Der niedersächsische Landtag demonstrierte beim Wunsch nach der Bergung des Atommülls der Asse Einigkeit, stritt aber über die Endlager.

Hannover. SPD und Grüne in Berlin blockieren nach Ansicht von Niedersachsens Umweltminister Stefan Birkner (FDP) nur aus parteitaktischen Gründen die Erarbeitung eines Endlagersuchgesetzes für Atommüll. „Eigentlich sind wir inhaltlich nicht weit auseinander“, sagte Birkner am Donnerstag im Landtag in Hannover. Für die Landesregierung sei nicht verständlich, dass sich SPD und Grüne keinen Ruck gäben. „Wenn politischer Wille da wäre, würden wir uns in den strittigen Punkten einigen können.“

Angesichts der ins Stocken geratenen Gespräche betonte Birkner, dass es wichtig sei, wenn sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin treffe, um den fraktionsübergreifenden Konsens voranzubringen – auch fernab der Öffentlichkeit. Niedersachsen sei ebenfalls „intensiv“ in Kontakt mit Altmaier. Birkner appellierte, das Thema nicht im Wahlkampf zu missbrauchen.

Ungeachtet der eigentlichen Gesetzgebung sorgte einmal mehr die Frage, ob Gorleben von vorneherein aus dem noch nicht begonnenen Suchverfahren für ein Atomendlager ausgeschlossen werden müsse, für massiven Streit. SPD, Linke und Grüne im Landtag sind der Meinung, dass der seit mehr als 35 Jahren umstrittene Salzstock im Wendland nicht weiter im Rennen bleiben dürfe. FDP und CDU sehen das anders.

„Es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, Gorleben jetzt schon auszuschließen“, sagte Birkner. Auch lägen keine Erkenntnisse vor, dass Salz als Wirtsgestein etwa wegen der hohen Temperaturen und Neutronenstrahlung ungeeignet sei. Würde Gorleben jetzt nur aufgrund eines politischen Arguments ausgeschlossen, könne auch in keiner anderen Region Deutschlands mehr ein Endlager errichtet werden.

Es sei zudem falsch, die negativen Erfahrungen mit der Atommülllagerung im maroden Salzstock Asse als Beleg zu nehmen, Salz und damit Gorleben kategorisch als ungeeignet einzustufen, betonte Birkner. Um Klarheit über die Eignung von Salz zu bekommen, könne er sich nach dem Erkundungsstopp in Gorleben eine unabhängige Erforschung des Salzes vorstellen – auch um die Arbeitsplätze dort zu sichern. „Darüber werden wir reden müssen, es hängt jedoch viel von der Transparenz und Akzeptanz in der Region ab.“

Als habe es den Streit am Morgen nicht gegeben, demonstrierten die Parlamentarier am Nachmittag beim Thema Asse eine seltene Einigkeit: Alle fünf Fraktionen stimmten für die vollständige Rückholung der 126.000 Atommüllfässer aus der maroden Schachtanlage bei Wolfenbüttel. Zudem forderten sie den Bundestag auf, die notwendigen Gelder für die Rückholung zur Verfügung zu stellen. Experten des Bundesamtes für Strahlenschutz prüfen derzeit, ob und wie der Müll sicher aus der durch Wassereinbruch gefährdeten Schachtanlage geborgen werden kann.

Obwohl Niedersachsen seit Jahrzehnten die größte Last bei der Atommüllentsorgung in Deutschland trage, müsse das Land sich weiter seiner Verantwortung stellen, sagte Birkner. „Es ist allgemein wissenschaftlich anerkannt, dass es um Ton, Salz und Granit als Wirtsgestein geht.“ Davon gebe es nun einmal eine Häufung im norddeutschen Raum, weshalb die Wahrscheinlichkeit hoch sei, dass es auch andere Erkundungsstandorte in Niedersachsen geben könnte.

Unterdessen wurde bekannt, dass der Hauptbetriebsplan für das Erkundungsbergwerk in Gorleben verlängert werden soll. Das Bundesumweltministerium habe das Bundesamt für Strahlenschutz um eine dreimonatige Verlängerung gebeten, teilte ein Sprecher mit. Der Plan regelt die technischen Abläufe im Bergwerk. Derzeit werde der Antrag beim Landesbergamt bearbeitet. Der aktuelle Hauptbetriebsplan läuft zum 30. September aus. Die beantragte Verlängerung erfolge turnusmäßig und unabhängig davon, ob Gorleben stillgelegt, offen gehalten oder weiter betrieben werde. Atomkraftgegner kritisierten den Antrag auf Verlängerung als eine Fortsetzung des Ausbaus. (dpa/abendblatt.de)