Lauenburg. Lauenburg. Der Lauenburger Männerchor sammelte das Geld für den Kauf der Turmuhr und übergab diese am 20. Januar 1879 an die Stadt.

Die Lektüre unserer Zeitung ist für Hans Henners ein geliebtes Morgenritual. Der 91-Jährige verfolgt nicht nur aufmerksam, was in Lauenburg passiert, manchmal hilft er uns sogar, wenn es darum geht, Rätseln auf die Spur zu kommen. So auch beim Geheimnis um die Uhr am Lauenburger Schlossturm.

Alter der Turmuhr war unbekannt

Wie berichtet, hat an den vergoldeten Zeigern so lange der Zahn der Zeit und Rost genagt, bis sie sich nicht mehr bewegten. Die mit der Reparatur beauftragte Firma Iversen & Co. KG aus Kirchwerder kennt sich mit alten Uhrwerken aus. Schließlich hat der traditionelle Familienbetrieb im Jahre 1911 sogar die große Uhr des Hamburger Michels gebaut.

Deshalb war für Uhrmacher Eduard Kunopka auch schnell klar: Das Sorgenkind vom Lauenburger Schlossturm kann unmöglich die Originaluhr aus dem Jahre 1792 sein. Anhand des verwendeten Materials schätzte er das Alter der Uhr auf etwa 150 Jahre. Die Recherche im Stadtarchiv löste das Rätsel nicht.

Hans Henners (91) löst das Rätsel

„Mit der Schätzung des Alters liegt Herr Kunopka gar nicht so falsch“, weiß Hans Henners. Zwar hatte der ehemalige Postbedienstete beruflich mit Uhren nichts zu tun, aber er ist seit 1954 Mitglied des Lauenburger Männerchores von 1842. Und er sammelt alle Aufzeichnungen über den Traditionsverein.

Die wichtigsten Ereignisse aus der 175-jährigen Geschichte des Männerchores hat er sogar im Kopf – so auch das Sängerfest im Jahre 1877.

Die wichtigsten Ereignisse im Kopf

„Es wurde aus der Veranstaltung ein Überschuss von 539,55 Mark erzielt, und man beschloss, dieses Geld als Grundstock zu nehmen, um eine Uhr für den Schlossturm zu stiften“, erzählt Hans Henners. Weitere Konzerte und Veranstaltungen des Chors hatten dann nur dem Ziel gedient, Geld für die Uhr zu sammeln. Insgesamt 1356,70 Mark waren durch Auftritte zusammen gekommen.

Großer Bahnhof im Jahre 1879

Am Ende hat es dann doch nicht ganz gereicht, und die Stadt musste den Rest zuschießen. Das hat der Freude und dem Stolz aber nicht geschadet: Am 20. Januar 1879 traf die für 1600 Mark in Hildesheim gebaute Uhr in Lauenburg ein.

„Der Männerchor holte das Prachtstück mit Musikbegleitung vom Lauenburger Bahnhof ab. Es gab eine feierliche Übergabe an die Stadtoberen“, weiß Hans Henners zu berichten.

Sangesbrüder fallen in Ungnade

Sieben Jahre später ist der Lauenburger Männerchor dann allerdings in Ungnade beim Bürgermeister gefallen. Diese alte Anekdote macht noch immer die Runde bei den Übungsabenden des Chors: Die Sangesbrüder hatten sich zu jener Zeit im Hause des Bierbauers Bruns an der Elbstraße zu einer Geburtstagsfeier eingefunden, bei der sie ihre Kehlen mit reichlich Gerstensaft befeuchteten, sangen und spielten.

Das war eigentlich nichts Ungewöhnliches, wäre nicht der Bürgermeister höchstpersönlich Nachbar der fröhlichen Runde gewesen. Am nächsten Tag verhängte er 10 Mark Strafe gegen den Chor.

Gericht gibt Sängern recht

Dagegen legte der Verein vor Gericht Widerspruch ein und gewann. Gesang am schönen Sommerabend dürfe nicht als ruhestörender Lärm aufgefasst werden, befand der Richter – und der Bürgermeister zog den Kürzeren.