Kuddewörde. Kommunalpolitiker wollen sich nicht länger für große Politik rechtfertigen müssen. Gemeindevertreter kehren CDU den Rücken.

Eine neue Facette im Kampf um Kandidaten für die anstehenden Kommunalwahlen bietet die 1500-Einwohner-Gemeinde Kuddewörde. Zur Wahl 2018 war zuletzt allein die CDU angetreten, die zuvor in der Gemeindevertretung noch aktive Wählergemeinschaft hatte zermürbt verzichtet. Da die Union für 13 zu vergebende Sitze nur zwölf Kandidaten aufbot, schrumpfte die Gemeindevertretung. Für den 14. Mai kandidieren in Kuddewörde nun keine Christdemokraten mehr.

Gegen die jüngst gegründeten Wählerinitiative „Die Brückenbauer“ treten nun die „Aktiven Bürger Kuddewörde“ (ABK) an. Anders als die CDU und andere Parteien zuvor hatten sie keine Probleme, jüngere Menschen für eine Kandidatur zu begeistern. Dabei ist die ABK von vormaligen CDU-Gemeindevertretern gegründet worden.

CDU zieht sich aus Gemeindevertretung Kuddewörde zurück

Über viele Jahre hatte die Union in Kuddewörde die Politik bestimmt, wurden teils erbitterte Auseinandersetzungen mit Wählervereinigungen geführt, auch schon mal Türschlösser zu Gemeindebüros ausgetauscht. Mit dem Verzicht der CDU verschwinden aus der letzten von 19 Gemeindevertretungen im Amt Schwarzenbek-Land Vertreter bundesweit tätiger Parteien. In Gülzow waren zuletzt Sozial- und Christdemokraten übereingekommen, unterm Dach einerneu gegründeten Wählergemeinschaft gemeinsam anzutreten.

Susanne Borgwardt führt heute die Fraktion der Aktiven Bürger Kuddewörde in der Gemeindevertretung
Susanne Borgwardt führt heute die Fraktion der Aktiven Bürger Kuddewörde in der Gemeindevertretung © BGZ | ABK

Anders in Kuddewörde: Die zwischenzeitlich auf zehn Personen geschrumpfte CDU-Fraktion hat sich gespalten: Sechs jüngere Mitglieder verließen die Fraktion, gründeten die ABK. Vier ältere Christdemokraten um den langjährigen Bürgermeister Wolfgang Gerlach und seiner Frau blieben zurück.

Zwischen 71 und 83 Jahre alt, verzichten sie auf eine erneute Kandidatur. „Wir hören alle auf“, bestätigt Gabriela Gerlach. „Wir haben versucht, neue Kandidaten für die CDU zu finden, doch das ist nicht gelungen.“

Es fehlt an neuen Kandidaten, altgediente CDU-Politiker gehen in Ruhestand

„Die Politik muss ja weitergehen“, sagt Wolfgang Gerlach, „wir haben die jüngeren Mitglieder unterstützt.“ Mit seiner Erklärung, aufhören zu wollen, nahmen die Überlegung Fahrt auf, neue Wege zu beschreiten. Inzwischen hat die Gemeindevertretung den vormaligen CDU-Fraktionschef Josef Schmidt (59) zu Gerlachs Nachfolger gewählt. Vorsitzende der ABK-Fraktion ist Susanne Borgwardt (51). Beide haben, wie vier weitere Mitstreiter, nicht nur die CDU-Fraktion verlassen – sie sind auch aus der Partei ausgetreten.

Dies sei nicht im Streit miteinander geschehen, betonen die Beteiligten. Unbehagen und Verdruss herrscht jedoch wegen Landes- und Bundespolitik. „Ich bin 50 Jahre CDU-Mitglied“, sagt Wolfgang Gerlach. „Wir kleinen Kommunen sind noch nie so schlecht behandelt worden wie in den vergangenen Jahren. Ministerpräsident Daniel Günter hat nur die Belange der großen Städte im Blick.“

Josef Schmidt  (ABK): Ich will nicht für die Bundespolitik der CDU In Haftung genommen werden.
Josef Schmidt (ABK): Ich will nicht für die Bundespolitik der CDU In Haftung genommen werden. © BGZ | ABK

Kommunalpolitiker wollen sich nicht länger für große Politik verantworten

Er habe keine Lust mehr, „für die CDU-Politik im Bund in Haftung genommen zu werden“, erklärt Josef Schmidt. Weder für einen zeitweiligen Spitzenkandidaten wie Armin Laschet, noch für die „zu lange Regierungszeit von Kanzlerin Merkel“.

Schmidt und Susanne Borgwardt sind auf die Politik vor Ort fokussiert. „Ich will Kommunalpolitik für die Menschen machen, mich etwa für die Kita-Versorgung und die Betreuung von Senioren in Kuddewörde engagieren“, so Schmidt. „Vor Ort interessiert kaum jemand die große Politik“, beschreibt Susanne Borgwardt ihre Erfahrungen aus zehn Jahren in der Gemeindevertretung.

Menschen engagieren sich, jedoch ohne sich an eine Partei zu binden

Während Wolfgang Gerlach hofft, dass die Parteien in der Zukunft wieder an Einfluss im Kommunalen gewinnen, geht Borgwardt davon aus, dass es ihnen schwerfallen werde, vor Ort wieder zuzulegen. „Viele Menschen sind zwar bereit, sich zu engagieren. Doch kaum jemand will sich dafür an eine Partei binden“, so die Vorsitzende des Kultur- und Umweltausschusses.

Wählerinitiative ABK gewinnt viele jüngere Kandidaten

Und die ABK habe seit ihrer Gründung bereits einiges bewegt. „Wir haben eine Boule-Bahn als Treffpunkt geschaffen, zweimal im Monat wird Pflegeberatung geboten. Zudem können Senioren in Handy-Workshops erlernen, welche Apps für sie sinnvoll sind und wie sie sicher unterwegs sind.“

Ursprünglich von Christdemokraten gegründet, biete die ABK heute vielen eine Heimat: „Darunter sind mit Sicherheit auch frühere Wähler von Grünen und SPD“, ist Schmidt überzeugt. Vor allem aber stimme die Altersmischung, sagt Borgwardt: „Unter unseren Kandidaten sind junge Mütter ebenso wie eine 74-jährige Seniorin.“