Lauenburg. Lauenburger Gastronom machte sein Schicksal in einem Buch öffentlich. Das jedoch hatte für ihn schlimme Konsequenzen.
Als Thomas Prantner vor einem Jahr das Buch „Briefe an meine Kinder“ veröffentlichte, war das ein Hilfeschrei. Drei Jahre lang hatte er seine Tochter und seinen Sohn damals nicht nicht gesehen. Da nutzte es ihm gar nichts, dass ihm ein unabhängiges Gutachten die bewusste Entfremdung der Kinder bestätigte. Irgendwann – so richtete man ihm aus – wollten sie ihn gar nicht mehr sehen. Der Vater war ihnen in der langen Zeit der Trennung fremd geworden.
Mit der Resonanz auf sein Buch hatte Thomas Prantner nicht gerechnet. Immerhin hatte der Hamburger Unternehmer, der in Lauenburg das Restaurant „Elbterrasse“ betreibt, bis dahin mit dem Schreiben nichts am Hut gehabt. Hunderte betroffene Mütter und Väter meldeten sich bei ihm. Er wurde ins SAT.1 Frühstücksfernsehen eingeladen, gab Radiointerviews und stellte sich den Fragen von Zeitungsreportern. Selbst die Politik nahm Notiz von ihm. Die FDP-Bundestagsfraktion lud ihn nach Berlin zu einer Klausurtagung ein. Er hatte in ein Wespennest gestoßen.
Streit um Umgangsrecht: Gericht entzieht Sorgerecht für die Kinder
Als unverheirateter Vater hatte er nach der Trennung durch alle Instanzen gehen müssen, bis er den Richterspruch des gemeinsamen Sorgerechtes in der Tasche hatte. Jetzt hat sein Gang an die Öffentlichkeit für ihn ein böses Nachspiel. „Mir wurde jetzt das Sorgerecht entzogen. Angeblich hätte ich meine Kinder öffentlich bloßgestellt. Dabei habe ich nie ihre Namen genannt und schon gar nicht ihre Mutter schlecht gemacht“, versichert Prantner. Natürlich werde er in Berufung gehen, allerdings ohne viel Hoffnung. „Die beiden sind jetzt 12 und 14 Jahre alt und werden vom Richter befragt. Was soll dabei herauskommen? Das Gericht hat das Gutachten über die Manipulation ja in den Akten“, sagt er.
„Wenn sich die Eltern nicht einig sind oder ein Elternteil die Mitarbeit verweigert, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Meist vergehen Monate zwischen den jeweiligen Terminen. In dieser Zeit finden dann eben keine sogenannten Umgänge statt, obwohl es Beschlüsse dazu gibt“, schreibt Prantner in seinem Buch.
Forschung zu Folgen für Entfremdungskinder
Dr. Jorge Guerra González von der Leuphana Universität Lüneburg hat zu dem Thema geforscht. Der promovierte Jurist und Psychologe begleitet Familien, die sich trennen. „Vor Gericht hat die Meinung des Kindes Gewicht, was richtig ist. Aber kann es ermessen, was es heißt, seinen Papa nie mehr sehen zu wollen?“, fragt er auf seiner Webseite.
Für seine Bachelorarbeit interviewte er 55 Erwachsene. Ehemalige Kinder aus intakten Familien, Kinder aus Trennungsfamilien und so genannte Entfremdungskinder, denen der Kontakt zu einem Elternteil verweigert wurde. Die Ergebnisse seiner Erhebung sind teilweise niederschmetternd: „Entfremdungskinder sind als Erwachsene oft unglücklicher, kränker und erfolgloser als andere“ schreibt er. Insgesamt sei eine Trennung schwierig für Kinder, aber die Entfremdungskinder litten am meisten, so seine Schlussfolgerung.
Alarmsignale für drohenden Kindesentzug
González befragte für seine Arbeit Betroffene, welche Erfahrungen sie während der Trennungszeit mit Familiengerichten, Jugendämtern, Sozialarbeitern oder Anwälten gemacht hätten. „Fast alle haben enttäuschende Erfahrungen gemacht. Wenige hatten das Gefühl, dass ihnen tatsächlich geholfen wurde. Ich arbeite selbst in diesem System: Dass das Urteil so negativ ausfällt, hat mich schockiert. Wir müssen alle gemeinsam daran arbeiten, dass das System besser wird“, schreibt Jorge Guerra González.
Damit spricht der Wissenschaftler Thomas Prantner voll aus dem Herzen. „Schon von Amts wegen müsste man einschreiten, wenn dem getrennten Elternteil immer wieder der Umgang mit dem Kind verwehrt wird. Mal ist es nicht da, mal hat es keine Lust und mal hat es Bauchschmerzen. Das sind Alarmsignale“, weiß er inzwischen. Wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht unbedingt haben will, dann müsse es sich einfach nur jeglicher Kommunikation verweigern.
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Vater gibt Kampf um seine Kinder nicht auf
In seinem Kampf gegen die systematische Entfremdung von Trennungskindern will Thomas Prantner jedenfalls nicht nachlassen. Mittlerweile hat Thomas Prantner einen Gesprächskreis betroffener Eltern gegründet. „Vielen macht das Mut, weil sie merken, dass sie mit ihrem Schmerz nicht allein sind“, berichtet er. „Wenn Mutter oder Vater den anderen Elternteil aus dem Leben der gemeinsamen Kinder streichen wollen, ist das seelischer Missbrauch“, ist er überzeugt.
Nach seinen Informationen betrifft das etwa 80.000 Kinder im Jahr. „Für diese Kinder will ich was erreichen“, hat er sich vorgenommen. Im Moment denkt der Unternehmer darüber nach, eine Stiftung zu gründen, die sich dem Thema Entfremdungskinder widmet. Seinen eigenen Kampf wird er auch jetzt nicht aufgeben, auch wenn er seine Kinder im Moment nicht erreichen kann. Er sagt: „Ich hoffe, sie verstehen, wenn sie älter sind, dass jede Medaille zwei Seiten hat.“