Havekost. Jagdpächter finden totes Tier auf einer Wiese. Wolfsberater untersucht nun Kadaver. DNA-Analyse soll Aufschluss bringen.

Der Anblick war selbst für gestandene Jäger hart, auch wenn der Vorfall zum Naturkreislauf gehört: Am vergangenen Freitagmorgen entdeckten Jürgen und Franz Höltig aus Havekost auf einer ­Weide in ihrem Jagdrevier ein trächtiges totes Reh, dass samt einem Kitz mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Wolf gerissen worden ist. Ein zweites Kitz starb im Uterus der Ricke.

„Wir waren auf unserem routinemäßigen Reviergang, um Wildschäden zu dokumentieren“, sagt Franz Höltig. Gemeinsam mit seinem Vater Jürgen hat der 36-Jährige das Revier nahe Havekost gepachtet. Dabei fanden sie das tote Tier auf der Wiese.

In Havekost: Riss ein Wolf das trächtige Reh samt ihrer ungeboren Kitze?

„Es sah schlimm aus“, sagt Franz Höltig. Es waren deutliche Kampf- und Schleifspuren zu erkennen, die auf einen langen Todeskampf schließen lassen, wie Wolfsbetreuer Gunther Esther bestätigt.

Lesen Sie auch: Spaziergängerin filmt schockierende Begegnung mit Wolf

Der Wentorfer ist von der offiziellen Wolfs-Hotline angerufen worden, um den Fall aufzunehmen. „Es deutet vieles darauf hin, dass ein Wolf die Ricke gerissen hat“, sagt er. Aber solange das Ergebnis der DNA-Analyse nicht vorliegt, könne er das nicht mit Sicherheit sagen. „Alternativ kann es auch ein Hund gewesen sein“, informiert er.

Bissspuren weisen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Wolf hin

Der Kadaver der toten Ricke und ihres Kitzes. Die Bissspuren deuten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Wolf.
Der Kadaver der toten Ricke und ihres Kitzes. Die Bissspuren deuten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Wolf. © BGZ | Privat

Allerdings wiesen die Bissspuren und die Menge an verwertetem Fleisch auf einen Wolf hin. „Das Tier hat rund die Hälfte des Körpers verspeist“, sagt Esther. Das sei für einen Hund, der üblicherweise gefüttert wird, sehr viel, während ein Wolf sich um seine Nahrung selbst kümmern müsse und auf Reserve fresse. Untersuchungen von Haaren, die am Zaun gefunden wurden, sowie DNA-Proben von Reh und einem Kitz werden Aufschluss darüber geben, ob es tatsächlich ein Wolf war.

Gunter Esther hat schon viele Risse gesehen, aber die beiden noch ungeborenen toten Kitze haben auch ihn emotional mitgenommen. „Sowas habe ich noch nie gesehen. Es war ein trauriger Anblick“, gesteht er.

Trächtiges Reh war leichtes Opfer – Wildschweinzaun wurde zur Falle

Wegen seiner Trächtigkeit war das Reh wohl ein geeignetes Opfer für den „Täter“. „Die Geburt stand an, und das Reh war nicht mehr so schnell. Ansonsten hängt ein Reh einen Wolf oder Hund auch ab“, sagt Esther.

Der Zaun, in den die Ricke getrieben worden ist, und der die Wildschweine vom Betreten der Weide abhalten soll, machte in diesem Fall die Grünfläche zu einem Gefängnis für das Reh. „So wie sich für mich die Lage darstellt, hat Wolf oder Hund das Tier in den Elektro-Zaun getrieben, dort festgehalten und dann rund 80 Meter über die Weide gejagt“, sagt Esther.

Kadaver liegengelassen, Wildkamera installiert: Kehrt der Wolf zurück?

Für den Fall, dass der Täter zurückkommt, wurde der Kadaver liegengelassen und eine Wildkamera aufgestellt. „Das Tier auf der Weide zu lassen, schützt auch andere Tiere“, erläutert Gunther Esther. Denn wenn der Wolf die Reste nicht mehr findet, wird er erneut auf Nahrungssuche gehen müssen und jagen.

Video: Spaziergängerin filmt Begegnung mit Wolf

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Angst müssten die Menschen nicht haben. „Seit dem Jahr 2000 haben wir Wölfe in Deutschland. Es gibt keinen Fall, in dem Menschen angegriffen worden sind“, beruhigt der Wolfsbetreuer. „Meist sind es Jungwölfe auf dem Weg von Süden nach Dänemark, die im Herzogtum unterwegs sind, und die häufig mit Neugier auf für sie Neues reagieren.“ Menschen sollten bei Sichtung eines Wolfes Ruhe bewahren.

Waldtiere fühlen sich zunehmend durch die vielen Spaziergänger gestört

Allerdings sollten Waldbesucher generell vorsichtig sein und vermehrt Rücksicht nehmen. „Die Waldtiere fühlen sich zunehmend durch die vielen Spaziergänger gestört“, sagt auch Bernd Karsten, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Herzogtum Lauenburg.

Da zurzeit viele Tiere Nachwuchs bekommen, rät er dazu, die Wege nicht zu verlassen und vor allem die Hunde wie vorgeschrieben an der Leine zu halten, um den Wildtieren die notwendige Ruhe zu lassen.