ihrem beherrschten Gesicht läßt sich eine Spur Erleichterung finden. "Es ist gut, daß wir den Druck über die Öffentlichkeit so erhöhen konnten, daß er die Höchststrafe bekommen hat", sagt sie. "Endlich ist klar, wieviel uns das Leben eines Kindes wert ist."

Den Strafprozeß gegen den Mörder ihres Kindes hat Anja Wille über die Medien verfolgt, sich im Gerichtssaal von ihrem Anwalt als Nebenklägerin vertreten lassen. "Ich hätte seine persönliche Anwesenheit nicht ertragen können. Besonders seine Hände", sagt die schmale Frau mit den langen rötlich-blonden Haaren. Haß oder Rache empfinde sie nicht. "Ich habe nie Emotionen an Hoffmann verschwendet."

Sie sagt aber auch: "Ich gönne ihm den Knast." Und in Anspielung auf die Gefängnis-Hierarchie, in der Kindermörder ganz unten stehen: "Und am allermeisten gönne ich ihm, daß er erlebt, wie es ist, wenn man täglich Angst hat. Große Angst."

Wie tief ihr Leid ist, läßt sich kaum beschreiben. Jetzt nach dem Urteil könne sie ihren Sohn "vielleicht endlich gehenlassen", sagt Anja Wille. "Ich stelle mir dann vor, er ist in Nimmerland und fliegt mit Peter Pan herum. Das macht es ein bißchen leichter." Sie selbst muß ganz neu anfangen. "Von meinem alten Leben ist nicht mehr viel übrig", sagt die Krankengymnastin, die langfristig therapeutische Hilfe braucht. Das Haus in Neu Ebersdorf hat sie verlassen. Auch die Beziehung zu ihrem Lebensgefährten ist zerbrochen. Tochter Vanessa lebt bei ihrem geschiedenen Mann. "Es wird schwierig", sagt sie nach dem Prozeß, in den sie ihre ganze Kraft gesteckt hat. "Ich überlege wegzufahren. Vielleicht ergeben sich neue Dinge für mich."