Köthel. Warum ist aus dem malerischen Flüsschen bei Köthel ein toter Bach geworden? Experten vom BUND äußern einen Verdacht.
Die Auseinandersetzungen um die Belastung der Schiebenitz werden schärfer. Zu einer Infoveranstaltung im 300-Seelen-Dorf Köthel im Amt Schwarzenbek-Land sind rund 60 Interessierte gekommen. Neben Unverständnis und teils offener Kritik am Kreis und der Unteren Wasserbehörde äußerten Teilnehmer und Zuhörer auch Fragen und Anregungen, die von Kreisvertretern nicht beantwortet werden konnten. „Dass der Kreis trotz ausdrücklicher Einladung nicht vertreten war, ist bedauerlich“, sagt BUND-Vorstand Wolfgang Pohl.
Toter Bach: Viele Menschen fordern Aufklärung
Die Veranstalter des BUND Herzogtum Lauenburg wurden vom überwältigenden Interesse überrascht. Gekommen waren auch viele Menschen aus umliegenden Dörfern. Dass zum wiederholten Mal die malerische Schiebenitz so stark verunreinigt wurde, dass vergangenen November das Leben im Bach weitgehend ausgelöscht wurde, treibt die Menschen um. Noch mehr aber, dass diese Probleme in immer kürzeren Abständen wieder auftreten.
Zweifel am Betrieb des Klärwerks überwogen dabei noch die Kritik. So erkundigten sich Zuhörer, wie es um Erkenntnisse zu einem alten Rohrleitungssystem aus Richtung Fuhlenhagen stehe, das möglicherweise auch für Gülleeinträge verantwortlich sei.
Gülle hat 2005 Fischsterben ausgelöst
Unkontrollierter Güllezufluss hatte bereits 2005 ein massives Fischsterben in der Schiebenitz ausgelöst. Der Verursacher konnte später ermittelt werden. Das jüngste Fischsterben im Sommer 2021 blieb dagegen ohne Aufklärung. Unbekannte Zuläufe wurden von der Behörde nicht entdeckt.
Dass sich die Katastrophe nicht bereits im November 2022 wiederholte, liegt nach Meinung von Experten vor allem daran, dass sich die Tierwelt noch nicht hatte erholen können. Allerdings haben Sauerstoffmangel und toxische Ammoniumkonzentration beim jüngsten Umkippen der Schiebenitz viele Krebse, Insekten und Larven getötet. Sie dienen ansonsten Tieren wie etwa dem seltenen Eisvogel neben Fischen als Nahrung.
Welche Rolle spielt das Klärwerk Schretstaken?
Zwei Referenten erläuterten während der Versammlung, warum aus ihrer Sicht ein Großteil der Probleme von Menschen verursacht und vermutlich unter anderem auf das Klärwerk der Gemeinde Schretstaken zurückzuführen sind. Eine 20-fach überhöhte Ammoniumkonzentration könne unmöglich durch Eintrag von Laub verursacht seien, hatte Biologe Heinz Klöser bereits vor Wochen der Unteren Wasserbehörde widersprochen. Derartig hohe Konzentrationen seien ein Beleg für Gülle oder menschliche Fäkalien.
„Das Problem ist, dass die Einleitung von Klärwerksabwässern ohne die Beantwortung der Frage erfolgt, ob die Schiebenitz jeweils tatsächlich genug Wasser führt, um die Einleitung im erforderlichen Umfang zu verdünnen“, fasst BUND-Kreisgeschäftsführer Thomas Metz ein Ergebnis des Abends zusammen.
Trockenperioden verschärfen die Gefahr weiter
Eckhard Kropla, Kreisnaturschutzbeauftragter im Herzogtum Lauenburg, belegte mit einer umfangreichen Fotodokumentation, dass sich die jüngsten Ereignisse in eine ganze Reihe gewässerschädigender Vorfälle einreihen. Immer längere Trockenperioden verschärfen die Gefahr, dass Gewässer wie die Schiebenitz in immer kürzeren Umständen umkippen. Kropla verband die Warnung mit einer Forderung: Die Gemeinde Schretstaken dürfe mit dem Problem der alten Kläranlage nicht alleingelassen werden.
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Dass eine Lösung schwierig ist, darüber besteht Einigkeit. Wie die Schwierigkeiten zu beheben sind, darüber gehen die Meinungen auseinander. Forderungen nach Aufrüstung der Kläranlage mit einer vierten Klärstufe erteilt etwa der Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg eine Absage. „Die Untere Wasserbehörde kann nur im gesetzlichen Rahmen tätig werden. Und eine gesetzliche Regelung zur Nachrüstung aller Bestandsanlagen gibt es nicht“, erläutert Tobias Frohnert.
Klärwerk je nach Wasserstand an- und abschalten?
Ähnliches gilt aus Sicht des Kreises auch für die zulässigen Grenzwerte der geklärten Abwässer. Sie werden unabhängig von der Frage ermittelt, wie viel Wasser die Schiebenitz überhaupt führt. Und ob die Menge reicht, die Abwässer hinreichend zu verdünnen. Frohnert: „Die Lösung kann doch nicht sein: Führt der Bach genug Wasser, darf das Klärwerk einleiten. Und wenn nicht, schalten wir das Klärwerk ab.“
Vierte Klärstufe? BUND: „Sind schon froh, wenn ersten funktionieren“
BUND-Vorstand Wolfgang Pohl sieht dringenden Handlungsbedarf. Die Untere Wasserbehörde sei nicht nur für Kläranlagen, sondern vor allem für die Gewässerqualität zuständig, in der Schiebenitz und auch in der besonders geschützten Bille, in die die Schiebenitz mündet. Forderungen wie nach einer vierten Reinigungsstufe für Schretstaken gingen an den örtlichen Problemen jedoch tatsächlich komplett vorbei. „Wir sind ja schon froh, wenn die anderen Klärstufen funktionieren.“
Dazu bestünden erhebliche Zweifel, so Pohl: „Solang selbst Toilettenpapier in der Schiebenitz auftaucht, ist schon fraglich, ob zumindest die erste Stufe, die mechanische Reinigung, überhaupt richtig funktioniert.“