Borkum. Auch Hamburger entdecken den „schönsten Sandhaufen der Welt“ für sich. Die jungen Wilden der Insel bieten Exklusives für den Urlaub.
Traditionell und doch modern – das ist der Weg, den junge Gastgeber auf Borkum gehen: Ein aufgepepptes Boutiquehotel und ein Inselresort sind die neuen Attraktionen auf der ostfriesischen Insel in der Nordsee.
Wenn sich Geschwister gut verstehen, macht das nicht nur die Eltern glücklich – aus dieser Verbindung kann auch etwas richtig Gutes entstehen. Bei Neele Benken und ihrem Bruder Sören Hüppe ist das so. Sie haben ein besonderes Inselhotel auf Borkum geschaffen: Das arthotel bakker im alten Stadtkern Borkums wurde im vergangenen Jahr innerhalb von sieben Monaten vollständig modernisiert und an moderne Gästeansprüche angepasst, da das Backsteinhaus aus dem Jahr 1860 in die Jahre gekommen war.
Nordsee: Borkum – neues Boutiquehotel mit 45 modernen Zimmern
Veränderungen werden auf Borkum behutsam angegangen: Die Insulaner haben größere Eingriffe durch Investoren, etwa einen Golfplatz oder einen großen Hotelkomplex, durch Bürgerentscheide verhindert. „Das lässt Raum für eine individuelle Entwicklung, den viele junge Einheimische genutzt haben: Es gibt keinen Gosch und keinen H&M auf der Insel, aber viele kleine Cafés, Modeläden oder auch eine Surfschule, die junge Einheimische betreiben“, sagt Hüppe.
Behutsam und mit viel Gefühl fürs Detail, so sind auch Sören Hüppe und seine Schwester bei der Renovierung ihres Boutiquehotels vorgegangen. Das Haus mit den 45 Zimmern gibt sich modern – mit einem klaren, reduzierten Stil, der aber nicht kühl wirken soll, dafür sorgen warme Farbtöne. Das Hotel ist das Herzstück ihres „InselLust Resort Borkum“ mit 100 Ferienwohnungen und Apartments.
Die Unterkünfte werden benötigt. Denn Borkum boomt: Mit mehr als 2,5 Millionen Übernachtungen im Jahr gehört die Insel zu den übernachtungsstärksten Urlaubsorten in Niedersachsen. Durch die Nähe zu Nordrhein-Westfalen kommen naheliegend sehr viele Gäste aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland.
Borkum: Hamburger schätzen die Nordseeinsel – auch wegen des guten Hochseeklimas
„Aber auch Hamburger, die sich überwiegend nördlich orientieren, schätzen Borkum als Reiseziel“, sagt Daniela Kastrau von der Nordseeheilbad Borkum GmbH. Borkum sei – wie ihre sechs Inselgeschwister – in ihrer Größe überschaubar und vermittele dadurch ein echtes Inselgefühl. „Dafür wird dann gern auch mal ein weiterer Weg auf sich genommen“, so Kastrau. Für Hamburger sind das gut fünf Stunden Fahrt inklusive Fährfahrt.
Borkum-Urlauber, so Kastrau, genießen vor allem die gute Luft auf der Insel. „Die Gesundheit hat für viele Menschen einen immer höheren Stellenwert. Diese wissen Borkum als einzige Thalasso-Insel im Hochseeklima besonders zu schätzen.“ Mit der Anerkennung des Wattenmeers als Unesco-Weltnaturerbe kommen auch immer mehr Naturinteressierte auf die Insel – gerade im Frühjahr und Herbst, wenn der Vogelzug erlebt werden kann.
Früher haben Gruppen- und Jugendreisen den Tourismus geprägt, jetzt kommen immer mehr Individual- und vor allem Aktivurlauber: Es gibt 120 Kilometer Rad- und Wanderwege, einen Kletterpark, zwei Surfschulen – die auch Kitebuggy-Fahren und Kiten anbieten – mehrere Reitställe und natürlich das Wattenmeer.
Hunde dürfen auf Borkum an Extrastränden fast das ganze Jahr frei laufen
Außerdem ist Borkum bei Hundebesitzern sehr beliebt, weil Hunde an den Hundestränden außerhalb der Brut- und Setzzeiten (1. April bis 15. Juli) frei laufen können. Das ist recht selten.
„Mit der sukzessiven Übernahme von Beherbergung, Gastronomie und Einzelhandel durch die jungen Wilden entwickeln sich auch Angebote für ein entsprechendes Publikum. Hier zeigen sich schon erste spannende Ansätze eines Umbruchs“, sagt Daniela Kastrau.
