Jahrelang hat eine Gruppe Neonazis von Hannover aus ausländerfeindliche Propaganda und Aktionen betrieben. Nun wurde sie verboten.

Hannover. Die in Niedersachsen am Dienstag verbotene Gruppierung „Besseres Hannover“ steht für das neue Auftreten der Neonazis in Deutschland. Statt Kameradschaften und Aufmärsche kahlgeschorener Männer gibt es Stände auf dem Wochenmarkt, gezielt im Jugendjargon verfasste Zeitschriften oder dreiste Aktionen, die meist gleich gefilmt werden. Hauptpropaganda-Plattform ist das Internet, über das sich die Neonazis bundesweit mit Gleichgesinnten austauschen - auch über Filme und Hetzschriften. Die Radikalisierungsgefahr für junge Leute sei enorm, meint der Verfassungsschutz.

Statt auf angekündigte Umzüge mit paramilitärisch gekleideten Sympathisanten setzte „Besseres Hannover“ auf den Überraschungseffekt. Unscheinbar gekleidet mischten sich Mitglieder etwa unter eine Demonstration von Internetnutzern, tauchten plötzlich auf einem SPD-Fest in der Innenstadt auf oder versuchten, dem Polizeipräsidenten selber ein Maskottchen mit rechtem Hintergrund in die Hand zu drücken – bei all dem die Videokamera meist im Anschlag. Im Internet boten sie nicht bloß plumpe Phrasen, sondern legten ihre demokratie- und fremdenfeindliche Ideologie ausführlich dar.

Nicht gleich rechtsradikal rüberkommen und einschüchtern – mit dieser Masche etwa versuchte die Gruppe bei Schülern mit ihrer Zeitschrift „Bock – das Sprachrohr der Gegenkultur“ zu punkten. Zum Ärger der Ermittler jonglierten die Rechten dabei oft bewusst und gekonnt an der Grenze zum Verbotenen.

Massiv ins Visier der Fahnder geriet die Gruppe aber im vergangenen Dezember mit einer Drohmail an Niedersachsens türkischstämmige Sozialministerin Aygül Özkan (CDU). Beigefügt war ein in Hannover gedrehtes Video, bei dem im Bärenkostüm ein „Abschiebär“ die Abschiebung von Ausländern fordert und dem Inhaber eines Döner-Imbiss den Hitlergruß zeigt. Weitere Filme mit dem Bären folgten im Internet.

Trotz laufender Ermittlungen gingen die Rechten nicht in Deckung, sondern provozierten Polizei und Politik immer dreister. Mit Masken mit dem Konterfei des Polizeipräsidenten tauchten sie auf einer Demo auf, klebten vor einer Polizeipressekonferenz zum Kampf gegen Rechts einen „Besseres Hannover“-Aufkleber auf den Briefkasten des Präsidiums und machten im Internet gegen die SPD-Landtagsabgeordnete Sigrid Leuschner mobil, die die Gruppe verboten sehen wollte.

In jüngster Zeit häuften sich Straftaten und Aktionen nach Angaben der Polizei. Obwohl Beamte oft schnell zur Stelle waren, kam es zu ausländerfeindlichen Farbschmierereien und Aktionen in der Landeshauptstadt. Messegäste könnten sich in Hannover sicher fühlen, sah der Polizeipräsident sich genötigt zu erklären. Der Ruf nach einem Verbot der gerade einmal 40 Mitglieder zählenden Gruppe wurde lauter. Am Dienstag dann kam es zu einer großen Polizeirazzia, der Innenminister untersagte die Gruppierung.

Sind mit dem Verbot die neuen Rechten in Hannover nun mundtot gemacht und außer Gefecht gesetzt? „Die Einschätzung geht dahin, dass ein Teil auch künftig der Gesinnung nachgeht und entsprechende Aktivitäten entwickelt“, sagte Hannovers Polizeipräsident Axel Brockmann am Dienstag. Und die Reaktion folgte prompt. „Sollen sie doch alles verbieten“, erklärten die Rechten im Netz. „Ihr findet uns auch weiterhin auf den Straßen unserer Stadt.“ Allerdings wird den Mitgliedern die Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation zur Last gelegt – manchen könnte damit eine Haftstrafe drohen, schätzt die Staatsanwaltschaft.