Schwarzenbek. Der Verein feiert den Geburtstag mit einem Turnier auf Gut Basthorst. Bei der Gründung des Vereins spielten Bauern eine große Rolle.
Am Anfang stand Umgang und die Pflege von Pferden im Vordergrund: Als der Reit- und Fahrverein Schwarzenbek im Frühjahr 1923 gegründet wurde, war der Verein fest in Bauernhand. 30 Landwirte aus dem Ort – die Stadtrechte bekam Schwarzenbek erst 1953 – gründeten den Verein am 16. April in Schröders Hotel. Mit etwas Verspätung feiern die aktuell 88 Mitglieder den 100. Geburtstag am Wochenende mit einem großen Turnier auf Gut Basthorst. Auf dem Programm stehen von Freitag, 28. Juli, bis Sonntag, 30. Juli, insgesamt 23 Prüfungen mit mehreren Hundert Pferdesportlern. Besucher sind willkommen, die Wettbewerbe starten um 9.30 Uhr, am Sonntag bereits um 8 Uhr.
30 Bauern gründeten den Reit- und Fahrverein
Landwirte gibt es in Schwarzenbek kaum noch, auch sind die Pferde bei der Arbeit auf dem Feld längst durch Maschinen ersetzt. Damit ist der Verein auch von der ursprünglichen Grundidee abgerückt. Das Kernziel der Vereinsgründung am 16. April 1923 war die Weiterbildung von jungen Bauern in der Pferdekunde und dem Reiten.
In den Vorstand gewählt wurden damals Julius Schultz aus Worth als Vorsitzender. Der Bauer Kneese aus Kollow wurde sein Stellvertreter. Als Schriftführer fungierte Cäsar Wulff aus Schwarzenbek. Für die Übungen mit den Pferden verpflichtete der Verein den Schwarzenbek Rittmeister a. D. Spiegelberg.
Sport spielte bei der Pferdehaltung früher kaum eine Rolle
„Sport spielte bis dahin nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings gab es bereits Pferderennen, wenn die Ernte eingefahren war. Mit der Vereinsgründung nahm auch der Reitsport an Bedeutung zu“, erzählt die Vereinssprecherin. In erster Linie sollten die jungen Landwirte aber das Pferd „als treuesten Arbeiter kennen und schätzen lernen, über Pferderassen und ihre Brauchbarkeit, Pferdekrankheiten und ihre Behandlung lernen“, wie es in der Gründungsurkunde heißt.
Bereits am 8. Mai 1923 trafen sich etwa 23 Landwirtssöhne, die unter der Leitung von Rittmeister Spiegelberg und Tierarzt Neumann an den Übungen teilnahmen. Diese erste Zusammenkunft mit Pferden fand auf dem alten Sportplatz statt und wurde mit regem Interesse von vielen Zuschauern verfolgt.
Otto von Bismarck war beim ersten Turnier als Gast dabei
Doch auch der sportliche Aspekt war bereits bei der Vereinsgründung mit berücksichtigt. „Ferner soll der Reitsport geübt werden…“, wurde bei der Gründung weiter formuliert. Der 16. September 1923 war für die Mitglieder des jungen Vereins ein großer Tag. Anlässlich eines Galopprennens für landwirtschaftliche Pferde, besuchte ein besonderer Ehrengast die Vorstellung: Seine Durchlaucht, Fürst Otto von Bismarck, gab sich die Ehre seines Erscheinens, hieß es in einem Bericht des Schwarzenbeker Tageblatts. Das blieb aber kein Einzelbesuch. Mitglieder der Familie Bismarck befanden sich in den Folgejahren häufig unter den Besuchern der Reitsportveranstaltungen in Schwarzenbek – zumal der „Eiserne Kanzler“ ohnehin ein Stammgast in Schröders Hotel war.
Im Dezember 1923 schlossen sich Reit- und Fahrvereine aus der Region zum „Bund der Reit- und Fahrvereine des Kreises Herzogtum Lauenburg“ zusammen: Witzeeze, Krukow, Kasseburg, Talkau, Buchhorst, Kröppelshagen und Schwarzenbek waren dabei. Insgesamt sieben Vereine mit 150 Reitern gehörten dem Zusammenschluss an. „Wenn man so will, bildete der Bund die Vorstufe zu unserem heutigen Reiterbund Kreis Herzogtum Lauenburg e.V.“, sagt Gitta Frey.
