Amelinghausen. In einer Serie stellt das Abendblatt die schönsten kleinen Fluchten in und um Hamburg vor. Teil 8: Wandern mit Fitnessübungen per App.

Endlich ist da wieder so ein Schildchen! Diesmal ist es unscheinbar an einer Holzbank angebracht, die hier in der Niederung des Flüsschen Lopau an einem kleinen Teich steht. Ein sandiger Pfad schlängelt zwischen Erlen und Eichen vorbei, am Ende erkennt man eine große Lichtung mit einen Heidehügel: Ein Bild wie gemalt. „Lüneburger Heide in den 50er-Jahren“, könnte der Titel lauten.

Anfahrt und Abkühlen

 

Amelinghausen ist über die A 7 (Richtung Hannover) schnell erreicht: Abfahrt 42 Eyendorf.

 

In Amelinghausen der Ausschilderung Lopausee folgen, dort gibt es am Ausgangspunkt des Wanderwegs einen Parkplatz. Infos zu den Sportparcours: www.lueneburger-heide.de

 

Nach einem heißen Wandertag bietet das Waldbad Amelinghausen herrliche Erfrischung. Es ist idyllisch mitten in einem Wald gelegen, Liegestühle und Liegewiesen sind perfekt, um die müden Muskeln zu pflegen: Geöffnet am Wochenende 9 bis 20 Uhr, Erwachsene 2,50, Kinder 1,50 Euro. Infos: amelinghausen.de

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Wenig scheint sich geändert zu haben seit jenen Tagen, als noch unsere Großeltern hier so gern wanderten. Eine Weile hatte diese Landschaft zwischen Undeloh und Soltau dann auch dieses etwas verstaubte Image einer vergangenen Zeit. Doch Wandern ist längst wieder entdeckt als Freizeitbeschäftigung, als gelungene Kombination von Ausflug, Sport und Natur. Ein ideales Ziel ist dafür immer noch die Heide im Süden Hamburgs. Und nun auch noch mit besonderer Offerte an die WhatsApp-Generation: Seit Mai gibt es hier 13 verschiedene Wanderstrecken, die mit Stationen für zusätzliche Übungen versehen sind.

© HA | Axel Tiedemann

Muskulatur dehnen, Muskeln stärken – das kann man dort trainieren. Vergleichbar mit den Trimm-dich-Pfaden früherer Jahre. Nur anders, moderner: Versteckt wie eben an dieser Holzbank sind dort sogenannte QR-Codes angebracht. Man zückt sein Smartphone, scannt den Code mit entsprechender App ein — und kann sich dann via Internet ein Video ansehen, in dem zwei Trainer die jeweilige Übung erläutern. Ein Trimm-dich-Pfad 2.0, wenn man so will. „Green Sport Region“, nennt sich die Lüneburger Heide daher nun auch. Man kann auf diesen 13 Parcours Wandern, Joggen oder auch Nordic-Walking betreiben, was wohl nicht viel anders ist als schnelles Wandern mit Skistöcken. Und zwischendurch dann seine Übungen absolvieren.

Die Parcours sind dabei mal sechs, mal auch fast 15 Kilometer lang. Harburg, Fallingbostel, Lüneburg – in jedem Landkreis, der in der Heide liegt, gibt es mindestens einen. Mit am einfachsten zu erreichen über die A 7 ist die elf Kilometer lange Strecke in Amelinghausen im Landkreis Lüneburg. Diese folgt dem gut ausgeschilderten Königinnenweg und beginnt am Lopausee – dort, wo dieses nur 15 Kilometer lange Heideflüsschen zu einem pittoresken See aufgestaut ist. Man kann hier nun rechts oder auch links herum starten, der Weg führt einmal im großen Kreis um den Heideort und ist mit seinen Schildern (gelber Pfeil auf rotem Grund) gut zu finden.

Wir starten zunächst in Richtung Zulauf: Der Pfad folgt dabei über weite Strecken dem Flusslauf, mal dicht dran, mal weiter weg. Nach wenigen Kilometern dann steht man vor dem mit Heide bewachsenen Kronsberg – weswegen sich Amelinghausen auch kühn als Krone der Heide bezeichnet.

