Einem Untersuchungsausschuss zur Affäre um Wulff stimmen die Grünen noch nicht zu. Sie enthielten sich bei einer Sitzung im Landtag.

Hannover. Bei einer Sitzung des Ältestenrates des niedersächsischen Landtages zu einem Antrag der Linken auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den Affären um Bundespräsident Christian Wulff haben sich die Grünen ebenso wie die SPD-Fraktion enthalten. Grünen-Fraktionsvize Gabriele Heinen-Kljajic erklärte aber: „Wir wollen damit keinesfalls ausdrücken, dass wir keinen Ausschuss wollen.“

Die Grünen im Landtag haben einem Untersuchungsausschuss trotz ihrer grundsätzlichen Unterstützung zunächst noch nicht zugestimmt.

Neben den Stimmen von Linken und Grünen wäre auch die Unterstützung weiterer Abgeordneter, etwa der SPD, nötig, um einen solchen Ausschuss zu den Vorgängen in Wulffs Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident (2003-2010) zu erzwingen.

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Heinen-Kljajic sagte, derzeit seien weder der Zeitpunkt noch der Untersuchungsauftrag, den die Linken formuliert hätten, richtig. „Der Auftrag muss so knapp wie möglich formuliert werden, da nur wenig Zeit ist.“ Abzüglich der Ferien seien bis zur Landtagswahl 2013 nur etwa „zwei Hände voll Sitzungen“ möglich. Fraktionschef Stefan Wenzel erläuterte, wie genau die Formulierung am Ende aussehen werde, hänge jetzt auch von den weiteren Schritten der Staatsanwaltschaft ab.

„Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses würde nach unserer Einschätzung die bisherige parlamentarische Aufklärungsarbeit schlagartig unterbrechen“, sagte SPD-Fraktionschef Stefan Schostok. Ein Zeitverlust von mehreren Wochen wäre die Folge. Die SPD will aber am nächsten Dienstag am Staatsgerichtshof in Bückeburg Verfassungsklage gegen Wulff wegen Täuschung des Parlaments und Verletzung der Auskunftspflicht einreichen.

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Die Linke kritisierte die Enthaltungen von SPD und Grünen. „Hinter diesen taktischen Spielchen steckt die Angst der SPD, bei den Untersuchungen von der eigenen Vergangenheit eingeholt zu werden“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin Ursula Weisser-Roelle.

Nur eine Selbstanzeige von Bundespräsident Christian Wulff beim Staatsgerichtshof kann nach Ansicht der Grünen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss verhindern. „Nur wenn Wulff selbst einen umfassenden Untersuchungsantrag zu allen Fällen stellen würde, wäre dies ein angemessener Rahmen, in dem die Aufklärung stattfinden kann“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen.

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Unterdessen hat die Staatskanzlei am Mittwoch nach eigenen Angaben „die gesammelten Akten zum Nord-Süd-Dialog“ an die Staatsanwaltschaft Hannover übergeben. „Darüber hinaus und unabhängig davon hat die Staatskanzlei heute auf Bitten der Staatsanwaltschaft auch Unterlagen zum Themenkomplex Filmbürgschaften übermittelt“, sagte ein Sprecher. Eine Entscheidung über einen möglichen Antrag auf Aufhebung der Immunität Wulffs hat die Staatsanwaltschaft noch nicht getroffen.

Wulff sieht sich seit knapp zehn Wochen zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt – von der Inanspruchnahme eines günstigen Privatkredits über kostenlose Urlaube bei Unternehmern und billiges Autoleasing bis zur staatlichen Finanzierung von Lobby-Veranstaltungen. Dies fällt vor allem in Wulffs Zeit als Regierungschef in Niedersachsen zwischen 2003 und 2010.

(Mit Material von dpa)