Lauenburg. Lauenburg ist um eine Attraktion reicher. Warum die Besteigung des Turms für Gänsehautschauer sorgen könnte.
Ungewohnte Klänge in Lauenburg: Seit Freitag, 11. August, ist in der gesamten Stadt Glockengeläut zu hören und zwar viermal in der Stunde. Die Stadt selbst klärte später über ihre Facebookseite auf: „Ab sofort kannst du den Schlossturm auch wieder hören. Nach über 15 Jahren läuten die Glocken in der Turmspitze wieder.“
„Als Zugezogene wusste ich gar nicht, dass der Schlossturm Glocken hat. Wir wohnen ganz in der Nähe des Turms, und ich finde den Klang sehr schön und angenehm anzuhören“, kommentierte eine Lauenburgerin den Post der Stadt. Etwa 6000 Euro kostete die Reparatur des Glockenspiels. Die Finanzierung erfolgte aus Mitteln des Stadthaushaltes, der Lauenburger Bürgerstiftung und der Denkmalspflege. „Wir freuen uns sehr, dass die Glocken wieder läuten. Damit hat der Turm seinen alten Charme zurück“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe.
Lauenburg: Spezialisten für Kirchturmuhren und Glocken gingen ans Werk
Nachdem 2008 das Glockengeläut verstummt war, machte 2017 auch noch die alte Turmuhr schlapp. Staub und Rost hatten dem Uhrwerk und den Zeigern ordentlich zugesetzt. Die Experten der Traditionsfirma Iversen, Dimier & Cie., Nachf. GmbH & Co. KG nahmen sich damals der Reparatur an. Eine Firma mit viel Erfahrung: Das Unternehmen aus Kirchwerder repariert und wartet jährlich fast 800 Kirchturmuhren und Glocken in ganz Norddeutschland. Bereits 1911 baute Iversen, Dimier & Cie die große Uhr des Hamburger Michels.
Auch für die Reparatur der Turmglocken konnte die Stadt die Experten aus Kirchwerder gewinnen. Monteur Jürgen Schwarck ist Spezialist für solche kniffligen Arbeiten. Schließlich kann man in der engen Turmspitze nicht gerade von Baufreiheit sprechen. „Wir haben die gesamte Aufhängung der beiden Glocken und Teile des Anschlagsgehäuses erneuert“, erzählt der 56-Jährige. Dabei mussten die Fachleute natürlich auch immer die Verbindung zu dem Uhrwerk im Blick haben. Möglicherweise bringt deren Expertenmeinung nun auch endlich Licht ins Dunkel, wie alt die Lauenburger Schlossuhr wirklich ist.
Rätsel um Alter der Turmuhr scheint gelöst
Fakt ist: 1792 wurde die Uhr am Lauenburger Schlossturm angebracht. Das geht aus vielen Quellen hervor. Es gibt allerdings auch andere, die ein wesentlich späteres Datum nahelegen. Jürgen Schwarck ist sich sicher, dass es sich bei der heutigen Uhr um das Original handelt. Vergleichbare Uhren, deren Alter eindeutig zu belegen seien, lieferten seiner Meinung nach den Beweis.
Anderen Quellen zufolge stammt die Schlossuhr, so wie wir sie heute kennen, aus dem Jahre 1879. Die hatte demnach der Lauenburger Männerchor seinerzeit gestiftet. Aus dessen Chronik geht hervor: Am 20. Januar 1879 traf die für 1600 Mark in Hildesheim gebaute Uhr in Lauenburg ein. Jetzt liegt allerdings die Vermutung nahe, dass es sich dabei nur um Zifferblatt und Zeiger gehandelt hatte.
- So haben Lauenburgs Herzöge tatsächlich gelebt
- In Lauenburgs Kneipen wurde gefeiert und Politik gemacht
- Wie Könige und Kaiser Lauenburgs Niedergang beschleunigten
Große Glocke im Turm stammt aus dem Jahre 1438
Im Gegensatz zum Uhrwerk ist das Alter des Turmes selbst und zumindest der großen Glocke eindeutig belegt. Der Turm war Teil einer Festung, die Bernhard von Askanien im Jahre 1182 errichten ließ. Doch so richtig fertiggestellt in seiner Funktion als mächtiger Geschützturm wurde er erst 1477 – nach 20-jähriger Bauzeit. Die große Glocke in der Turmspitze ist sogar noch etwas älter: Sie wurde 1438 gegossen und nach dem Schlossbrand im Jahre 1656 in den Wehrturm gebracht. Die kleinere Glocke wurde im Laufe der Jahrhunderte hinzugefügt.
„Von dem Geschick, das wechselnd mit Glanz und Trübzeit über Burg und Stadt Lauenburg kam, gibt der Turm auf dem Schlossberg ein redend Zeugnis“, steht in einer alten Chronik geschrieben. In diesem Sinne dürfte 2004 ein Glanzjahr für die Stadt gewesen sein, denn da erfolgte eine umfassende Sanierung des alten Wahrzeichens der Stadt. Neben 400.000 Euro aus den Töpfen der Stiftung Denkmalschutz und der Städtebauförderung spendeten die Lauenburger selbst insgesamt 22.000 Euro für den Wiederaufbau. Am 29. April 2005 erfolgte die feierliche Wiedereinweihung.
Turmbesteigung mit Gänsehautschauer
Dass der Schlossturm bei den Lauenburgern so beliebt ist, könnte an einer alten Prophezeiung liegen. So soll 1581 eine Wahrsagerin verkündet haben, dass „eine Kasse voll Geldes im Turm zur Lauenburg vorhanden“ wäre. Auch wenn eine Schatzsuche heutzutage wohl wenig erfolgversprechend ist, lohnt es sich, den Schlossturm zu besteigen, denn die Aussicht von oben über die Stadt und die Elbe ist atemberaubend.
Einen Gänsehautschauer gibt es gratis dazu. Immerhin braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie die Gefangenen anno dazumal in den engen Kerkerzellen gefoltert wurden.
Angekettetes Skelett bei Bauarbeiten gefunden
Überliefert ist die Geschichte des Bergedorfer Amtschreibers Andreas Grimm, der zwischen 1598 und 1609 im Turm gefangen gehalten wurde. Angeblich hatte er einen Mordanschlag auf Herzog Franz II. geplant. Er überlebte, weil er auch unter Folter nicht gestand. Andere hatten nicht so viel Glück: Bei Bauarbeiten am Lauenburger Schloss fand man Jahrhunderte später ein noch angekettetes Skelett.