Ratzeburg/Geesthacht. Der Streit um Leih-Mediziner geht weiter. Immerhin liegen nun Angebote für die Wachen in Mölln und Ratzeburg vor.
Bestätigt das Rechnungsprüfungsamt des Kreises die Wirtschaftlichkeit, ist der Weg frei für die Vergabe der Notarztversorgung an das Uniklinikum Schleswig-Holstein. Dabei wird diese Regelung unter anderem wegen der längeren Anfahrtswege für die Mediziner voraussichtlich teurer als in der Ausschreibung angesetzt. Und sie würde nur für die Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) in Mölln und Ratzeburg greifen.
Obwohl das Angebot keine Komplettlösung bietet, wäre alles andere als der Zuschlag für das UK SH eine faustdicke Überraschung. Es hat auf die Ausschreibung nur dieses eine Angebot gegeben. Nachdem keines für den Südkreis erfolgt ist, wollen die Verantwortlichen in Verhandlungen mit potenziellen Anbietern eintreten.
Krankenhäuser hatten sich zu einer Bietergemeinschaft zusammengeschlossen
Gesprächspartner sind dann voraussichtlich vor allem Vertreter der Krankenhäuser der Region. Die hatten sich, wie berichtet, zu einer Bietergemeinschaft zusammengeschlossen, um die künftige Notarztversorgung für den kompletten Kreis Herzogtum Lauenburg sicherzustellen. Neben dem Johanniter-Krankenhaus Geesthacht und dem DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg war daran das Reinbeker St. Adolf-Stift beteiligt.
Einige strittige Details konnten im Vorfeld geklärt werden, etwa zu Mindestanforderungen an Notärzte. Im zentralen Punkt gab es jedoch keine Einigung: Der Forderung, die Krankenhäuser müssten ihre Notärzte an den Kreis per Arbeitnehmerüberlassung ausleihen, sind die Kliniken nicht gefolgt.
Brackmann: "Auf Leih-Notärzte" kann der Kreis nicht verzichten"
Auf Leih-Notärzte könne der Kreis nicht verzichten, sagt CDU-Fraktionschef Norbert Brackmann. Daher ist der Verhandlungsspielraum aus seiner Sicht gering: „Wir sind an Landesgesetze und die Rechtsprechung in Schleswig-Holstein gebunden, nach der Notärzte weisungsgebunden arbeiten.“ Das dürften keine Freiberufler ohne Anstellungsvertrag sein.
Das Problem bestände in der Form nicht, hätte sich der Kreis entweder entschlossen, die Ärzte selbst einzustellen oder sich dem in Schleswig-Holstein bestehenden Verbund von fünf Kreisen anzuschließen, der die Notarztversorgung für die Mitglieder sicherstellt.
Alternative zu Leih-Notärzten: fest angestellte Mediziner
„Es hätte drittens die Chance bestanden, in Verhandlungen mit dem bisherigen Dienstleister DRK eine Lösung zu suchen, anstatt nach der Zerschlagung des Rettungsdienstes nun auch die bislang gut funktionierende Notarztstruktur zu zerschlagen“, kritisiert Uwe Meyer, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Doch sei die Politik an der Ausschreibung nicht beteiligt worden.
Die schwarz-grüne Mehrheit hat im Haupt- und Innenausschuss des Kreistags Montagabend den SPD-Vorstoß zurückgewiesen, die Ausschreibung zu widerrufen. Mit Blick auf den Abbruch der Ausschreibung für den Rettungsdienst wollte die SPD-Kreistagsfraktion für die Notarztversorgung alles wieder auf Null stellen. Ein Grund: Das Ausschreibungsergebnis bietet keine Lösung für die künftige Besetzung des Geesthachter NEF.
Angehörige in Lübeck zu besuchen, könnte für viele schwierig werden
„Es gibt ja Gründe, dass andere potenzielle Bewerber kein Gebot abgegeben haben“, sagt Judith Gauck, FDP-Vertreterin im zuständigen Haupt- und Innenausschuss, mit Blick auf die Bietergemeinschaft der Krankenhäuser. Die Liberale hat mit der SPD für die Aufhebung der Ausschreibung gestimmt, „leider haben wir keine Mehrheit gefunden“.
Bürger wollten die regionale Versorgung sichergestellt sehen, „das ist besonders für ältere Menschen und gerade in kleinen Orten wichtig“. Einen Angehörigen in Lübeck statt in den näher gelegenen Kliniken Ratzeburg oder Geesthacht zu besuchen, sei für viele schwer händelbar, weiß Gauck, die selbst in der 300-Seelen-Gemeinde Ritzerau lebt. „Die Frage ist, wofür das Verfahren betrieben wird. Wir und die Verwaltung sollten doch für die Bevölkerung Politik machen.“
In der Krise erfahren, wie wichtig wohnortnahe Krankenhäuser sind
Das bedeute zumindest, dass die Politik in solche Prozesse eingebunden werde müsse, wie solle sie sonst Ergebnisse gegenüber den Bürgern vertreten. „Wenn Landrat Dr. Mager das als Geschäft der laufenden Verwaltung für sich moniert, muss man ihn erinnern, dass der Kreistag und seine Ausschüsse ein Teil der kommunalen Selbstverwaltung sind“.
„Wie wichtig wohnortnahe Krankenhäuser sind, haben wir gerade in der Corona-Krise erfahren“, sagt die SPD-Kreistagsabgeordnete Marion Schumacher. Der Erhalt der örtlichen Krankenhäuser sei von großer Bedeutung. Dem sehe auch er sich verpflichtet, sagt Norbert Brackmann: „Das endet aber dort, wo es um das Patientenwohl geht.“