Gülzow. Noch sitzen 13 Vertreter von SPD und CDU in der Gemeindevertretung: Nach der Kommunalwahl 2023 wird sich das ändern.
Zur Kommunalwahl am 14. Mai 2023 tritt in Gülzow erstmals eine Wählergemeinschaft an. Die Unabhängige Wählergemeinschaft Gülzow (UWG) wurde jedoch nicht von unzufriedenen Bürgern initiiert, sondern von Sozial- und Christdemokraten, die gemeinsam in der Gemeindevertretung sitzen.
CDU, SPD, Grüne und FDP, manchmal auch die Linkspartei und ein paar Wählergemeinschaften – so sieht die kommunalpolitische Landschaft in den meisten städtischen Parlamenten aus. Nicht so auf den Dörfern: Bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2018 traten nur in Gülzow noch Christdemokraten und Sozialdemokraten an, in Kuddewörde nur die CDU. In allen übrigen Dörfern sitzen die Vertreter von Wählergemeinschaften in den Gemeindevertretungen. Das wird nun auch in Gülzow geschehen. Die bisherigen Gemeindevertreter wollen mit einer neu gegründeten Wählergemeinschaft antreten.
Viele Bürger wollen nicht unter der Flagge einer Partei antreten
Für den Schritt gibt es gleich mehrere Gründe: „Unsere Ortsvereine sind überaltert“, sagt Bürgermeister Wolfgang Schmahl, zugleich Vorsitzender der SPD im Ort. Dies gilt nicht nur für die Sozialdemokraten, sondern auch für die CDU. Es sei geplant, so Schmahl, die Ortsvereine komplett aufzulösen. Zugleich sei es schwer, neue Mitglieder für die Parteien zu gewinnen. Selbst für eine Wahlliste, auf der Gülzower ohne Parteizugehörigkeit als „freie Bürger“ antreten und an der Gestaltung ihres Ortes mitwirken können, fänden sich kaum Interessierte, so Michael Schulz: „Viele Bürger wollen nicht unter dem Namen einer Partei antreten.“
Schulz ist der neue Vorsitzende der UWG und zugleich Fraktionschef der CDU in der Gemeindevertretung – ohne jedoch CDU-Mitglied zu sein. Gleiches gilt für UWG-Schriftführerin Christina Brandtmann, die als freie Bürgerin für die SPD im Gremium sitzt. Komplettiert wird der UWG-Vorsitz durch Meike Wenck, Jan Lübker und Marcus Klüber.
Schmahl, obwohl an der Gründung beteiligt, ist nicht dabei. „Ich habe mich extra noch mal erkundigt“, sagt der Bürgermeister: „Die Satzung der SPD erlaubt keine Doppelmitgliedschaften.“ Zur Wahl antreten wird er dennoch: Denn so wie die Parteien freie Bürger auf ihren Listen haben, erlaubt es die UWG-Satzung, dass „Freunde“ für die Wählergemeinschaft bei der Kommunalwahl antreten.
Gute Zusammenarbeit der Fraktionen ebnete die Neugründung
Die Gründung der Wählergemeinschaft ist jedoch nicht nur aus der Not geboren, sondern hat ihren Ursprung in der guten Zusammenarbeit der beiden Fraktionen in den vergangenen Jahren. Schulz: „Wir sind der Meinung, dass wir Reibungsverluste vermeiden können, wenn wir die gute, geübte Praxis aus den Ausschüssen und der Gemeindevertretung in einer Wählergemeinschaft zusammenführen.“
Einen weiteren Vorteil nennt Wenck: „Die Aufgaben können auf mehrere Schultern verteilt werden.“ Dass nur eine Gruppierung antritt, ist im Kreisgebiet nicht ungewöhnlich: Weil die Wählergemeinschaften in Kuddewörde vor der Wahl zurückzogen, sitzen dort nur CDU-Vertreter im Gremium. In Kollow und Elmenhorst sind es Vertreter jeweils einer Wählergemeinschaft.
Das Gegenbeispiel liefern Grove und Fuhlenhagen, die zu den kleineren Orten mit weniger als 400 Einwohnern zählen: Dort waren 2018 sogar jeweils drei Gruppierungen angetreten.
Panaschieren: In Dörfer wird anders gewählt als in Städten
Gewählt wird in den Dörfern allerdings anders als in den Städten: Während es in den Städten mehrere Wahlkreise mit Kandidaten gibt, haben die Dörfer im Lauenburgischen nur einen Wahlkreis. Deren Zahl sowie die der zu wählenden Gemeindevertreter wird durch das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz (GKWG) festgesetzt: In Gemeinden bis zu 2500 Einwohner gibt es demnach nur einen Wahlkreis, in dem je nach Größe des Ortes vier bis sieben sogenannte unmittelbare Vertreter gewählt werden können.
In Gülzow mit 1300 Einwohner stehen im kommenden Jahr sieben unmittelbare Vertreter zur Wahl. Bürger können auf ihrem Wahlzettel bis zu sieben Kreuze machen. Dabei gilt: Das Verteilen auf Bewerber unterschiedlicher Listen (Panaschieren) ist erlaubt, das Häufeln mehrerer Stimmen auf einen Bewerber (Kumulieren) hingegen nicht. Hinzu kommen je sechs Listenkandidaten. Damit gehören der Gemeindevertretungen dann wie bereits jetzt 13 Politiker an.
Schulz verweist auf viele Projekte, die in den vergangenen Jahren umgesetzt werden konnten, wie ein Glasfaseranschluss für die Haushalte, die Neuvermietung des Markttreffs an den Dorfladen „Tante Enso“ und das „Café Stullenland“ sowie die Vergrößerung der Kindertagesstätte. Am Dienstag, 17. Januar, will sich die Wählergemeinschaft den Gülzower Bürgern vorstellen: Um 19 Uhr ist ein Infoabend im Café Stullenland (Hauptstraße 21) geplant. Dabei soll der Vorentwurf eines Wahlprogramms entstehen. Schulz: „Wir haben im Vorstand Themenfelder vorbereitet, wollen Bürger gezielt ansprechen und zur Teilnahme einladen.“
Aufgaben: Von der Nahwärmeversorgung bis zur Pflegeberatung
Die Themen orientieren sich weitestgehend am Ortsentwicklungskonzept der Gemeinde, das in diesem Jahr mit Bürgerbeteiligung entwickelt wurde. Dazu zählen die Bereiche Finanzen und mögliche Fördermöglichkeiten, das mit den Nachbargemeinden entwickelte Nahwärmekonzept, die Bereiche Kita, Jugend, Schule, Sport und Vereine sowie Senioren und Pflege.
Ein Projekt, das auf Amts- und Kreisebene bereits verfolgt wird, ist das Angebot einer Pflegeberatung, wie es sie in den Städten bereits gibt, auch auf den Dörfern. Schmahl: „Normalerweise ist der Bürgermeister der erste Ansprechpartner, aber der weiß erstens auch nicht alles und zweitens mag auch nicht jeder Bürger so Privates mit mir besprechen.“