Die jungen Wilden Neele Benken und Sören Hüppe wollen mit ihren Angeboten verschiedene Urlauber auf die Insel locken – und das auch im Herbst und Winter. Und wie könnte das besser gehen als mit einem besonderen Wellnessangebot: Ihr Hotel mit den noblen Unterkünften bietet seit der Sanierung den höchsten Wellnessbereich Borkums, im Dachgeschoss mit Panoramablick über die Insel.
Nordsee: Borkum – im arthotel bakker sind Ausstattungsmerkmale buchbar
Kurios: Ihre Gäste buchen keine Zimmerkategorien mehr, sondern Ausstattungsmerkmale. Eine Buchungssoftware ermöglicht den Besuchern das passende Angebot immer zu aktuell bestem Preis. Und weil Borkum sich das Ziel gesetzt hat, die Insel bis 2030 emissionsfrei zu betreiben, ist auch das Arthotel nachhaltig gebaut – mit Photovoltaik und einer Luft-Wärme-Pumpe.
Die Familienbande ist eng auf Borkum: Während der Betriebswirt Sören Hüppe sich als Geschäftsführer um die Finanzen, Personal und Qualitätssicherung kümmert, ist Diplom-Baumanagerin Neele Benken als Geschäftsführerin unter anderem für Kommunikation und Marketing zuständig. Vater Michael Hüppe war als Architekt an den Umbauplänen des Hotels beteiligt, Bruder Jan-Hendrik war Bauleiter und Mutter Gesche hat sich als Künstlerin in die Gestaltung des Hauses eingebracht – mit viel hellem Holz, Kunst und klaren Linien. Echtes Teamwork also.
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Borkum: Overtourism wie auf Sylt gibt es auf der ostfriesischen Insel nicht
Stillstand gibt es bei den Hüppes aber nicht. Gerade haben sie eine Villa in der Altstadt aus den 1860er-Jahren modernisiert und zum Gästehaus „Wilhelm“ umgebaut. In einem der 16 Zimmer sind auch Hunde erlaubt. „Im Heimatmuseum haben wir historische Baupläne entdeckt, die nie ganz umgesetzt wurden – das haben wir nachgeholt“, sagt Sören Hüppe. Nun ist das Haus auf ganzer Breite mit einer Veranda ausgestattet – typisch für die alte Bäderarchitektur.
Was das Besondere an Borkum ist? Die Insel bleibt von den großen Touristenmassen noch verschont, anders als viele Küstenorte etwas in Schleswig-Holstein. „Ein Overtourism-Gefühl gibt es hier nicht. Auf der Sandplate zum Beispiel hat man das Gefühl, im Nirwana angekommen zu sein. Es ist wie eine Mondlandschaft, in der ich unendlich laufen kann und komplett für mich bin“, so Hüppe. Ein weiteres Plus: Durch die Hochseelage ist die Luft pollenarm und jodreich.
Borkum hat viele Stammgäste, aber man merkt auch dort den Einfluss der gesamtwirtschaftlichen Lage, sagt Hüppe. Er schätzt, dass in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr fünf bis zehn Prozent weniger Gäste auf die Insel gekommen sind. Außerdem sei die Reisedauer im Durchschnitt kürzer geworden und das Buchungsverhalten kurzfristiger.
An Nord- und Ostsee wollen Urlauber in modernen Unterkünften wohnen
Er und seine Schwester hätten aber keinen Grund, sich zu beschweren: Er sieht einen generellen Trend zu Qualitätsbewusstsein und nachhaltigerem Reisen – und da kommt sowohl das Reiseziel als auch die nachhaltige Ausrichtung des Resorts zum Tragen.
„Unsanierte, veraltete Hotels und Einrichtungen werden es zukünftig immer schwerer haben, Gäste für sich zu gewinnen, da sie nicht nur im Wettbewerb mit anderen Borkumer Betrieben, sondern Reisezielen an der gesamten Nord- und Ostseeküste stehen“, so Hüppe. Bei veralteten Betrieben sei jetzt schon ein deutlicherer Rückgang der Buchungen zu bemerken.
Ein Einzelzimmer im arthotel bakker kostet zwischen 65 und 139 Euro, ein Doppelzimmer zwischen 95 und 199 Euro. Ein Apartment kostet für zwei Personen ab 65 Euro pro Nacht, während die Ferienwohnungen des Insellust Resorts für acht Personen in der Hauptsaison bis zu 310 Euro pro Nacht kosten.