Auf dem Platz in seiner Klasse im Lübecker Bildungszentrum Mortzfeld brannte gestern eine Kerze. In einer Gedenkstunde versuchten die 260 Schüler...

Lübeck/Antalya. Auf dem Platz in seiner Klasse im Lübecker Bildungszentrum Mortzfeld brannte gestern eine Kerze. In einer Gedenkstunde versuchten die 260 Schüler der beruflichen Schule das Unfassbare zu verarbeiten: Rafael N. (21) war nach einem Trinkgelage auf einer Klassenreise in der Türkei tot in seinem Hotelzimmer gefunden worden. Zwei Klassenkameraden liegen mit schwerer Alkoholvergiftung weiter im Koma. Der Zustand sei sehr kritisch, sagte ein Arzt im Anadolu-Krankenhaus in Antalya gestern. Der Gesundheitszustand von vier weiteren Jugendlichen habe sich stabilisiert.

Anfang vergangener Woche waren die elf Schüler mit ihrem Klassenlehrer in eine Hotelanlage nach Kemer an der türkischen Riviera geflogen. Nachdem es offenbar Probleme wegen ihres Alkoholkonsums gegeben hatte, verhängte der Lehrer ein Alkoholverbot. Daraufhin besorgten die meist volljährigen Schüler sich selbst Getränke. Es ist unklar, ob es sich dabei um gepanschten Schnaps gehandelt haben könnte. Die Staatsanwaltschaft in Antalya hat Ermittlungen aufgenommen. "Der Tote wurde mit mehr als sieben Promille im Blut eingeliefert. Bei den anderen war es weniger", sagte dagegen Krankenhausdirektor Irfan Erdogan. "Das zeigt uns, dass nicht gepanschter Alkohol das Problem war." Derweil haben Eltern der betroffenen Schüler angekündigt, Anzeige gegen unbekannt wegen Körperverletzung mit Todesfolge erstatten zu wollen.

Der Lehrer ist mit vier Schülern, die nicht mitgetrunken hatten, inzwischen wieder in Lübeck. "Er steht unter Schock", so Schulleiter Knoll. "Aber wir haben keinen Zweifel, dass er seiner Aufsichtspflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist." Das Kieler Bildungsministerium ist nicht zuständig, weil das Bildungszentrum eine Privatschule ist. Ein zweiter Lehrer ist jetzt in Antalya, auch einige Eltern sind vor Ort. Die Leiche von Rafael soll bald nach Lübeck übergeführt werden.