Kleine Anleitung zum Zwischendurch-Training. Mit diesen Codes lassen sich die Trainingsvideos herunterladen
Kleine Anleitung zum Zwischendurch-Training. Mit diesen Codes lassen sich die Trainingsvideos herunterladen © HA | Axel Tiedemann

Aber tatsächlich ist man hier schon gleich in einer Heide-Bilderbuch-Landschaft gelandet: Der Schafschuppen, die Bienenstöcke, die Heide und die Wacholderbüsche — alles sieht so aus wie aus dem alten Familienalbum mit den Schwarz-Weiß-Fotos. Nur eben in Farbe. Jedes Jahr im August, zur Heideblüte, wird hier die Heide-Königin gewählt — daher der Name des Weges.

Weiter geht es von dort in einen Erlenbruchwald, der Weg führt nun dicht am Fluss vorbei oder über kleine Brücken hinweg. Klar sprudelt das Wasser dort auf dem sandigen Boden, nur wenige Zentimeter ist es tief, und hier und dort verlocken große Steine am Ufer dazu, sich Schuhe und Strümpfe auszuziehen und zur Abkühlung hineinzugehen. Dann eine Abzweigung zur Oldendorfer Totenstadt, einem großen Feld aus Stein- und Hügelgräbern, wo die Menschen während der Jungsteinzeit ihre Toten begraben haben.

Der Weg führt weiter, wechselt immer einmal wieder kurz auf einen Rad- und Gehweg an einer Straße, um dann bald wieder auf in die Landschaft einzutauchen. Er führt immer weiter hoch, verläuft schließlich zwischen weiten Rapsfeldern und bietet einen weiten Blick auf die norddeutsche Landschaft, die bis zum Horizont nur aus Bäumen und sanften Hügeln zu bestehen scheint. Kein Straßenlärm ist hier zu hören, nur Wind und Vögel.

Die kleinen QR-Codes sind nun manchmal gar nicht so leicht zu entdecken und der Sportparcours gerät zur Schnitzeljagd. Aber was soll’s?

Und dann sieht man doch wieder ein solches Schildchen und freut sich. Die Videos, mit denen die Übungen erklärt werden, sind hier erstaunlich schnell geladen, rund um Amelinghausen haben wir immer schnellen Internet-Empfang. Zunächst irritiert aber ein wenig, dass es zu den Schildchen keinerlei Geräte oder wenigstens Holzbalken gibt, wo man seine Übungen absolvieren kann. Aber die Videos sind eher als Anregung gedacht, die Natur selbst als Übungsraum zu begreifen. Wo ist ein Ast, an dem ich mich hochziehen kann, wo liegt ein Baum, an dem ich mich abstützen kann? So muss man vorgehen, dann klappt es und bringt Abwechselung ins Wandern.

Einkehren und Einkaufen

 

Direkt am Lopausee hat man die Auswahl: Im Café Lopau Seeblick (mit großer Terrasse) gibt’s zum Beispiel Apfelkuchen mit Sahne (3,20 Euro) oder auch Currywurst mit Kartoffelsalat (7,50 Euro). Täglich 10 bis 19 Uhr.

 

Das Restaurant Zum Alchimisten bietet indes feine regionale Küche wie „Im Brotteig gegarte Heidschnucke“ für 23,50 Euro. In der Woche nur abends geöffnet, Freitag bis Sonntag von 12 bis 22 Uhr. www.zum-alchimisten.de

 

Rund um Amelinghausen bieten viele Hofläden jetzt frische Heidekartoffeln zur Selbstbedienung an. 7,5 Kilogramm kosten etwa 6,50 Euro.

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Gut vier Stunden dauert ein solch elf Kilometer langer Weg da auch selbst mit schnellem Gehen. Man kann aber auch jederzeit abkürzen, Richtung Ortskern marschieren und dann zurück zum Parkplatz am Lopausee. Der Weg ist das Ziel – dieser Satz gilt hier tatsächlich einmal.

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