Köthel. Naturschützer vermuten Gülleeintrag oder Abwässer als Ursache der Verunreinigung. Behörde sieht einen anderen Grund.
Ende November haben Naturschützer im Amt Schwarzenbek Land eine massive Gewässerverunreinigung festgestellt. Nicht zum ersten Mal ist der Bach Schiebenitz betroffen, der bei Köthel an der Kreisgrenze zu Stormarn in die unter Schutz stehende Bille mündet. Inzwischen hat der Landesverband des BUND Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Lübeck gestellt.
Im Sommer 2021 hatte ein massives Fischsterben in der Schiebenitz zuletzt für Aufsehen gesorgt. Bis dahin galt der Bach als Lebensraum, in dem sich einige seltene Tier wohl fühlten, etwa Elritze, Bachschmerle und Groppen. Nennenswerte Vorkommen dieses Fisches ohne Schwimmblase sind in Schleswig-Holstein nur in der Bille und wenigen Zuflüssen bekannt.
Gewässerverunreinigung: BUND nimmt Proben
Der jüngste Zwischenfall blieb ohne ein Massensterben von Fischen. „Die Fauna ist bereits weitgehend tot. Jetzt sind auch die Letzten ansonsten massenhaft im Laub am Grund vorkommenden Flohkrebse komplett verschwunden“, beschreibt der Kreisnaturschutzbeauftragte Eckhard Kropla die Folgen der jüngsten Verunreinigung.
In Absprache mit dem Landesfischereiverband wurden Wasserproben genommen und in ein Speziallabor gegeben. Das Ergebnis bestätigte die Befürchtungen. Das ungewöhnlich getrübte Wasser war nicht nur extrem mit Ammonium belastet. Der Sauerstoffgehalt war mit gerade einem Milligramm so weit unter die kritische Grenze von drei Milligramm je Liter gesunken, dass kein Tier darin existieren konnte.
Sind illegale Einleitungen verantwortlich für Fischsterben?
„Der Grund sind illegale Einleitungen in die Schiebenitz zwischen Schretstaken und Köthel, die schon zum dritten Mal innerhalb von nur zehn Jahren zu einem Absterben der Gewässerlebewesen durch Sauerstoffmangel geführt haben“, kritisiert Anne Christina Remus für den BUND Kreis Herzogtum Lauenburg.
Als mögliche Verursacher gelten den Naturschützern Landwirte, die Gülle ausgebracht haben könnten, was im Winter außerhalb der Vegetationsperiode jedoch verboten ist. Oder die Kläranlage der Gemeinde Schretstaken nahe der Schiebenitz.
Nach sechs Tagen findet niemand mehr hohe Belastungswerte
„Betroffen sind nicht nur Fische, sondern auch Klein- und Mikroorganismen, die für die Selbstreinigung des Gewässers sorgen. Da sich viele Vögel, wie der Eisvogel, von dieser aquatischen Fauna ernähren, ist auch ihre Lebensgrundlage bedroht“, warnt der BUND in einer Pressemitteilung.
Was Naturschützer wie auch BUND-Offizielle erzürnt, ist der Umstand, dass die Untere Wasserbehörde des Kreises sich reichlich Zeit ließ, tätigt zu werden, so der Vorwurf. „Wer sechs Tage wartet, bis er selbst Proben zieht, findet in einem Fließgewässer natürlich keine besonders auffälligen Belastungswerte mehr“, sagt Franziska Eggers, Vorstandsmitglied im BUND Kreis Herzogtum Lauenburg.
Kreis: Wassermangel ist mitverantwortlich für Sauerstoffmangel
Nach der Anzeige hätten sich Mitarbeiter der Unteren Wasserbehörde ein Bild von der Situation gemacht und mehrfach Proben gezogen, hält Tobias Frohnert, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg, dagegen. Aus ihrer Sicht seien die seit März 2022 unterdurchschnittlichen Niederschläge ein Grund für die Situation.
Der Wassermangel habe schließlich dazu geführt, dass die Schiebenitz kaum noch einen Wasserzulauf und so gut wie keinen Ablauf in die Bille gehabt habe. Mit den größeren Regenmengen haben sich sich die Werte inzwischen normalisiert. „Der geringe Wasserzulauf durch die ausgebliebenen Niederschläge führte zu einem nahezu stehenden Gewässer. Das Herbstlaub, welches in dieses Gewässer fiel, setzte einen sauerstoffzehrenden Faulprozess in Gang, mithin ein natürlicher Vorgang, ausgelöst durch Wassermangel und Fäulnisorganismen.“
Klärwerk lässt sich bei Trockenheit nicht einfach abschalten
Das Klärwerk könne aus Sicht der Unteren Wasserbehörde nicht für die Situation verantwortlich gemacht werden. Es unterliege einer fortlaufenden Überwachung, so Frohnert. Die Werte für die geklärten Abwässer würden immer eingehalten. In einer lang anhaltenden Trockenperiode die Einleitungen zu reduzieren oder gar zu stoppen sei keine Option. Frohnert: „Wir können das Klärwerk ja schließlich nicht einfach ausschalten.“
Hohe Ammoniumwerte sind mit Laub-Eintrag nicht zu erklären
Experten wie der BUND-Sprecher für Gewässerökologie sehen jedoch Handlungsbedarf: „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass diese weißlich-milchige Trübung des Bachwassers durch natürliche Prozesse entstanden ist“, sagt Florian Schulz. „Diese hohen Ammoniumwerte, die gemessen wurden, entstehen nicht durch den Abbauprozess von Laub – nur durch Zufuhr von Urin, menschlichem oder tierischem.“