Standarte der Reiter wurde bereits 1924 geweiht
„Ein Jahr später fand in Schwarzenbek ein Reitturnier statt, dessen besonderer Höhepunkt die Standartenweihe unserer heute noch vorhandenen Vereinsstandarte zum Inhalt hatte“, berichtet Gitta Frey. Die ersten Turniere wurden in der heutigen Stadtmitte von Schwarzenbek ausgetragen. Der Ritter-Wulf-Platz war damals noch unbebaut und diente als Veranstaltungsplatz – eine Rolle die er nach dem aktuellen Stadtentwicklungsgutachten ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) in Zukunft wieder bekommen soll.
Für Reitturniere wird aber trotz der aktuellen Planungen kein Platz mehr in Schwarzenbek sein. „Das ist ein Problem, das sich seit vielen Jahren durch unsere Vereinsgeschichte gezogen hat. Wir mussten mehrmals umziehen und haben jetzt in Basthorst ein Domizil für unsere jährlichen Turniere gefunden“, so Gitta Frey. Einen engagierten Mitstreiter hat der Verein dabei auch in Gutsherrn Enno von Ruffin gefunden, der bereits in der Vergangenheit am Rande der Reit- und auch der Poloturniere mehrfach betont hatte, dass Pferde und das historische Gut einfach zusammengehören.
Im Zweiten Weltkrieg mussten Pferd und Reiter an die Front
In der 100-jährigen Geschichte gab es nur eine große Pause in der Zeit rund um den Zweiten Weltkrieg. „Die Pferde wurde für den Dienst an der Front und die Kriegswirtschaft requiriert, viele Männer wurden eingezogen. An Reitsport war in dieser Zeit nicht zu denken“, berichtet Gitta Frey. Danach ging es Anfang der 1950er Jahre wieder mit dem Reitsport in der Region bergauf, aber der Platz in Schwarzenbek stand nicht mehr zur Verfügung. Damals wichen die Reitsportler nach Sahms aus. Danach ging es bis Mitte der 1990er-Jahre nach Kollow, es folgten Turniere in Fuhlendorf und Franzhagen sowie Linauthal, bis die Reitsportler in 2009 ihr erstes Turnier in Basthorst austrugen.
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Viel Wert wurde von vornherein auf die Einbeziehung möglichst vieler Pferdeinteressierter aus der weiteren Umgebung gelegt. So entstand nie eine zentrale Sportstätte für die Mitglieder des Vereins, die sich bis heute auf eine Vielzahl von Reitanlagen im Umkreis verteilen. Dressur-, Geländereitkurse und Breitensportveranstaltungen stehen neben dem Pferdesportfestival auf dem jährlichen Veranstaltungsplan des Vereins.
Aktive Jugendarbeit sichert den Nachwuchs bei den Reitsportlern
Der Verein hat den Wandel vom Pferd als Nutztier zum Sport gut verkraftet und steht mit einer Mitgliederzahl von 88 Männern und Frauen – ein Drittel davon Jugendliche – gut da. „Wir machen eine intensive Jugendarbeit, das zahlt sich aus. Wir haben mehrere sehr erfolgreiche Talente bei uns“, sagt Sprecherin Gitta Frey.
Eine davon ist Carlotta Vahlkamp (20) aus Kollow mit ihrem Wallach Prosecco, die in diesem Jahr allerdings nur im Helferteam mitmischt. „Ihr Pferd hat sich eine Verletzung zugezogen und ist noch nicht wieder fit für ein Turnier“, sagt Gitta Frey. Während des Turniers am Wochenende gibt es am Sonnabendnachmittag auch einen Festakt mit dem Kreissportverein. Dessen Vorsitzender Carsten Engelbrecht wird dem Vorsitzenden des Reit- und Fahrvereins, Dr. Carsten Meinert, eine Ehrenurkunde überreichen. Der Verein selbst hat sich auch bereits beschenkt und sich ein neues Hindernis, einen sogenannten Steilsprung, gegönnt. Das Jubiläumsjahr endet dann ohne Pferde am 11. November mit einem Reiterball im Möllner Quellenhof.