Hamburg. Einige Kilometer außerhalb Hamburgs liegen die tollsten Ziele für den perfekten Ausflug. Teil 6 unserer Serie: Schifffahrt mit Radtour.

Der starke Ostwind bläst das Wasser zurück, und für 15 Uhr ist auch noch Niedrigwasser angesagt. „Wir kürzen ab. Sonst setzen wir in der Dove Elbe auf“, ruft Heiko Buhr dem Steuermann zu. Der wäre normalerweise bis zum Köhlbrand gefahren, dreht jetzt aber schon in Höhe Altonaer Fischmarkt ab und steuert die „Serrahn Star“ am Containerterminal Toller Ort und am neuen Kreuzfahrtterminal Steinwerder vorbei Richtung Ellertorschleuse.

Bis nach Bergedorf wird uns das schmucke Fahrgastschiff mit dem großen Sonnendeck heute bringen. Nicht mit an Bord, aber im Anhänger auf dem Weg in den Bergedorfer Hafen: die Fahrräder einiger Passagiere. Mit denen werden sie später durch die Vier- und Marschlande zurück in die Hamburger City radeln. Während es für die kombinierten „Schippern&Radeln“-Touren feste Termine gibt, werden die normalen Barkassenfahrten zwischen der HafenCity und Bergedorf mehrmals pro Woche angeboten. Möchten mehr als zehn Teilnehmer ihr Fahrrad mitnehmen, bringt Heiko Buhr aber auch dann seinen Fahrradtransporter zum Einsatz.

Mit dem Fahrrad nach Bergedorf und weiter mit dem Schiff
Mit dem Fahrrad nach Bergedorf und weiter mit dem Schiff © HA | Friederike Ulrich

Jetzt aber schippern wir erst einmal durch den Hafen. „Je nach Wind und Wasserstand müssen wir manchmal einen anderen Weg nehmen. Die Fahrzeit für unsere Gäste bleibt mit drei Stunden aber immer gleich“, so Heiko Buhr. Vor 18 Jahren hat der gelernte Binnenschiffer mit einer ersten Barkasse den Grundstein für die Bergedorfer Schifffahrtslinie gelegt. Heute hat er 28 Angestellte und bietet mit drei Schiffen 24 verschiedene Touren an, darunter Minikreuzfahrten nach Mölln, Lüneburg, Lübeck und sogar Berlin.

„Nur durch Hafen und Speicherstadt, und das sechsmal am Tag, das wär nichts für mich“, sagt Buhr, der meist im Osten Hamburgs unterwegs ist. Die heutige Tour zwischen HafenCity und Bergedorf schätzt er besonders wegen der Kontraste. „Die Containerriesen und die Reitbrooker Mühle, das sind schon tolle Gegensätze.“

Hausboote, Kuhherden, Entschleunigung pur

Das letzte große Containerschiff auf unserer Tour passieren wir kurz vor der Ellerholzschleuse. Hinter der Schleuse können wir noch einen Blick in den Klütjenburger Hafen werfen, der mit seinem baumgesäumten Ufern eine grüne Idylle inmitten all der Hafentechnik ist. Dann geht es durch den Reiherstieg und vis-á-vis der Landungsbrücken biegen wir gen Osten in die Norderelbe hinein.

Wir schippern entlang der HafenCity, unterqueren die Elbbrücken und erreichen den Entenwerder Elbpark und die Elbinsel Kaltehofe. Beide liegen auf der Backbordseite und bieten einen grünen Gegenpart zu den Indus­trieanlagen gegenüber – und einen Vorgeschmack auf die idyllische Landschaft, die uns empfängt, nachdem wir unter der Autobahn A 1 hindurchgefahren sind. Plötzlich weitet sich der Himmel, hinter den grünen Ufern der Dove Elbe erstrecken sich die Felder und Weiden der Vier- und Marschlande. Der Fluss selbst wird flach. „Wir haben jetzt noch etwa einen halben Meter Wasser unterm Kiel“, sagt Buhr. In der Tatenberger Schleuse setzt das Schiff tatsächlich kurz auf. Doch es löst sich schnell wieder, als der Schleusenraum mit Wasser vollgepumpt wird. Hinter der Schleuse setzen wir unseren Weg unabhängig vom Tidenhub auf ruhigem Wasser fort.

Der historische Ortskern ist einen Besuch wert

Wir kommen an kleinen Yachthäfen, Werften und Bootsverleihen vorbei, an Menschen, die am Ufer in der Sonne sitzen, Hunden, die im Wasser toben, und sogar an einem badenden Pferd. Als wir den Wasserpark Dove-Elbe, die Regattastrecke Allermöhe und das Naturschutzgebiet Die Reit hinter uns gelassen haben, wird die Dove Elbe schmaler. Die ersten Gewächshäuser tauchen auf, Felder und hübsche Häuser, teilweise mit Reetdächern und Bootsanlegern, säumen die Ufer. Ein paar Hausboote, eine Kuhherde – Entschleunigung pur.

Nachdem wir die Reitbrooker Mühle hinter uns gelassen haben, nähern wir uns der 1929 erbauten Krapphofschleuse mit ihrem kupfernen Schleusenwärterhäuschen. Sie verbindet die abgedeichte Dove Elbe mit der Bille und liegt am südlichen Ende des Schleusengrabens, einer der ältesten künstlichen Wasserstraßen Deutschlands. Auf ihr fahren wir in den kleinen Bergedorfer Hafen hinein. Die Zivilisation hat uns wieder. Und die Fahrräder warten schon.

Wer nicht gleich den Rückweg antreten möchte, kann noch einen Bummel durch den historischen Ortskern machen oder die Spirituosenmanufaktur Heinr. von Have besuchen.

Damit sich auf dem Rückweg niemand verfährt, gibt es an Bord Karten. Der geplante Radweg entlang des Schleusengrabens ist noch nicht fertig, so führt der erste Abschnitt über Weidenbaumsweg und Randersweide. Dann aber geht es auf dem weniger befahrenen Allermöher Deich weiter, immer parallel zur Dove Elbe.

Bei der Bushaltestelle Allermöher Pumpwerk biegt man links ab zum Eichbaumsee. Von dort an ist fast der ganze Rückweg autofrei. Wer schon auf der Barkasse gegessen hat, kann jetzt in die Pedale treten und sich Kuchen oder Würstchen mit Kartoffelsalat wieder abstrampeln. Wer einen Picknickkorb mitgenommen hat, sucht sich einfach ein nettes Plätzchen am Ufer. Alternativ bietet sich bei der Tatenberger Schleuse ein Abstecher zum Fährhaus Tatenberg an. Auch das Café Entenwerder 1 auf dem Ponton vor dem Elbpark Entenwerder ist einen Besuch wert. Dann ist man auch schon fast am Ziel.

Lesen Sie am Freitag auf abendblatt.de: Pilgern auf der Via Baltica