Wentorf. Am Sachsenberg sollen Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Doch das Bauprojekt ist umstritten. Vor allem Anwohner sind besorgt.
Die Lage auf dem Sachsenberg mit altem Baumbestand und Blick auf den Mühlenteich ist ein Traum und bislang nur wenigen Wentorfern vorbehalten. Das soll sich jetzt ändern: Bis 2025 will hier in Eins-a-Lage das Unternehmen Belgreen Capital vier Stadtvillen mit insgesamt 50 Wohnungen bauen.
Die Investmentgesellschaft mit Sitz in Hamburg arbeitet im Auftrag der Ärztekammer Schleswig-Holstein und hat sich auf Sozial- und Gesundheitsimmobilien wie Ärztehäuser, Kitas und Senioreneinrichtungen spezialisiert. Letztere sind auf dem Filetgrundstück am Sachsenberg allerdings nicht geplant. Belgreen Capital hat die 18.000 Quadratmeter große Fläche im Januar vergangenen Jahres erworben.
Neubau im Villengebiet: „Würstchenschlösschen“ wird abgerissen
Bislang steht hier ein Haus drauf, in dem der Vorbesitzer noch mit seiner Familie abgeschieden hinter großen Hecken und Zäunen lebt. „Würstchenschlösschen“ wird das Haus aus Anfang der 1990er-Jahre etwas abfällig von den Anwohnern genannt, weil es sich mit seiner etwas protzigen Säulenarchitektur nicht so richtig in die Umgebung mit den Villen aus Ende der vergangenen Jahrhundertwende einfügen will.
Das „Würstchenschlösschen“ soll dem Neubauvorhaben weichen. Das, was dann an dieser Stelle geplant ist, soll sich besser in die Umgebung einfügen. „Darauf hat unser Architekturbüro großen Wert gelegt“, sagt Belgreen-Geschäftsführerin Margret Schulenburg. In aufgelockerter Bauweise – das Grundstück gibt es her – sollen vier Kaufmannsvillen mit großen Fenstern im Stil der 1930er-Jahre entstehen. Die Vollklinkerfassade wird verschiedenfarbig und mit unterschiedlichen Ornamenten ausgestaltet, um langweilige Gleichförmigkeit zu vermeiden.
Mehrfamilienhäuser mit gehobener Ausstattung geplant
Stilvoll und modern sollen die 50 Mietwohnungen mit einem bis fünf Zimmern und Wohnraumgrößen von 49 bis 150 Quadratmetern werden. „Die Ausstattung wird gehoben, aber nicht High-End“, sagt Schulenburg. In eine Villa sollen nur Senioren einziehen. Die 17 Wohnungen werden barrierefrei und rollstuhlgerecht sein, ein Fahrstuhl in dem zweigeschossigem Gebäude mit Staffelgeschoss ist geplant. Zehn der 17 Wohnungen sind gefördert und werden dementsprechend bezahlbar bleiben.
Wie hoch der Mietpreis in den restlichen Wohnungen wird, kann Schulenburg angesichts rasant steigender Baupreise noch nicht sagen. Die Investmentgesellschaft selbst investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in das Wentorfer Projekt. Ziel aber sei, „Wohnungen für alle Wentorfer anzubieten“.
Ursprünglich waren nur zwölf Wohnungen geplant
Das allerdings wäre nicht möglich gewesen, wäre die Politik nicht von den Vorgaben des derzeitigen B-Plan-Entwurfs abgewichen. Der sieht für das Gelände nur zwölf Wohnungen in vier Gebäuden vor. „Die Wohnungen wären dann allerdings viel größer und für die meisten kaum noch bezahlbar“, ist sich Lucas Siemers, Fraktionsvorsitzender der SPD, sicher. Zusammen mit der CDU hat sich seine Fraktion deshalb für eine Aufstockung der Wohnungsanzahl und für den Projektentwurf stark gemacht.
„Wentorf braucht dringend Wohnungen. Wir halten das Konzept aus kommunalpolitischer und städtebaulicher Sicht für attraktiv und gut mit den bisherigen Planungszielen vereinbar“, heißt es in der Begründung. Zudem überzeugten die Vorschläge durch ihre nachhaltige Bauweise. Die Gebäude werden nach neustem Energiestandard errichtet, auf dem Dach sind PV-Module vorgesehen.
- Wentorf: Bäume im Villengarten ohne Genehmigung gefällt
- Wentorf: Wie ein ganzes Wohnviertel klimaneutral werden soll
- Wohnungsnot: 219 Sozialwohnungen in Reinbek – wo diese entstehen könnten
Trotz des grünen Anstrichs sehen die Grünen den Vorstoß von CDU und SPD vor allem rechtlich kritisch, „schließlich liegt über dem Gebiet noch bis Ende des Jahres eine Veränderungssperre“, sagt Torsten Dreyer, Fraktionschef der Grünen. Ein Jurist prüft nun, ob und wie die Veränderungen im B-Plan-Entwurf eingepasst werden können. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.
Anwohner wünschen sich eine behutsame Nachverdichtung
Läuft alles glatt, könnten Anfang 2024 auf dem Sachsenberg die Bagger anrollen. Ein Jahr später sollen die ersten Mieter einziehen. Interessenten können sich bereits bei Belgreen-Capital per Mail vormerken lassen (kontakt@belgreen-immobilien.com).
In der Nachbarschaft sieht man das Vorhaben kritisch. „Das wird eine lange Durststrecke für uns“, sagt Kurt von Krosigk, Anwohner von gegenüber. Er hätte sich eine behutsame Nachverdichtung gewünscht, die dem Naturschutzgedanken Rechnung trägt. Der 74-Jährige ist auf dem Sachsenberg groß geworden und erinnert sich noch gut an die Zeit, wie bis Anfang der 1990er-Jahr die Wentorfer auf das offene und frei zugängliche Grundstück, das einst dem Hamburger Überseekaufmann Rudolf Petersen gehörte, pilgerten und unter den alten großen Rotbuchen und Eichen picknickten. „Das war wie ein öffentlicher Park“, sagt von Krosigk. Heute sieht man häufig Wildkaninchen, Hasen und Füchse.
Ganz so offen will Belgreen das Grundstück mit zwei Zugängen zukünftig nicht gestalten, versichert aber, dass der parkähnliche Charakter in jedem Fall erhalten bleiben soll. „Unser Ziel ist es, dass nicht ein einziger Baum für den Neubau gefällt werden soll“, sagt Margret Schulenburg.