Noch immer ist unklar, was mit den 126 000 Fässern im maroden Endlager bei Wolfenbüttel geschehen soll.

Wolfenbüttel. Das Atomendlager Asse bei Wolfenbüttel ist ein Albtraum für die Anwohner, aber gestern ist für die örtlichen Bürgerinitiativen auch ein Traum wahr geworden. Rund 10 000 Menschen beteiligten sich nach Angaben der Polizei am Abend an einer 52 Kilometer langen Lichterkette von Braunschweig über die Asse zum anderen Atomendlager Schacht Konrad in Salzgitter. Die Organisatoren sprachen sogar von mehr als 15 000 Demonstranten. Der Protest gegen das marode alte Salzbergwerk Asse ist damit zur Massenbewegung geworden.

Die Einlagerung von 126 000 Fässern mit schwach und mittelstark strahlendem Müll ist bereits zwischen 1968 und 1978 erfolgt, seither wird an Stilllegungsplänen gearbeitet. Interessiert aber hat sich dafür außerhalb der Region kaum jemand, das öffentliche Interesse war konzentriert auf Gorleben im Wendland, wo alljährlich Zehntausende spektakulär gegen die Castor-Transporte ins Zwischenlager auf die Straße gehen.

Erst in den vergangenen zwölf Monaten machte dann die Asse mit einer ganzen Pannenserie bundesweite Schlagzeilen, Initialzündung dafür, dass gestern Atomkraftgegner aus allen Teilen der Bundesrepublik anreisten, Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und die betroffenen Kommunen für den Protest mobilisierten.

"In der Asse wurden Recht und Gesetz gebrochen. Die Gesundheit und das Leben von Beschäftigten und Anwohnern wurde gefährdet", sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Stefan Wenzel, zu Beginn der Aktion in Braunschweig.

Bei dieser Kundgebung und dann bei der Lichterkette ging es gestern Abend nicht nur um die konkreten Gefahren in der Asse, sondern auch um die grundsätzliche Ablehnung der Atomenergie und das Versagen von Politik und Fachbehörden bei der Endlagerung. Udo Dettmann, Sprecher der Asse-Initiative, spricht offen von "Machenschaften auf der Asse". Klar ist: Das Grubengebäude ist einsturzgefährdet, jederzeit kann der Zufluss von gefährlichen Laugen anschwellen.

Immerhin: Der langjährige Betreiber, das Helmholtz-Zentrum München, ist durch das Bundesamt für Strahlenschutz eben wegen der Pannen, der Nichteinhaltung von Strahlenschutzbestimmungen und der schlechten Informationspolitik abgelöst worden. Seit 1. Januar ist das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter zuständig, und dessen oberster Chef, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), stellte sich gestern hinter die Asse-Kritiker. Er bedauere sehr, so ließ der im Wahlkreis Wolfenbüttel direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Gabriel den Demonstranten ausrichten, wegen anderer Termine nicht an der Kundgebung teilnehmen zu können.

Das Atomforum als Zusammenschluss der Stromkonzerne mit Kernkraftwerken hat gestern eine Umfrage veröffentlicht, der zufolge die Akzeptanz der Kernenergie gestiegen ist. Folgerung der Atomwirtschaft: Gorleben endlich weiter erkunden. Aber in dieser Atomforum-Umfrage knüpfen 61 Prozent ihr Ja zur Kernenergie an die Bedingung, dass die Frage der sicheren Entsorgung gelöst werden muss.

Gestern erinnerten mehrere Redner beim Lichterkettenprotest daran, dass die Asse-Probleme auch die Eignung von Gorleben in Zweifel ziehen - schließlich handele es sich in beiden Fällen um Salzstöcke.