Lüneburg . In der nächsten Woche beginnt in Lüneburg der Prozess gegen den 93-Jährigen. Er ist wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen angeklagt.
Der Angeklagte in einem der wohl letzten großen Auschwitz-Prozesse will aussagen. Dem 93-jährigen Oskar Gröning wird Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen vorgeworfen, der Prozess vor dem Landgericht Lüneburg beginnt am Dienstag. Gröning werde Stellung nehmen, sagte sein Hannoveraner Rechtsanwalt Hans Holtermann der „Allgemeinen Zeitung“ aus Uelzen.
Die Staatsanwaltschaft Hannover wirft Gröning unter anderem vor, 1944 in Auschwitz-Birkenau aus dem zurückgelassenen Gepäck angekommener Häftlinge genommenes Geld gezählt und an die SS in Berlin weitergeleitet zu haben. Dem damaligen SS-Unterscharführer sei bewusst gewesen, dass die als nicht arbeitsfähig eingestuften Häftlinge nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet wurden. So soll er durch seine Arbeit das systematische Morden der Nationalsozialisten unterstützt haben.
Derartige Verfahren wurden möglich, weil die Justiz seit dem Urteil gegen den KZ-Aufseher John Demjanjuk 2011 nicht mehr darauf besteht, eine direkte Beteiligung an den Mordtaten nachzuweisen.
Der Angeklagte hat gegen andere SS-Männer ausgesagt
„Gröning hatte andere Aufgaben als Demjanjuk“, sagte Holtermann am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem sei Auschwitz anders als Treblinka kein reines Vernichtungslager gewesen. „Es wird vom Gericht zu prüfen sein, ob Grönings Aufgabe als strafbare Beihilfe zu werten ist.“
Dem Angeklagten sei zugutezuhalten, dass er in früheren Gerichtsverfahren gegen andere SS-Männer ausgesagt habe, betonte Holtermann. Das gelte etwa für einen 1988 in Wuppertal zu lebenslanger Haft verurteilten SS-Mann aus Auschwitz. Zudem habe sich Gröning aktiv auch öffentlich mit seiner Beteiligung an den NS-Verbrechen beschäftigt und sei Holocaust-Leugnern wiederholt entgegengetreten, sagte Holtermann.
Mehrere Versetzungsanträge gestellt
Der Jurist verwies auch auf drei Versetzungsanträge, die sein Mandant während der Zeit in Auschwitz-Birkenau gestellt habe. Dem dritten wurde stattgegeben, Gröning soll in den letzten Kriegsmonaten an der Ardennenoffensive gegen die Westalliierten teilgenommen haben. „Er wurde verletzt und kam ins Lazarett, bis 1948 war er in britischer Kriegsgefangenschaft.“ Gegen Gröning wurde bereits 1977 ermittelt, bestätigte Holtermann. Das Verfahren sei dann 1985 von der Frankfurter Staatsanwaltschaft eingestellt worden.